Lange musste das Internet warten, doch das Warten hat sich gelohnt: die beiden großen betriebssystemunabhängigen Browser-Hersteller Mozilla Corporation und Opera Software haben die neuesten Versionen ihrer Webbrowser veröffentlicht: Firefox 3.0 und Opera 9.5 haben sich Nutzerfreundlichkeit und ein „offenes Web“ auf die Fahnen geschrieben und buhlen um die Gunst der Internetgemeinschaft. Ein ausführlicher Blick auf die beiden Softwareprodukte.

Lange haben die Nutzer gewartet, nun ist er endlich da: der neueste Firefox, in Version 3.0. Zuerst ins Auge springt das neue Erscheinungsbild des Internetbrowsers. Firefox hat die bisherige Symbolik seiner Bedienelemente komplett ausgewechselt, die Standard-Icons sehen nun noch glänzender und glasartiger aus als zuvor. Die Änderung im Aussehen hatte nicht nur optische Gründe. Der dahintersteckende Plan war, dass man Firefox einen höheren Wiedererkennungswert auf unterschiedlichen Computerplattformen geben wollte; egal, ob man Firefox unter Windows, Linux oder MacOS startete, überall sollte man sofort sehen können, dass man einen Firefox vor sich hat. Das Problem bestand darin, dass sich Firefox seit langem der Betriebsystemintegration verschrieben hatte: der Windows-Firefox fügte sich nahtlos in WindowsXP ein, die Linxversionen passten perfekt zur Gnome-Oberfläche (eine der beiden großen Oberflächen für Linux) und auch der MacOS-Firefox passte sich mehr oder weniger gut in den Aqua-Stil des Apfelbetriebssystems ein. Von Einheitlichkeit und Wiedererkennungswert also keine Spur.

Firefox-Icons unter WindowsXPDie Lösung: ein einzelner gleichartiger, markanter Button in der Hauptsymbolleiste. Obwohl Firefox unter Linux, WindowsXP, Windows Vista oder MacOS völlig verschieden aussieht und sogar eine dem System entsprechende, unterschiedliche Symbolik hat, erkennt man den Firefox nun auf den ersten Blick: anhand des übergroßen Zurück-Buttons, der ganz links in der Hauptsymbolleiste prangt. Das Aussehen erinnert an die ersten Konzepte, die für den Internet Explorer 7/Windows Vista angedacht waren, letztendlich von Microsoft aber verworfen wurden.

Firefox-Fenster

Nur unter Linux ist man noch weiter gegangen: hier werden die Symbole nicht von Firefox, sondern tatsächlich vom Betriebssystem gestellt: nutzt man Firefox unter dem orangefarbigen Ubuntu-Linux, hat Firefox orangefarbene Knöpfe, unter dem blauen Fedora-Linux kommt Firefox wiederum ganz automatisch in Blau daher. Doch das hat seinen Preis: die Miniordner in den Lesezeichen z.B. klappen nun nicht mehr auf beim Darüberfahren mit der Maus. Vor allem aber konnte man aus technischen Gründen den übergroßen Zurück-Button nicht auch in die Linuxversionen einbauen – dies führt natürlich das Vereinheitlichungskonzept ad absurdum. Ausgerechnet unter Linux, wo Firefox de facto überall der Standardbrowser ist, sieht Firefox nicht wie Firefox aus.

Firefox unter Fedora-Linux
Firefox unter Fedora-Linux in Blau…

Firefox unter Ubuntu-Linux
..und das gleiche Programm unter Ubuntu-Linux in Orange

Dafür ist die GNOME-Integration deutlich besser geworden, was man z.B. an den Schaltflächen auf Webseiten sehen kann, etwa bei der Googlesuche (die man ja eigentlich kaum noch sieht, wenn man Firefox‘ eingebaute Funktion benutzt): bei Firefox 2 erschienen sie auch unter Linux in Windows-Classic-Optik, nun nehmen sie den Stil der jeweiligen Gnome-Oberfläche an.

kastige Schaltflächen
Firefox 2 unter Linux

abgerundete Schaltflächen
Firefox 3 unter Linux

Wem die übergroße Symbolik unter Windows oder MacOS übrigens nicht gefällt, braucht nur im Anpassen-Dialog ein Häkchen bei „kleine Symbole“ setzen – und erhält damit in etwa wieder das herkömmliche Aussehen (wie bei Firefox 2) zurück.

