Tux würde online lesen - ein Blick auf das Angebot der freien Linuxjournale

9. März 2009

Beim Themengebiet Linux hat der Verlag Linux New Media AG die Kioske bzw. den kommerziellen Markt mit Zeitschriften wie EasyLinux, LinuxUser oder dem Flaggschiff “Linux Magazin” fest im Griff. Doch im Internet fallen vor allem die semiprofessionellen, privaten und von der Linuxgemeinschaft gestemmten Angebote auf: ein Heer von Freiwilligen und Enthusiasten sorgt dafür, dass den Linux-Freunden im Internet nie der Lesestoff ausgeht.

Es gibt die Foren, in denen es neben Hilfe auch Neuigkeiten gibt. Es gibt die Einzelkämpfer, die auf den eigenen Seiten und Weblogs ihre Konfigurationsbeispiele und Erfahrungen veröffentlichen, ihre Meinung über Hard- und Software zum besten geben oder sich auch einfach den Frust von der Seele schreiben, wenn der Pinguin mal wieder nicht so watschelt, wie er soll. Und dann gibt es da noch die Ambitionierten, die mehr wollen, und sich ganz im Sinne freier Software zusammentun und eine Menge Arbeit investieren, um gemeinsam mit weiteren Helfern etwas Größeres auf die Beine zu stellen, wovon alle etwas haben: anspruchsvoll gemachte Publikationen mit aktuellen und gut aufbereiteten Informationen aus der Welt des Open Source.

Die meisten Inhalte der Angebote werden dabei unter freien Lizenzen wie GNU-FDL oder Creative Commons veröffentlicht, so dass je nach Lizenz die Inhalte oft sehr frei wieder- und weiterverwendet werden können. Inzwischen existieren so viele verschiedene Magazine, dass man allmählich fast ein wenig den Überblick verliert. Der Versuch einer kleinen Übersicht:

Pro Linux
Wer unabhängige Linux-Infos sucht, stößt früher oder später zwangsläufig auf Pro-Linux. Pro-Linux ist eine der ältesten Angebote für Linuxbegeisterte und entzieht sich einer genaueren Einordnung. Klassisch als Webseite daherkommend, könnte man es am ehesten als Linux-Nachrichtenmagazin bezeichnen, wobei es durch den gut erreichbaren, meist rege genutzten Kommentarbereich auch schonmal wie ein hochfrequentiertes Weblog erscheint. Täglich aktuelle Meldungen und distributionsübergreifende Berichte aus der Linuxwelt, das findet man auf Deutsch nirgendwo sonst in dieser Art.

Neben den Meldungen auf der Hauptseite gibt es ein Forum und einen Magazinbereich mit ausführlicheren Texten zu wechselnden Themen, z.B. mit Anleitungen oder Distributionstest, der kontinuierlich einmal pro Woche um einen neuen Artikel erweitert wird.

Das Pro-Linux-Angebot lässt kaum Wünsche offen, umso erstaunlicher ist, dass es sich dabei im Kern um einen 2-Mann-Betrieb handelt: Mirko Lindner und Hans-Joachim Baader betreiben das Angebot neben ihren eigentlichen Berufen und sorgen bereits seit über 10 Jahren dafür, dass man auf Pro-Linux aktuell informiert ist.

PDF-Magazine
PDFs sind eine zweischneidige Sache: für Formulare und und Dokumente, die überall gleich aussehen müssen, sind sie praktisch und nahezu unverzichtbar geworden, doch beim reinen Lesen von Texten wie Zeitsartikeln oder Magazinseiten geht der allgemeine Trend eher weg vom PDF bzw. war noch nie richtig da. Zeitungs-PDF-Angebote (sog. “E-Paper”) fristen ein Nischendasein und Usability-Experten verteufeln gar PDFs für die Online-Darstellung, weil man sie im ungünstigsten Falle herunterladen und öffnen muss, die Navigation in ihnen umständlicher ist und sie sich den gewohnten und geschätzten Browserfunktionen entziehen (Lesezeichen, Scrollen, Schriftanpassung). Der Großteil von Text im Internet wird über “normale” Webseiten konsumiert, als Lesemedium konnte sich PDF nicht durchsetzen.

