Standpauke für Firefox

19. Juni 2016

Wie andauerndes Herumgebastel, merkwürdige strategische Entscheidungen und Lesansichten eine Liebesbeziehung gefährden. Ein Gastbeitrag Rant von Jennifer Rößler.

Hallo Firefox, wir müssen uns mal dringend unterhalten. Oder nein, besser gesagt: Ich muss Dir mal ein paar Takte erzählen und Du hörst bitte ganz genau zu.

So langsam hab ich nämlich die Nase voll. Weißt Du, Du warst mal richtig toll. Schön schnell, leicht so einzustellen, wie man Dich brauchte und es gab wenig Schnickschnack. Doch das ist alles längst vorbei. Wieso glaubt ihr Browser eigentlich alle, ihr müsst alle möglichst gleich sein, damit ihr auch ja mit den anderen mithalten könnt? Schon mal was von Alleinstellungsmerkmal gehört, hm? Denn jetzt, jetzt bist Du nur noch eine billige Kopie von Chrome und wer will schon eine Kopie haben?

Was haben wir nicht im letzten Jahr so alles mit Dir durchgemacht. Mit Australis hast du die Oberfläche ruiniert, dann hast du mal eben die Farbeinstellungen in den Einstellungen versemmelt, Pocket-Integration rein, dann wieder raus, erst Hello rein, jetzt ausgelagert.

Ach, apropos ausgelagert: was hast Du Dir eigentlich bei der Nummer gedacht, hm? Addons integrieren, die vielleicht nur ein Bruchteil der Nutzer braucht, die aber auch nicht wirklich entfernt werden können, supertoll. Als ob Du nicht schon aufgeblasen genug wärst.

Die GTK3-Integration ist auch nur dann eine gute Idee gewesen, wenn GTK3 schon installiert war. Wenn nicht.. tja, dann suchte man sich dumm und dämlich nach der Erklärung dafür, wieso sich die Farben plötzlich nicht mehr anpassen ließen.

Schließlich hab ich Dich dann auch mal auf einem Android-Tablet ausprobiert. Da liefen mir dann glatt die Augen über. Farbeinstellungen? Wie? Was? Wo? Nicht da. Gibt’s nicht. Hallo? Glaubst Du vielleicht, Sehbehinderte benutzen keine Tablets und Smartphones, oder was? Mann, Mann, Mann. So wird das nix mehr mit uns.

Und was waren nur ein paar der Klöpse, die Du Dir geleistet hast! Also weißt Du, Firefox, ich hab Dich ja mal sehr lieb gehabt, Du warst echt mein Favorit. Aber heute? Unsere Beziehung bröckelt, sehr sogar. Du hast einfach zu viel Mist gebaut. Die einzigen Gründe, warum ich noch bei Dir bin, sind die Leseansicht und dass ich durch ein dunkles GTK-Theme noch normal mit Dir umgehen kann, aber wenn das irgendwann wegfallen sollte, bin ich weg.

Ach, und was die Leseansicht angeht: die ist super, das war Deine beste Idee im letzten Jahr, nur an den Vergrößerungsstufen, ohne schon nach der zweiten seitlich scrollen zu müssen, musst Du noch arbeiten, dann wär’s perfekt.

Alles in allem: Deine Android-Version ist schon durchgefallen, da gibt’s keine Hoffnung mehr, da such ich mir lieber was Besseres, die Windows-Version ist auch schon ersetzt. Nur unter Linux darfst Du noch bleiben – noch.


aus der Kategorie: / Tratsch / Browser
(jr)

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Kommentare

Vivaldi ist seit Version 1.2 meiner Meinung nach wirklich produktiv einsetzbar. Und beim ersten Start wird man schon gefragt ob man ein helles oder dunkles Theme haben will :-)

Peter · 20. Juni 2016, 07:40

Gähn,
mag sein das Dir die Farbeinstellungen nicht gefallen, aber Australis hat Platz gespart und lässt sich weiterhin mit EINEM Klick deaktivieren.