„Awesome!“

Doch nicht nur beim optischen Erscheinungsbild hat sich viel geändert, Firefox 3 hat viele technische Innovationen zu bieten: Ganz neu programmiert wurden etwa die Funktionen der Adresszeile.

Früher zeigten die Browser-Adressleisten nur die Internetadressen der zuletzt besuchten Seiten an, wenn man deren Anfangsbuchstaben in die Adressleiste tippte. Das scheint Vergangenheit zu sein, der Trend geht zur Anzeige von immer mehr Informationen; die Adresszeile verwandelt sich in eine vollwertige Suchfunktion. Man muss nur ein Sichwort eingeben, und schon findet Firefox nicht nur die bereits besuchten Internetadressen, die diesen Begriff beinhalten, sondern sucht auch in den eigenen Lesezeichen und den Webseitentiteln nach passenden Treffern, garniert dies mit Zusatzinformationen und präsentiert sie dem Surfer:

Neue, ausgeklappte Firefox-Adresszeile

Auf den ersten Blick sehr unübersichtlich im Vergleich zur früheren Anzeige, doch unschlagbar, wenn man schnell bereits besuchte Internetseiten wiederfinden möchte, ohne ein Lesezeichen nach dem anderen aufrufen oder Den Verlauf durchstöbern zu müssen. Wen das alles überfordert, gelangt wieder zum klassischen Anzeigeverhalten zurück, wer in der erweiterten Konfiguration die Zeile „browser.urlbar.matchOnlyTyped“ als „true“ kennzeichnet.

Firefox-Adresszeile mit gelbem SternNicht nur bei den Suchfunktionen gibt sich Firefox 3 intelligenter. Zum Beispiel ist der alte Go-Button rechts neben der Adresszeile verschwunden, dafür taucht am rechten Rand innerhalb der Zeile nun nur noch bei Bedarf ein grüner Pfeil auf, wenn man etwas in die Leiste eingibt. Ebenfalls am rechten Rand der Adresseingabemaske fällt ein neuer kleiner Stern auf: dieser Stern stellt eine Verdopplung der Lesezeichenfunktionen dar und soll das Anlgegen und Verwalten von Lesezeichen erleichtern, wenn man die Tastenkombination Strg+D nicht kennt. Mit nur einem einzigen Klick auf den Stern fügt man eine Internetseite zu den Lesezeichen hinzu – der Stern wird dann gelb. Gleichzeitig dient der Stern als Indikator für bereits vorhandene Lesezeichen: ruft man eine Seite auf, die sich bereits in der eigenen Lesezeichensammlung (jetzt bei Firefox „Bibliothek“ genannt) befindet, leuchtet der Stern ebenfalls gelb (eine Erfindung, die sich die Firefoxler von Opera abgeschaut habe, welcher dieses Feature bereits in einer ehemaligen Betaversion integriert hatte, letztendlich jedoch ebenfalls nicht umsetzte). Das Hinzufügen geschieht ohne weitere Rückfrage – wer nicht aufpasst und sich verklickt, hat demnächst lauter Einträge in den Lesezeichen, die er gar nicht dort haben wollte. Klickt man den bereits gelbgefärbten Stern erneut an, lässt sich das dahinterliegende Lesezeichen löschen oder bequem in einen anderen Lesezeichenordner verschieben – diesmal glücklicherweise erst nach der Einblendung eines Abfragedialogs.

Überhaupt haben sich die Lesezeichen sehr gewandelt. Das alte Lesezeichenmenü ist noch an Ort und Stelle, dafür hat sich jedoch im Lesezeichenmanager viel getan. Dieser heißt nun „Bibliothek“ und erlaubt nicht einfach bloß das Sortieren und Suchen in den Lesezeichen, sondern präsentiert auch die Chronik und die verwendeten Schlagwörter.

Bibliothek-Fenster
jetzt zusammengelegt: Chronik und Lesezeichen in einem Fenster

Auch die Tab-Handhabung hat man weiter verbessert. Neben einer optisch ansprechenderen Darstellung beim Wechsel zwischen den Reitern ist nun die Möglichkeit hinzugekommen, Tabs (und natürlichen deren Inhalte) zu duplizieren, wie man es bereits von Opera kennt.