Das sehen ausgerechnet die Autoren der größten Community-Magazine anders: Yalm, “freiesMagazin” oder auch “MagDriva” haben sich für eine primäre Verbreitung in PDF-Form entschieden (obwohl die Magazine eigentlich nicht zum Ausdrucken gedacht sind und die Mehrheit am Bildschirm liest). Sie halten sich nicht mit irgendwelchen Studien auf, sondern packen es an und machen einfach “ihr Ding”. Heraus kommen qualitativ hochwertige Magazine, die durch die Abgeschlossenheit in sich selbst sowie die Vorteile des statischen Layouts ganz eigene Möglichkeiten für den Inhalt schaffen und zum Lesen verführen. Der Reiz ist durchaus verlockend, sich einem im Umfang klar umrissenen Magazin zu widmen, statt ziellos durch ein nieendendes Webangebot zu scrollen.

freiesMagazin
Einen durch und durch professionellen Eindruck hinterlässt freiesMagazin, was nicht zuletzt durch typischen Magazinstil/-sprache bedingt ist, den das Magazin pflegt. Das freie Magazin entstand aus einer Entkoppelung von ubuntuusers.de, beschäftigt sich aber allgemein mit Freier Software, wobei Linux natürlich einen großen Stellenwert einnimmt.

“freiesMagazin” wird mit LaTeX erstellt und ist sowohl als PDF als auch als Webseite verfügbar, die HTML-Variante ist jedoch vor allem für mobile Geräte oder Sehbehinderte gedacht. Die aktuelle Ausgabe (3/2009) ist 3,7 MB groß, reich bebildert und umfasst 51 Seiten. Das Magazin erscheint monatlich zum Monatsanfang.

Yalm
Yalm ist in der Hochphase der Ubunutu-Begeisterung in Deutschland ebenfalls aus dem Ubuntuusers-Umfeld heraus entstanden und steht dem freien Magazin in nichts nach.

Yalm beschäftigte sich früher hauptsächlich mit der jungen Distribution aus Südafrika, richtet sich mittlerweile aber an alle Linuxnutzer, unabhängig von der verwendeten Lieblingsdistri. Yalm wird mit Open Office gesetzt, die aktuelle Ausgabe 2/2009 bringt es auf 32 Seiten. Der Download der PDF-Datei quetscht lediglich anderthalb Megabyte durch die Leitungen. Wie auch freiesMagzin ist Yalm reich bebildert enthält viele weiterführende Links. Yalm erscheint monatlich jeweils zum 15. und kommt ab der kommenden Ausgabe ebenfalls mit einer alternativen Lesemöglichkeit in HTML. Neben dem PDF-Journal findet man bei Yalm auch ein Web-Forum.

MagDriva
Magdriva war der Vorreiter der Linux-PDF-Magazine, die erste Ausgabe erschien bereits Mitte 2005. MagDriva steht für “Magazin + Mandriva” und wird von der deutschen Mandriva-Community mandrivauser.de getragen.

Als einziges der hier vorgestellten Magazine setzt es einen besonderen Fokus auf eine bestimmte Distribution, schreibt aber ebenso distributionsübergreifend und vergisst auch den Blick über den Tellerrand nicht; so enthält die aktuelle Ausgabe beispielsweise einen Artikel zur Linuxdistribution “CCux Linux”. Mandriva setzt voll und ganz auf PDF, seit neuestem lassen sich die Artikel dafür auch einzeln herunterladen. Das Magazin wird ebenfalls mit Open Office erstellt, ist in der aktuellen Ausgabe (3/2008) knapp 22 MB “schwer” und kommt auf 49 Seiten. MagDriva erscheint unregelmäßig etwa drei bis vier Mal im Jahr.

Gemeinsamkeiten
Die vorgestellten PDF-Magazine ähneln sich sehr, bedienen jedoch unterschiedliche Geschmäcker und Vorlieben. Yalm und “freiesMagazin” sind professionell gemachte Publikationen, auch Magdriva braucht den Vergleich mit professionellen Zeitschriften nicht zu scheuen, legt aber Wert auf den “Vereinscharakter” und die Feststellung, dass kein Wettbewerb mit Profi-Magazinen angestrebt wird. Allen PDF-Magazinen gemeinsam ist, dass sie auf ein PDF-Querformat setzen, um die optimale Lesbarkeit auf Bildschirmen zu gewährleisten. Keines setzt auf HTML als hauptsächlichen Verbreitungsweg. Alle erscheinen mit einer freien Lizenz, wobei z.B. Magdriva kommerzielle Weiterverwendung ausschließt, freiesMagazin hingegen sie bewusst fördert. Und – im OpenSource-Bereich verbreitet, aber längst nicht selbstverständlich: die Magazine sind kostenlos erhältlich und werbefrei.

Mehr Infos
Ein großes Interview mit den Verantwortlichen und Autoren von Yalm, freiesMagazin, Magdriva und Pro-Linux ist ab sofort ebenfalls verfügbar.

Disclosure/Hinweis: Der Verfasser war in der Vergangenheit bereits unentgeltlich für Pro-Linux und freiesMagazin tätig.


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