Dem Internet steht eine tiefgreifende Veränderung bevor, genauer gesagt dem kommerziellen Teil des Netzes. Der „Kaufen“-Button in allen Online-Shops wird bald verschwunden sein.

Bereits um die Jahrtausendwende zeigte die Computerzeitschrift „c’t“ einen Cartoon, in dem ein Computernutzer samt PC inmitten einer Stampede ins Telefon brüllt: „Nein, ich habe nicht auf den „Kauf-eine-Gnu-Herde“-Button geklickt“. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, doch erst jetzt, nach über einer Dekade der Abzockerei von unbedarften oder unaufmerksamen Internetnutzern endlich Abhilfe, die Verbraucherschutzrechte des Bürgerlichen Gesetzbuches werden angepasst: Bestell-Buttons im Netz müssen künftig die Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ oder etwas Sinngemäßes tragen. Beschriftungen wie „Los geht’s“ oder „Anmelden“ reichen demnach bald nicht mehr aus, um eine vertragliche Verpflichtung entstehen zu lassen.

Theorie gut, und Praxis mangelhaft

Was auf den ersten Blick gut klingt. Bei der Gesetzesänderung handelt es sich dennoch um puren Aktionismus, denn die typischen Abofallen-Verträge, wegen derer der neue Paragraph eigentlich kommt, sind bereits nach jetzigem Recht anfechtbar oder sogar von vornherein ungültig.

Die Gesetzesänderung wird demnach zuerst mal wieder die Ehrlichen treffen: Alle Shopbetreiber müssen jetzt ihre Internetauftritte überarbeiten. Das wird nach der Selbsteinschätzung der Regierung über 41 Millionen Euro (!) Kosten verursachen. Verbraucher, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung etwas von einem gewerblichen Händler im Internet kaufen, während die dazu benutzte Bestellschaltfläche noch eine alte Beschriftung trägt, haben dann keinen wirksamen Kaufvertrag mit dem Verkäufer geschlossen.

Ebay-Gebotsbestätigungs-Schaltfläche
wird das künftig noch ausreichen – oder werden wir beim deutschen Ebay bald „Zahlungspflichtiges Gebot abgeben“ lesen?

Geht man nach dem Gesetzeswortlaut, dürfte das gezeigte Bild in Zukunft nicht mehr ausreichend sein, um einen wirksamen Kaufvertrag zwischen Käufer und (gewerblichem) Verkäufer zustandekommen zu lassen. Die Abofallen-Betreiber hingegen werden weitermachen wie bisher, auf die „freiwillige“ Zahlungsbereitschaft ihrer Opfer (nach fies formulierten, aber wertlosen Mahnschreiben) bauen oder sich neue Tricks zum Verschleiern der Zahlungspflicht überlegen.

Abmahnfalle

Hinzu kommt nun aber noch eine neue „Gefahr“: Nicht nur die arglosen Surfer drohen in die Falle zu laufen, sondern nun auch die seriösen Shopbetreiber, dann nämlich, wenn sie die Rechtsänderung verschlafen oder annehmen, dass es sie nicht betrifft. Die Meldung der Heise.de-Nachrichtenseite zur kommenden Gesetzesänderung klang z.B. so:

„Künftig muss deshalb die Schaltfläche von Angeboten im Internet mit der Angabe „zahlungspflichtig bestellen“ versehen sein, damit ein Abo-Vertrag über einen kostenpflichtigen Abo-Dienst überhaupt wirksam werden kann.“

Das liest sich so, als würde die Änderung nur Anbieter von Abonnements betreffen. Tatsächlich betrifft das neue Recht jedoch alle Anbieter gleichermaßen, egal ob ein Dauerschuldverhältnis begründet oder nur einmal etwas gekauft wird. Auf die Art der Ware kommt es auch nicht an, ob Plasma-Fernseher, Unterhosen oder Buch – ohne „zahlungspflichtig bestellen“ gibt es künftig keinen Kaufvertrag im Online-Shop. Hier lauert nun die Falle für alle Onlineshop-Anbieter, denn sie machen sich abmahnfähig, wenn sie ihre Schaltflächen nicht rechtzeitig entsprechend modifizieren.

Text des Paragraphs 312b

Die neue Rechtslage

In § 312g des BGB wird es künftig heißen:

Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers (..) nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Handwerklich ist die Formulierung des geänderten Paragraphen ungeschickt. Denn der neue Gesetzeswortlaut bestimmt ausdrücklich eine eindeutige Aufschrift („nichts anderem“) für die Bestell-Buttons, um gleich im Nachsatz dann eine Hintertür für abweichende Formulierungen offenzuhalten („oder […] entsprechenden“). Dies wiederum schafft erhebliche Rechtsunsicherheit. In Zukunft wird man sich vor Gericht darüber streiten, ob „Kaufen (zahlungspflichtg)“ oder „Jetzt mit Kosten verbunden bestellen“ den gesetzlichen Anforderungen genügt oder nicht. Statt einer wirklich verlässlichen Regelung ist weiterhin Rätselraten angesagt.

Auch vergrößern sich mit dem neuen Gesetz die Unterschiede zum Ausland, ein typisches Problem, wenn nationales Recht das internationale Web zu regulieren versucht. Da der deutsche Surfer sich demnächst an die eindeutig beschrifteten Bestellknöpfe gewöhnen wird, wird er umso leichter auf geschickt formulierte Schaltflächen ausländischer Anbieter hereinfallen, die nicht an die deutschen Verbraucherschutzbestimmungen gebunden sind.

Artikelende

Quellen

Missverständlich aufzufassende Meldung auf Heise.de

Kommentare


  • Wie wahr, dass letztendlich nur die Anständigen Kosten und Mühen haben werden. Der Rest findet Wege auch einem neuen Gesetz auszuweichen. Die meisten haben Ihre Firma im „Nimmerland“ registriert und bei einer Verurteilung findet man vielleicht einen Briefkasten.
    Meine Kursteilnehmer schreiben mir, bevor Sie zahlen und sich damit zum Kurs anmelden. Das ist eine kluge Entscheidung, denn so erfahren sie, dass hinter dem Kurs eine reale Person steht und sie auch wirklich Support bekommen. Sollte jeder machen, bevor was kauft, es sei denn es handelt sich um eine bekannte Firma, wie zum Beipiel Amazon.

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