Im Rahmen der Einführung des Do-not-track-Mechanismus auch im Internet-Explorer wird wieder einmal offenbar, wie es Firefox – bei Linuxdistributoren zumeist erste Wahl – eigentlich mit der Nutzerselbstbestimmung hält. Während der IE die automatische Bitte um Nichtprotokollierung des Surfverhaltens standardmäßig aktivieren wird, ist bei Firefox diese Option im Normalfall abgeschaltet.
Mozilla begründet dies damit, dass es wichtig ist, dem Nutzer die Wahl zu lassen, welche Privatsphärenoptionen er für sinnvoll hält und welche nicht. Das klingt toll, das klingt nach voller Kontrolle durch den Nutzer, danach, als wäre man auf Seiten des Nutzers.
Da man nicht wisse, was der Nutzer wolle, lasse man Datenschutzeinstellungen erst einmal deaktiviert. Genau an diesem Punkt liegt der Argumentationsfehler: wenn man nicht weiß, was der Firefoxanwender will, könnte man genauso gut auch alle Optionen zum weitreichenden Datenschutz aktivieren. Die Wahl bliebe weiterhin beim Nutzer, der die Einstellungen auch selbst wieder lockern könnte – mit dem Unterschied, dass es auf diese Weise nicht unbeabsichtigt zum Verzicht auf Datenschutz kommt.
Mozilla ist also auf dem Standpunkt, dass der Nutzer sich um seinen Datenschutz selbst zu kümmern hat. Trifft er keine bewusste Wahl, geht man davon aus, dass er nichts gegen Datensammelei hat. Dieses generelle Opt-out ist jedoch keine nutzerfreundliche Attitüde, sondern deutet auf eine den datenverarbeitenden Firmen wohlgesinnte Haltung.
Vor nun fast genau vier Jahren nahmen wir die Privatsphärenfreundlichkeit von Firefox schon einmal genauer unter die Lupe – mit einem Ergebnis, mit dem sich Firefox nicht gerade mit Ruhm bekleckerte:
Firefox 3.0 pfeift auf die Privatsphäre
Schaut man sich heute an, wie es Firefox mit der Privatsphäre hält, muss man feststellen, dass sich nichts geändert hat. Die Standardeinstellungen sind für den Nutzer weiterhin ungünstig und für die werbetreibende Internetwirtschaft optimal. Noch immer werden datenschutzsensible Bereiche vor dem Nutzer völlig oder teilweise versteckt oder zweifelhafte Voreinstellungen getätigt.
Auch in den aktuellen Versionen ahnt der Nutzer z.B. nicht einmal etwas vom Prefetching, welches Firefox im Hintergrund ausführt. In den normalen Einstellungen ist diese Funktion nicht zu finden, auch in der Firefox-Hilfe erfährt man darüber nichts, wenn man nicht gezielt danach sucht. Natürlich werden auch Referrer standardmäßig übertragen, ohne dass der Nutzer hierfür eine Einstellung zum Deaktivieren vorfinden würde. Ändert man nichts an vordefinierten Privatsphäreneinstellungen, werden Cookies akzeptiert – auch von Dritten und theoretisch für unbegrenzt lange Zeit. Hierbei baut Firefox sogar eine künstliche Hürde im Interface und somit im Kommunikationsdesign auf, denn die Detaileinstellungen für eine datenschutzfreundlichere Einstellung bei Cookies werden im Einstellungsfenster so lange ausgeblendet, bis der Anwender sich gezielt für eine Änderung interessiert. Auf den ersten Blick sind Optionen zur selektiven Cookieverwaltung daher gar nicht sichtbar.
Insgesamt muss man feststellen, dass ein Nutzer nicht gerade dazu verleitet wird, mehr für den persönlichen Datenschutz zu tun, genau das Gegenteil ist der Fall. Firefox scheint möglichst viel dafür zu tun, dass ein Nutzer keine datenschutzfreundlichen Einstellungen vornimmt. Ob zum Zwecke einer möglichst unkomplizierten Bedienung oder zugunsten der Interessen der Geschäftspartner, das bleibt Spekulation.
Firefox lässt sich in Hinblick auf möglichst weitreichenden Datenschutz durchaus gut konfigurieren – aber man muss dazu selbst tätig werden und vor allem auch wissen, wo man suchen und ansetzen muss. Ohne Eingriffe via about:config ist dies nicht umfassend möglich. Der normale Nutzer ohne detaillierteres Hintergrundwissen ist dazu in der Regel nicht in der Lage.
Diesen Vorwurf muss sich Firefox gefallen lassen: er versetzt den einfachen Anwender nicht in die Position, die für ihn optimalen, d.h. im besten Falle weitreichendsten, Privatsphäreneinstellungen auch wirklich einfach vorzunehmen.
Siehe auch:
• Firefox und der Datenschutz
• Mehr Komfort beim Datenschutz
• 4 Browser im Datenschutzvergleich