Abgesehen davon werden Dinge wie Pocket und Hello ja eben wieder ausgelagert weil das Problem erkannt wurde, also wo ist da Dein Punkt? Man erkennt Fehlentscheidung und macht sie rückgängig, ist das der Fehler?

Mit Sync kombiniert finde ich die Androidversion super, sicher sie hat noch das meiste Entwicklungspotenzial nach oben, das mag stimmen, aber wegen solcher Kleinigkeiten immer dieses Bashin zu betreiben:

Ganz ehrlich… Gähn.

— You Are · 20. Juni 2016, 07:45

Hy,

nun Recht haste und gewechselt habe ich auch schon vor fast 1 Jahr. Da ich Plasma nutze sieht der FF inzwischen gruselig aus seit GTK3

Gruß

— pitt · 20. Juni 2016, 09:05

Nach langem hin und her habe ich nun auch gewechselt. Besonders tragisch finde ich noch immer, dass diese geniale Idee, Firefox Hello, so extrem stümperhaft und benutzerunfreundlich umgesetzt wurde. Dies war eine einmalig Chance, Benutzer wieder zurück zu gewinnen.

— · 20. Juni 2016, 13:52

Ich finde den Aspekt der Freiheit wichtig und das Mozilla sich so ziemlich als einziger global Player für ein offenes Web einsetzt.

Des Weiteren habe ich keinerlei Probleme mit dem Browser, die mich einen Wechsel in Erwägung ziehen lassen würden und ich nutze ihn täglich quasi 8 Stunden bei der Arbeit.

Nicht jede Entscheidung mag in der letzten Zeit gut gewesen sein (Pocket war so eine), aber einige werden nun korrigiert und das ist gut so.

— nym · 20. Juni 2016, 18:55

Dass die Gnome aber GTK3 so umgebaut haben, dass das anpassen vom aussehen so nicht mehr funktioniert, wie man es vom alten GTK2 kannte, dies ist nicht Firefox seine Schuld.

GTK2 hingegen wird ja so langsam gefährlich, erhält es doch keine Unterstützung mehr, so dass die Gefahr von Sicherheitslücken wächst. Und Sicherheitslücken beim Browser, die kann doch keiner wirklich wollen.

— Senfdazu Anschnur · 20. Juni 2016, 19:06

Hey Firefox, die Jennifer hat Recht. Ich muss noch ‘was ergänzen: Auf Deiner Webseite schreibst Du “Ihnen, Ihrer Privatsphäre und einem offenen Web verpflichtet” und was hast Du gemacht? Du hast DRM eingebaut, deswegen traust Du Dich nicht mehr uns User zu Duzen. Es war so eine peinliche Nummer, dass sich selbst die Entwickler geschämt haben. Firefox, ich dachte Du bist ein Browser? Dann sei doch einer und kein Betriebssystem, ich habe nämlich schon eins und das braucht nur 10 % Deiner Anforderungen. Ach Firefox, weißt Du noch damals, da nannte ich Dich noch Phoenix und Du warst 3 MB groß. Wir hatten Spaß wir zwei und es lief rund. Es gab noch keinen Marktanteil und das Web war nur halb-kommerziell. Du hattest Ideale, wo sind die denn geblieben? Firefox, ich muss Dir gestehen ich verwende Dich nur noch ganz selten, Ich habe Textbrowser für mich entdeckt und die sind mal richtig smart und werbefrei. Die haben auch nicht Dein schäbbiges Australis, mit dem konnte ich mich nie anfreunden. Firefox, vielleicht kommst Du noch auf den Trichter das weniger mehr ist, ich glaube nicht mehr dran.

— Stefan · 20. Juni 2016, 20:03

Vielen Dank für diese Standpauke und noch viel mehr dafür, dass ihr es auf planet.ubuntuusers.de geposted habt.

