Wie Weihnachten: E 17 ist fertig

1. Januar 2013

Etwas untergegangen ist über die Feiertage, dass es ein kleines großes Weihnachtsgeschenk für die Freunde alternativer Desktopumgebungen gab – wer über Weihnachten den PC ausgelassen hat, hat’s verpasst: E 17 ist pünktlich zum Heiligabend 2012 fertig geworden, nachdem es über Jahre hinweg stets bei Version 0.16.99x verharrte.

Viel verändert hat sich jedoch nicht, auch die bisherigen Entwicklungsversionen entsprachen im Wesentlichen der nun neuen Nullnummer. Oder anders gesagt: Das jetzt fertiggestellte Enlightenment 17 sieht immer noch fast genauso aus wie in den letzten Jahren.

Eine Einordnung von Enlightenment fällt nicht ganz leicht, denn es ist etwas sehr Eigenes. Es ist irgendwie eine Mischung aus Fenstermanager und Desktopumgebung. Auch rein optisch ist es schwer zu fassen, das Panel erinnert etwas an das Dock von Mac OS X, hat dann aber wiederum mehr Ähnlichkeit mit einem CDE- oder XFCE-Panel. Auch das Standardtheme macht ein paar Anleihen an ältere Mac-Oberflächen, ist dann aber doch etwas sehr Individuelles, etwa durch den auffälligen Schwarz-Weiß-Kontrast. Insgesamt macht E 17 einen recht verspielten Eindruck, vergleicht man es etwa mit XFCE oder LXDE. Deren funktionelle Nüchternheit sucht man vergeblich.


Das Panel von Enlightenment

Enlightenment legt ausgesprochen viel Wert auf Aussehen und visuelle Effekte, vernachlässigt dabei aber die Geschwindigkeit keinesfalls. Enlightenment rennt wie LXDE oder ein reiner Fenstermanager, trotz aufwändigerem Erscheinungsbild. Das macht die Oberfläche relativ einzigartig. Effizienz und etwas fürs Auge bekommt man hier gemeinsam geboten, Minimalismus trifft auf ansprechendes Design.


Das E17-Menü

Entwicklungstechnisch gibt es eine Art Parallele zu XFCE, welches ursprünglich noch nicht einmal ein Fenstermanager war, sondern als Panel startete, um heute ein vollwertiger Desktop zu sein. Enlightenment startete als Fenstermanager und bildet heute u.a. mit Panel, Dateimanager und Desktop ebenfalls einen kompletten Desktop. Anders als XFCE, das auf GTK aufbaut, oder etwa LXDE, das außer dem Dateimanager fast nichts selbst entwickelt, sondern bereits Bestehendes zu einem überzeugenden Ganzen zusammenfügt, kommt bei Enlightenment alles aus einer Hand: Sowohl die Programme als auch die dahinterliegenden Bibliotheken sind Eigenentwicklungen.


Dateimanager

Dadurch wirkt Enlightenment nicht nur sehr homogen, sondern ist es auch. Ein Alles-aus-einem-Guss-Gefühl stellt sich definitiv ein bei der Benutzung. Allerdings ist damit wiederum schnell Schluss, wenn man desktopfremde Anwendungen nutzt. Gnome- und KDE-Anwendungen passen sich dem Design nicht an.

E 17 kopiert weder Gnome noch KDE noch XFCE/LXDE oder einen anderen Fenstermanager und hat nicht nur deshalb seine Existenzberechtigung zwischen den anderen verbreiteten Oberflächen. Enlightenment könnte für alle diejenigen etwas sein, die einen schnellen, aber graphisch anspruchsvollen, schicken Desktop mögen, das mitunter schnelle Entwicklungstempo bei der Konkurrenz aber scheuen und Stabilität den Vorzug geben. E 17 verspricht auf lange Sicht Kontinuität. Auch für ältere Rechner eignet es sich als Alternative zu den Desktop-Schwergewichten.