Beim Thema Sicherheit kommt Firefox genauso mit vielen Neuerungen. Das berühmte „Vorhängeschloss“ etwa ist verschwunden, die Visualisierung von sicheren Seiten wurde komplett überarbeitet und mit dem Betrugsversuchsschutz verknüpft. Beim Speichern von Passwörtern gibt es ebenfalls ergonomische Verbesserungen: statt nach dem Ausfüllen von Anmeldemasken einen Dialog zu öffnen, blendet Firefox nun eine zusätzliche Leiste am oberen Seitenrand ein, mit der man seine Passwörter dauerhaft speichern kann. Der Vorteil daran: diese Leiste erscheint erst dann, wenn man sich bereits erfolgreich bei einer Webseite authentifiziert hat; man entscheidet erst nach einem Einloggen, ob man das Passwort speichern möchte. Bisher konnte es passieren, dass man ein Passwort dauerhaft speicherte, obwohl es das falsche war. Mit Firefox 3.0 kann dies nun nicht mehr passieren.

Innere Werte

Das Wichtigste an einem Browser ist natürlich nicht die Bedienung des Programmes, sondern die Anzeige von Inhalten. Auch hier kann Firefox 3 punkten, etwa bei den neuen Zoom-Funktionen. Etwas, das Opera oder Internet Explorer schon lange können, hält nun auch Einzug bei Firefox: das Vergrößern oder Verkleinern von angezeigten Seiten – und zwar komplett mit Bildern und Graphiken, nicht bloß eine Veränderung der Textgröße. Wer dennoch nur eine reine Veränderung des Textes wünscht, kann dies weiterhin so einstellen (unter Ansicht > Zoom > Nur Text zoomen). Hier ist Firefox dann allen Konkurrenten überlegen, die keine Wahlmöglichkeit lassen.

Firefox-3-Plugin-Einstellungen

Verbessert hat sich auch die Verwaltung von Erweiterungen, Plug-Ins und Downloads. Der Transfer großer herunterzuladender Dateien lässt sich im Download-Manager nun vorübergehend anhalten – und sogar nach einem Neustart des Browsers wieder fortsetzen. Plug-Ins und Erweiterungen werden vom normalen Benutzer sowieso ständig verwechselt (Plugins sind die klasischen Ergänzungen, die Extra-Funktionen für die Anzeige von Webseiten ermöglichen und die auch in vielen anderen Browsern funktionieren – Erweiterungen sind kleinere oder größere Ergänzungen, die die Funktionen des Browsers Firefox erweitern), daher hat Mozilla die Verwaltung von Plug-ins kurzerhand in den Erweiterungs-Dialog mit aufgenommen, in welchem sich alle „Add-ons“ nun übersichtlich gemeinsam steuern lassen.

Böse, böse…

Firefox hat jedoch nicht nur seine guten Seiten und kommt mit vielen Verbesserungen, auch Firefox 3 bietet noch immer Anlass zu negativer Kritik. Die Entwickler haben es bei dieser Version immerhin geschafft, den Seitenaufbau fühlbar zu beschleunigen, doch das Programm Firefox als solches ist nach wie vor ein großer, schwerfälliger Klotz. Was auf modernen Rechnern nicht weiter stört, fällt umso mehr auf, wenn man Firefox auf etwas älteren Systemen laufen lässt. Viele neu hinzugekommene graphische Spielereien scheinen den Browser eher noch zu verlangsamen: eine animierte Tab-Leiste beim Wechseln zwischen den Tabs, „hilfreiche“ Einblendungen beim Passwortspeichern, Betruggsschutzhinweise oder ein in der Breite verschiebbares Suchmaschinenfeld.

Dabei muss man fast schon Glück haben, wenn Firefox überhaupt noch funktioniert. Denn Firefox läuft ab Version 3.0 nicht mehr auf Windows95, Windows98, WindowsME und vielen älteren Linuxdistributionen. Nutzer von Mac-OS-X-Systemen älter als Version 10.4 müssen auf den neusten Feuerfuchs ebenfalls verzichten. Die Unterstützung für diese Systeme wurde komplett eingestellt, aufgrund technischer Weiterentwicklung – Firefox nutzt nun die Cairo-Bibliothek und ist unter Linux auf eine aktuelle GTK-Version angewiesen – ist Firefox auf diesen Plattformen auch nicht mehr zum Funktionieren zu überreden.

