Die Deutsche Welle sendet nicht mehr. Der deutsche Auslandsrundfunk hat sein deutsches Hörfunkprogramm eingestellt und damit die jahrzehntelange Tradition des deutschen Kurzwellenrundfunks aufgegeben.
Und wieder ein Qualitätsradio weniger: Die Deutsche Welle sendet nicht mehr. Der Sender hat zum 30.10.2011 nicht nur das deutschsprachige Radioprogramm ersatzlos gestrichen, sondern auch die Ausstrahlung über Kurzwelle aufgegeben – ausgenommen wenige Gebiete in Afrika, die mangels verfügbarer Alternativen noch über Kurzwelle und einem englischsprachigen Programm versorgt werden. Die bisherige Kurzwellenfrequenz wurde stumm, wer über das Internet hörte, vernahm nur noch die Ansage:
Sie hören die Deutsche Welle. Die Ausstrahlung des Programms in deutscher Sprache wurde eingestellt. (…) Bitte nutzen Sie künftig unsere multimedialen Angebote (…) im Internet.
Der Sender, den Viele gar nicht kannten (weil er in Deutschland nicht auf den bei normalen Radios gängigen UKW-Frequenzen sendete), war und ist der deutsche Rundfunk für das Ausland. Als einzige direkt aus Steuermitteln finanzierte staatliche Sendeanstalt – und somit quasi der einzige wirklich staatliche Rundfunk Deutschlands – war die Deutsche Welle vor allem für ihr Radioprogramm bekannt, das jedoch nicht für die Deutschen hierzulande sendete, sondern Informationen aus und über Deutschland in die Welt trug. Das störte viele einheimische Informationsinteressierte jedoch nicht, die in der Deutschen Welle eine Alternative zu den Infokanälen der öffentlich-rechtlichen Sender fanden – denn dank Kurzwelle und Internet-Streaming war die Deutsche Welle natürlich auch in Deutschland zu hören.
Deutsche Welle im Angebot von ARD-Radionet
Die Deutsche Welle war eine eigenartige Mischung, von der nie ganz klar war, ob es sich um einen Rundfunkdienst für Deutsche im Ausland oder für an Deutschland interessierte Ausländer handelte, obgleich der eigentliche Auftrag der Deutschen Welle u.a. das Bewerben der deutschen Sprache und Kultur ist. Was im Grunde nach Propagandasender klingt, bedeutete in der Praxis ein redaktionell exzellent gestaltetes Radio von hoher inhaltlicher Qualität. Letztlich stimmte beides, das international ausgerichtete Programm sprach sowohl Ausländer als auch Deutsche an, die fernab von Deutschlands Grenzen Informationen in Deutsch hören wollten. Die Programminhalte wechselten dementsprechend eher mal in die eine, mal in die andere Richtung. Erst Ende der 90er Jahre war die Deutsche Welle zu einem regelrechten Informationskanal ausgebaut worden, mit langen Nachrichtensendungen, durchsetzt von Reportagen und Hintergrundberichten. Der Programmumfang nahm jedoch bereits in den letzten Jahren stetig ab, d.h. die Wiederholungsschleifen nahmen zu.
Das Besondere an der Deutschen Welle war, dass sie der einzige deutsche Radiosender war, der weltweit zu hören war (das Internet oder Satellitenradio einmal außen vor gelassen). Ein Radiosender, für dessen Empfang man lediglich ein simples Kurzwellenradio (einen „Weltempfänger“) benötigte. Informationen aus und über Deutschland und die Welt wurden rund um den Globus gefunkt. Egal, ob man am Mittelmeer oder Fernost Urlaub machte, in Afrika auf Safari ging oder auf den Weltmeeren kreuzte, im Radio lief auch deutsches Programm. Ein Radio für Weltenbummler, Seeleute und internationale Pendler.
Die Qualität des über Kurzwelle gesendeten Programms war natürlich bescheiden: permanent von teils auch starken Störgeräuschen begleitet und in sehr schwankender Qualität war etwas anderes als Sprache kaum vernünftig zu übertragen. Das Hören von Musik über Kurzwelle ist kein Vergnügen. Im Internet freilich war die Deutsche Welle glasklar und in digitaler Qualität zu empfangen. Hier war die „DW“ ganz regulärer Teil der Streaming-Angebote des ARD-Radionet.
So klang die Kurzwelle: Mitschnitt vom Beginn der allerletzten Nachrichtensendung der Deutschen Welle vor der Abschaltung am 29.10.2011 mit den typischen Störgeräuschen.
Auf Kurzwelle war die Deutsche Welle ob der geringen Übertragungsqualität schon längst zum Anachronismus geworden, doch auch heute noch gibt es keine adäquate Alternative zum Kurzwellenempfang, der zwar einige Nachteile, aber auch immense Vorteile bietet. Im Endeffekt war die Deutsche Welle über Kurzwelle aber nur noch ein Spartenprogramm für einige wenige. Ernsthaft über Deutschland informieren kann man sich anderswo besser, so blieb die Kurzwelle nur für diejenigen übrig, die gerade keinen Internetzugang hatten. Doch ein eigener staatlicher Radiosender für Seeleute, Entwicklungshelfer und Touristen – das ist nicht Sinn und Zweck der Deutschen Welle, obwohl sie im Laufe der letzten Jahrzehnte faktisch dazu wurde. Staatlicher Spartenfunk bleibt offiziell nur dem Bundeswehrsender Radio Andernach vorbehalten.
Ihrem eigentlichen Auftrag, Kultur in die Welt zu tragen, kann die Deutsche Welle tatsächlich auch im Internet nachkommen. Ob das dann im sonst reichhaltigen Webangebot noch jemanden interessiert, ist eine andere Frage. Auch aus diesem Grund werden mehrere Petitionen an den Deutschen Bundestag das Rad nicht mehr zurückdrehen können. Die deutsche Welle überlässt das weltweite Senden über Kurzwelle nun dem Rest der Welt. Hier hört man nun Radio in anderen Sprachen.
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Dossier „Radio“
Schade drum. Es ist zwar richtig, dass das Internet bereits in fast jedem Land der Welt verfügbar ist. Aber in Südamerika z. B. gibt es immer noch Länder, in denen ein Internetanschluss gerade für dortige Verhältnissse extrem teuer ist und längst nicht für jeden finanzierbar. Es gibt genug Ausländer, die um ihre Existenz kämpfen müssen und sich das Internet nicht leisten können. Die sitzen dann jetzt auf dem Trockenen.
Ob diese Ausländer aber überhaupt von der Existenz der Deutschen Welle wussten, steht auf einem anderen Blatt.
Für mich, die ich viele Jahre in Paraguay gelebt habe, wurde es fast zum Sport, die Deutsche Welle reinzubekommen. Meistens gelang mir das auch. :)
Ich erinnere mich allerdings durchaus auch noch an Musiksendungen, in denen Grüße von und nach Deutschland geschickt wurden. Aber davon scheint ja wohl zum Schluss hin nichts mehr übrig geblieben zu sein, wenn man den Artikel so liest.