Die Installation von Enlightenment ist nicht ganz trivial, daher sollte man auf eine Distribution zurückgreifen, die es standardmäßig mitliefert oder es sogar als primären Desktop verwendet, wie z.B. Bodhi Linux, basierend auf Ubuntu. Wer E 17 ausprobieren möchte, ist aber auch bei Ubuntu selbst gut aufgehoben, hier befindet es sich in den Standard-Paketquellen (jedoch noch nicht die Finalversion). Auch bei Opensuse ist es dabei. Fedora hingegen liefert Enlightenment nicht aus, und auch Debian Stable hat nur das uralte E 16 mit an Bord, das mit dem heutigen E 17 aber nicht mehr viel gemein hat.


aus der Kategorie: / Tratsch /

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Kommentare

Hm, ich weiß nich, ob man schon von Weihnachten reden kann, wenn E 17 offiziell am 22.12 erschienen ist (Mailingliste) – aber es gibt wirklich schlimmere Probleme auf der Welt als dieses. (Weihnachten ging schließlich auch mal bis Lichtmess :D)

Ansonsten das ganze Thema meiner Meinung nach nochmal schön auf den Punkt gebracht. thumbsup

— · 2. Januar 2013, 01:30

also ich versteh solche argumentationsketten immer nich. wenn ich einen schnellen desktop will, dann gibts da aufm markt schlicht genug optionen. zu behaupten das E17 ist was für leute die es schnell UND schön haben wollen ist auch quatsch, denn themes haben mit windowmanagern schlicht nix zu tun. ob E17 stabiler ist als andere WM wird sich zeigen, ich für meinen teil hab mit xfce in der praxis bislang keine probleme in der art, dass ich deshalb wechseln würde. in jedem falle fehlt es E17 an funktionen, was dazu führt dass ich am ende doch QT- & GTK-Tools einbinden muss. damit ist ein großteil der schönen schnelligkeit bereits dahin.

alles in allem wird das alles nich so heiß gegessen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir hier über n projekt reden dass sich dauerhaft nich durchsetzen wird und eigentlich nur entwicklerressourcen kostet. aber das sind wir ja von jedem 3. opensource-projekt gewohnt.

— · 2. Januar 2013, 07:53

Leider vermitteln die Screenshots einen falschen Eindruck, da dort eine sehr alte Version abgebildet ist und dein Review bezieht sich ebenfalls auf die nicht finale Version sondern einen vorvorgänger.
Ohne es böse zu meinen ist das Review nur zu ca. 20% anwendbar auf das finale e17 und lässt wesentliche Punkte aus. (Module, Profile und Everything z.B.)
Evtl. Mal hier reinschauen ich habe e17 in der Finalen Version (zwar auf englisch) ausführlich vorgestellt.
Und ja ich hätte dazu auch gern Kritik :)

http://www.youtube.com/watch?v=D9pd1qR3tvo

— leszek · 2. Januar 2013, 11:24

Ohne es böse zu meinen ist das Review nur zu ca. 20% anwendbar auf das finale e17 und lässt wesentliche Punkte aus.

Das hier ist gar kein Review (deshalb auch in der Kategorie Tratsch, nicht Tests, und es wird auch nicht auf einzelne Anwendungen eingegangen). Es ist nur ein kleiner Essay zur Enlightenment-Entwicklung. Eine etwas zu lang geratene Newsmeldung. ;-) Die Bilder zeigen – richtig – die Entwicklungsversion. Der eigentliche Test folgt traditionell später (wenn E 17 in den Distributionen angekommen ist).

Evtl. Mal hier reinschauen ich habe e17 in der Finalen Version (zwar auf englisch) ausführlich vorgestellt. Und ja ich hätte dazu auch gern Kritik :)

Gerne. Sehr schön! Sehr ausführlicher Einblick, vielleicht zum Ende hin etwas zu detailliert, aber okay. Also alle bitte mal rüberschauen zu Leszek. für einen aktuellen Eindruck. ;-)
Ich vermisse jedoch etwas die Kritik, z.B. hätte man mal E17 im Zusammenspiel mit desktopfremden Anwendungen zeigen können, da offenbart sich nämlich etwas die Schwäche von E 17 im Alltagseinsatz, u.a. auch durch das nun invertierte Standard-Theme.

Pinguinzubehör · 2. Januar 2013, 21:58

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