Datenschutztechnisch ist Firefox weiterhin nicht das Gelbe vom Ei: Firefox 3 sammelt wie auch die Vorgängerversionen im Einzelfall im Voraus Daten und Inhalte von Webseiten ein, die man selbst nicht bewusst aufgerufen hat. Dadurch hinterlässt man Spuren (IP-Adresse) auf nie besuchten Seiten – und man könnte schlimmstenfalls, wenn Firefox „ausversehen“ die „falschen“ Inhalte abruft, zumindest theoretisch ins Visier von z.B. Strafverfolgungsbehörden kommen. Das kann schneller geschehen, als man denkt – eine einfache Google-Suche würde dafür schon ausreichen. Dieses „Prefetching“ des Firefox lässt sich zwar in den erweiterten Einstellungen deaktiveren, nach wie vor versteckt Mozilla diese Funktion jedoch vor den Nutzern des Browsers und informiert nicht über deren Existenz. Ein weiterer Nebeneffekt dieses Vorausladens: Webseitenbetreibern werden unnötig Kosten verursacht und Internetstatistiken verfälscht; Firefox taucht in den Logfiles von Internetangeboten auf, die von den Firefoxbenutzern in Wirklichkeit gar nicht besucht wurden. Statistiken, in denen Firefox besonders gut dasteht, muss man daher grundsätzlich sehr skeptisch betrachten.

Beim Installieren des Fuchses muss man neuerdings auch sehr aufpassen. Bisher fragte Firefox erst nach einer Installation, ob man ihn als Standardbrowser im System eintragen möchte. Firefox 3 nun schmuggelt sich quasi als Standardbrowser auf den Rechner, wenn man beim Intallieren folges kleines Häkchen übersieht, das standardmäßig aktiviert ist:

Firefox-Installationsdialog

Vergisst man, es zu entfernen, hat man Firefox sofort als eingerichteten Standardbrowser auf dem Computer.

Viele weitere Baustellen sind ebenfalls weiterhin offen: Mit MHT-Dateien kann Firefox auch in Version 3 noch immer nichts anfangen, Firefox liest weder diese „Webarchive“, noch kann er sie schreiben. Mit Opera oder Internet Explorer gespeicherte Webseiten im MHT-Format lassen sich mit Firefox daher nicht betrachten. Das alternativ geplante Speichern von Webseiten als PDF-Dateien wurde bislang ebenso nicht verwirklicht. Das Hinzufügen von neuen, eigenen Suchmaschinen zum Suchfeld ist umständlich geblieben und nur mit einer Erweiterung möglich; vom Komfort, den Opera hierbei bietet, ist Firefox weit entfernt.

Auch farbige Bildlaufleisten beherrscht Firefox weiterhin nicht. Linuxnutzer, die nicht Gnome als Oberfläche benutzen, trifft es optisch jedoch am härtesten. Trotz aller Plattformintegrationsversuche von Mozilla ist Firefox unter Linux oft nur ein Trauerspiel. Z.B. gibt es bis heute keinerlei KDE-Integration. Unter KDE wirkt Firefox daher wie ein Fremdkörper, unter anderen Oberflächen meist einfach nur hässlich.

Firefox-Fazit

Wer sich von diesen kleinen Stolperfallen nicht abschrecken lässt und ein relativ aktuelles Betriebssystem verwendet, erhält mit Firefox 3 ein rundum verbessertes und optimiertes Produkt, das den Internetzugriff nicht nur einfach und komfortabel, sondern tatsächlich „mehr Spaß“ macht als die Vorgängerversion. Sei es durch optische Zugaben oder cleverer angeordnete Bedienmöglichkeiten – Firefox 3.0 ist, auf gut Deutsch gesagt, einfach ziemlich „cool“ geworden.

Der Konkurrent: Opera 9.5

Taktisch geschickt knapp eine Woche vor der Veröffentlichung von Firefox 3 hat Opera Software bereits ihren Browser zum Herunterladen freigegeben. Ob das wirklich klug war, ist fraglich, denn nach einem ersten Test fällt Opera 9.5 durch viele kleine nervende Fehler auf. Manchmal sind Menüeinträge ausgegraut, obwohl sie aktiv sei sollten (Lesezeichen lassen sich nicht in einem bestimmten Ordner ablegen), Schaltflächen verdoppeln sich auf merkwürdige Weise, Favicons geraten durcheinander, die Tabeinstellungen werden teilweise ignoiert und die Panel-Buttons rutschen nach links, statt den vorhandenen Platz auszunutzen. Besonders die Linuxversionen scheinen noch nicht ganz ausgereift zu sein.