Am meisten nervt, dass ubunuusers sich zu firefoxusers entwickelt hat. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass dort ein Fox-Beitrag erscheint. An guten Tagen schon ‘mal mehrere.

Sehr schade auch, dass der ansonsten von mir so geschätzte Sören Hentzschel in die selbe Kerbe schlägt.

Wir brauchen kein Sytem im System.

ex-Firefox-user · 21. Juni 2016, 09:37

Ich bin seit kurzem mit dem PaleMoon unterwegs.

Seit Firefox eine Sicherheitseinstellung ausgebaut hat und darüber hinaus bei allen die diese Einstellung genutzt haben als default die unsicherste gewählt haben ist er für mich nicht nutzbar, was meine Einstellung so missachtet nutze ich (engl. Erklärung: http://www.ghacks.net/2016/02/05/firefox-44ask-me-everytime-cookie-option-removed/)

— struppi · 21. Juni 2016, 15:12

Weiß gar nicht was ihr gegen Firefox habt. Ich bin Anwendungsentwickler und nutze FF zum Entwickeln und Testen von Webanwendungen. Google Chrome würde ich persönlich mehr kritisieren.

— abbc · 21. Juni 2016, 21:59

Der geschätzte Sören Hentzschel ist in meinen Augen ein Jubelperser. Es tut mir leid, ich habe recht lange versucht, mit ihm zu diskutieren aber er nimmt jegliche Kritik an der Firefox-Entwicklungspolitik sofort persönlich. Selbst wenn man ihn fragt warum der Firefox in der Default-Grundeinstellung die Cookies von Drittanbietern gestattet und diese Cookies auch noch aufgehoben werden bis sie verfallen.
Das ist in meinen Augen besonders verwerflich und fast schon bösartig, weil diese Einstellung ausschließlich Trackingcookies von Werbenetzwerken betrifft, die eine lange Lebensdauer haben. Von wegen ‘Ihrer Privatsphäre und einem offenen Web verpflichtet’. Herr Hentzschel bedauerte es auch aufrichtig, dass man Javascript im Firefox noch abschalten kann. Das sollte ständig eingeschaltet sein, meinte er.
Irgendwann hatte ich dann keinen Bock mehr.. ich finde das sehr beunruhigend. Und nicht gut für Firefox.

— Jules · 22. Juni 2016, 00:40

Es tut mir leid, ich habe recht lange versucht, mit ihm zu diskutieren aber er nimmt jegliche Kritik an der Firefox-Entwicklungspolitik sofort persönlich.
Nö, persönlich nimmt er das bestimmt nicht, er lässt Kritik eher gar nicht erst zu. :) Würde ich aber auch nicht, wenn ich für Mozilla arbeiten würde (Hentzschel war Mozilla-Repräsentant und ist Camp-Firefox-Betreiber).

— · 22. Juni 2016, 05:42

Was mich als FF-Nutzer jedoch am meisten stört ist die Tatsache, daß der Firefox mit der Zeit immer träger, fetter und langsamer wird.
Man kann an Google Chrome meckern, was man will – aber die Macher von Chrome machen es zum Teil ziemlich richtig. Auch der Vivaldi-Browser ist eine gute Alternative, denke ich.

Mir scheint, daß auch Firefox immer mehr der Kommerzialisierung hinterherrennt. Das ist nun mal die Gier nach Geld….

— Torsten · 22. Juni 2016, 12:06

Am meisten nervt, dass ubunuusers sich zu firefoxusers entwickelt hat.

Genau, gar kein ubunu (sic!) mehr! Was ein Planet ist weißt und wie die Beiträge dort rein kommen weißt du aber schon?

— isch · 22. Juni 2016, 13:27

Ich nutze probeweise Opera 41 (Linux), und bin überrascht, das sogar eine vpn-verbindung integriert ist.

— detlef · 9. November 2016, 05:23

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