Um es vorwegzunehmen: unterm Strich jedoch bleibt Opera wie Firefox ein hervorragendes Internetprogramm, auch Opera kommt nach fast zweijähriger Entwicklungszeit mit vielen Verbesserungen und Neuheiten, entfernt sich allerdings immer weiter vom ursprünglichen Konzept.

Opera 9.5

Auffällig ist zunächst wie bei Firefox das neue Erscheinungsbild: Auch Opera hat seine Symbole komplett ausgetauscht, geht jedoch den komplett entgegengesetzten Weg. Statt bunter, farbenfreudiger und farbintensiver zu werden, ist das neue Opera-Erscheinungsbild überwiegend in dezentem Grau-Schwarz gehalten, die vielen bunten Icons sind so gut wie verschwunden. Opera setzt auf viel Dunkles, dafür sind die wenigen, farbenfroh herausstechenden Symbole umso intensiver.

zwei Kontextmenüs
altes und neues Opera-Kontextmenü

Doch nicht nur die Symbolik ist runderneuert, auch Operas Standardaussehen hat sich völlig gewandelt. Seit Version 8 war man ein hellblaues Browserkleid gewohnt, nun orientiert sich Opera sichtlich an Windows neuestem Betriebssystem: Glasige Optik und viel Eleganz. Am deutlichsten wird dies an den Schließen-Knöpfen auf der neuen Tableiste. Diese sind rechteckig und leicht nach oben versetzt, sodass sie überdeutlich an die aktuellen Fensterdekorationen bei Windows Vista erinnern. Hierin liegt dann auch gleich die erste Verschlechterung des neuen Opera: die neuen Tab-Buttons zum Schließen eines Reiters sind so klein geraten, dass man sie mit der Maus nur mühsam trifft. Die Tableiste selbst kommt schwarz wie die Nacht daher und ist auf den ersten Blick sehr gewöhnungsbedürftig und dominiert nun das gesamte Bild, nicht zuletzt, da die Leiste höher geworden ist.

Opera-Symbolleiste

Für fortgeschrittene Anwender ist dies jedoch nur eine geringe Hürde, mit ein wenig Aufwand lässt sich sowohl die Tableiste verschmälern als auch die Buttongröße verändern. Um etwa eine kleine Tableiste zu generieren, sucht man die Datei „standard_skin.zip“ (im Opera-Installationsordner „skin“), und ändert in der darin enthaltenen Datei „skin.ini“ im Bereich [Pagebar Skin] die Werte Padding Top und Padding Bottom von 0 auf z.B. -4.

Der bisherige, alte Skin ist verschwunden und bei Opera 9.5 auch nicht mehr optional dabei, die ehemalige Standard-Oberfläche funktioniert jedoch auch problemlos mit Opera 9.5: man kann sie sich einfach aus einer älteren Opera-Version kopieren und mit der neuen Version benutzen.

Vom Expertenbrowser zum Firefox-Klon

Es wird gerne unterstellt, dass sich die beiden „Großen“, Firefox und Internet Explorer, ihre Ideen oft vom innovativen Kleinen – Opera – holen. Doch falls das stimmt, übernehmen sie Innovationen nicht eins zu eins, sondern bauen die ehemaligen Opera-Konzepte nur unvollständig oder angepasst in ihre eigenen Produkte ein. Opera kommt dadurch in eine Zwickmühle: bleibt man den eigenen Strategien treu, unterscheidet man sich zu sehr von den Konkurrenten und macht es Umsteigewilligen unnötig schwer. Rückt man man hingegen von seinen eigenen Erfindungen zu weit ab, gibt man Vorteile auf und verprellt die Stammnutzerschaft.

Opera hat sich mit Version 9.5 endgültig für den letzteren Weg entschieden. Der unbeschreibliche Erfolg, den Firefox in den letzten Jahren hatte, ist nicht ohne Auswirkungen auf die Konkurrenz geblieben. Opera versucht immer stärker, sich am Konzept von Firefox zu orientieren: heraus kommt ein in der Grundkonfiguration einfach und übersichtlich zu bedienender Browser. Die vielen Expertenfunktionen, für die Opera früher berühmt war und noch immer ist, werden zunehmend versteckt, ausgeblendet, weniger gepflegt und weiterentwickelt. Die Funktionen sind alle noch vorhanden, langjährige Operaner haben jedoch zunehmend Mühe, sie wiederzufinden, Neueinsteigern wird es sehr schwer gemacht, die umfassenden Möglichkeiten von Opera überhaupt zu entdecken. In der Bedienung passt sich Opera gnadenlos dem Mainstream an und verschreckt dadurch die bisherige Stammkundschaft.

Auffälligstes Beispiel sind die Tastenkürzel: eine der Stärken Operas waren die Ein-Tasten-Aktionen: mit nur einem Tastendruck ließen sich Leisten ein- oder ausblenden, Ansichtsmodi ändern oder man konnte durch die Seiten navigieren. Diese Möglichkeit ist noch vorhanden und reaktiverbar, standardmäßig jetzt jedoch deaktivert.

Geändert haben sich auch die regulären Tastenkombinationen. Statt mit Strg+Alt+Z (eine Tastenkombination, mit der man in vielen Programmen den letzten Schritt rückgängig machen kann) verhält sich Opera nun wie Firefox, wenn man einen Tab wieder hervorzaubern möchte: nur mit Strg+Hochstelltaste+T kommen schon geschlossene Tabs wieder zum Vorschein. Ebenso beim Schließverhalten der Tabs passt sich Opera weiter an: schloss man bisher einen geöffneten Reiter, dann sprang Opera nicht zum rechts danebenliegenden Tab (wie bei Firefox), sondern zum zeitlich zuvor geöffneten. Dieses Verhalten kann man nun auch auf die Firefox-Methode umstellen, eine Möglichkeit, deren Fehlen viele eingefleischte Firefoxler bislang von der Nutzung Operas abgehalten hatte. Aber selbst hierbei hat Opera einen Bug eingebaut: das neue Tabverhalten funktioniert nur, wenn man zum Schließen des Tabs eine MDI-Schaltfläche oder ein Tastenkürzel benutzt: klickt man direkt zum Schließen auf den Tab, ignoriert Opera die neue Einstellung.

Opera-Synchronisierungs-DialogDoch bei aller Imitation: Opera steht weiterhin für Innovation. Revolutionär (und damit wahrscheinlich, dass die anderen Browserhersteller bald nachziehen werden) ist die Synchronisierung von persönlichen Daten über Rechnergrenzen hinweg: Lesezeichen, Notizen, Schnellwahl-Einstellungen oder die Einträge der persönlichen Lesezeichenleiste lassen sich übers Internet an Opera senden – und von jedem Rechner, der auch Internetanschluss hat, jederzeit wieder abrufen. Mit einem Klick hat man auf diese Weise verschiedene Operainstallationen mit denelben vorhandenen Einstellungen und Daten vorliegen – manuelles Nachkonfigurieren oder Abgleichen entfällt. Privatsphärensensible Menschen werden die Hände über der Tastatur zusammenschlagen, doch doch wer der Firma Opera vertraut, nicht nur einen Rechner für den Internetzugriff benutzt und verantworten kann, dass u.U. schützenswerte Daten wie Lesezeichensammlungen bei Dritten landen, findet hierin eine geniale Arbeitserleichterung und Browserveraltung.

Beinahe ebenfalls revolutionär: Die neue Schnellsuche (nicht zu verwechseln mit der schnellen Textsuche beim Eintippen eines Punktes plus Suchwort): wie Firefox mit seiner „awesome bar“ wurde auch die Adressleiste bei Opera um Einiges mächtiger gestaltet. Dahinter verbirgt sich jedoch nicht nur die komplette „History“ zum Auffinden von bereits besuchten Internetseiten, sondern die Funktion übertrifft die Firefox-Funktion enorm: tippt man einen Begriff oder eine Suchphrase in die Adresszeile, listet Opera nicht nur alle Seitentitel und Dateinamen der Seiten auf, die man in der Vergangenheit bereits aufgerufen hatte, sondern durchsucht die gesamten noch zwischengespeicherten Webseiten nach den entsprechenden Wörtern. Tippen Sie bei Opera z.B. die Phrase „beinahe ebenfalls revolutionär“ in die Adresszeile, dann finden Sie blitzschnell die Internetadresse dieses Artikels wieder und somit später spielend leicht hierher zurück. Ein erster Schritt hin in die Zukunft, in der man sich keine speziellen Internetadressen mehr merken muss, sondern nur noch Namen und Stichwörter.

aufgeklappte Adresszeile
einmalig: Volltextsuche über die Adresszeile bei Opera

Neben all den großen Änderungen kommen auch die kleineren Verbesserungen nicht zu kurz. Das Programm selbst ist schneller geworden: man braucht unter Windows XP nicht mehr gefühlte Stunden warten, bis das Programm nach dem Schließen des Browserfensters tatsächlich beendet ist und der Rechner z.B. heruntergefahren werden kann. Auch der Aufbau von Internetseiten scheint flotter vonstatten zu gehen. Einzelne Fenster lassen sich endlich als Sitzung abspeichern – bislang konnte man bei mehreren offenen Browserfenstern nur alle gemeinsam archivieren. Auch gelingt es Opera endlich, mehrere verschiedene Favicons in den Lesezeichen anzuzeigen, auch wenn diese von derselben Domain stammen. Neben dem Wiederherstellen von bereits geschlossenen Reitern lassen sich nun auch komplette, versehentlich geschlossene Fenster wieder zum Vorschein bringen. Die Statuszeile ist standardmäßig wieder aktiv und dient nun auch als Platz für erweiterte Einstellungen wie Seitengröße oder Graphikanzeige.

Praktischerweise abgeschafft wurde hingegen die Möglichkeit, beliebige Objekte einfach auf irgendwelche Leisten ziehen und ablegen zu können – etwas, was manchmal zu oft unbeabsichtigterweise geschah, wenn man mit der Maus z.B. an Graphiken „hängenblieb“. Zum Verschieben oder Hinzufügen von Elementen hält man nun die Hochstell-Taste gedrückt.

Geblieben sind dafür – neben den neu hinzugekommenen Fehlern – einige alte Bugs. Das Fenster für die Einstellungen z.B. friert noch immer für eine Weile ein, wenn man etwas geändert hat und den Dialog schließen möchte:

Leeres Einstellungsfenster
Vertrautes Bild bei Opera nach dem Ändern von Einstellungen

Weiter ist unter Linux ein alter Fehler von früher wieder aufgetaucht: das „weiche, fließende Scrollen“ ist oft alles andere als weich und fließend.

Fazit II

Durch die absichtlich bewusst simple Grundkonfiguration versteckt Opera seine Stärken – und ist von Firefox kaum noch zu unterscheiden. Auffällig sind dann auf den ersten Blick nur noch die Punkte, die Opera im Gegensatz zu Firefox nicht beherrscht: gute Betriebsystemintegration, Autovervollständigung oder ein Kontextmenü in den Lesezeichen und das Verschiebenkönnen dieser direkt im Menü. Dennoch: die Funktionsvielfalt Operas (herausragend: Volltextsuche im Verlauf über die Adressleiste) wird von anderen Browsern nicht annähernd erreicht, Opera bleibt weiterhin ein Internetprogramm für Experten – auch wenn der Hersteller alles daran setzt, auch für Anfänger und weniger technisch Versierte attraktiver zu werden. Zumindest optisch scheint dies inzwischen gelungen: Bei der Oberfläche ist Opera mutiger und sieht auf allen System gleich schick aus. Und nicht zu vergessen: im Gegensatz zu Firefox läuft das aktuelle Opera noch immer unter Windows98, WindowsME und sogar Windows95. Auch älteste Linuxdistibutionen machen keine größeren Probleme mit Opera.
Artikelende

Weiterführendes…

Failfox 3
Mozilla hat sich übernommen und konnte den Ansturm nicht bewältigen

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Golem beleuchtet ausführlicher das Firefox-Sicherheitskonzept

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(engl.)

Firefox 3.0 pfeift auf die Privatsphäre
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ist nicht ganz so zufrieden mit Firefox 3

Der Einäugige unter den Blinden
Für den Wegfall des Stop-Buttons, gegen Prefetching und sinnvolle Erweiterungstipps: Firefox-Rezension bei F!XMBR

Zockblog.org
Der Trend geht zur Doppelrezension: Andreas Heck über Firefox 3 und Opera 9.5

Mehr zum Thema Firefox & Co. auch im
Dossier „Webbrowser“

Kommentare


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