Wer sein Fahrrad verkehrssicher im Straßenverkehr bewegen möchte, braucht Reflektoren an den Rädern. Früher waren gelbe Katzenaugen zwingend vorgeschrieben, heute hat der moderne Radfahrer auch andere Möglichkeiten, für seitliches Gesehenwerden zu sorgen. Silberne Speichenreflektoren in Stäbchenform und reflektierende Reifen sind die modernen Alternativen. Der Effekt von Reflektoren bei Dunkelheit und Dämmerung ist nicht zu unterschätzen, gerade bei (noch) nicht eingeschaltetem Licht oder eben der seitlichen Ansicht. Alle in Deutschland zugelassenen Fahrrad-Radreflektoren im Praxistest.
Die Fahrradfahrer in Deutschland haben seit einiger Zeit die Wahl, wie sie der Reflektorpflicht an ihren Rädern nachkommen wollen. Waren früher nur orangefarbene („gelbe“) Katzenaugen erlaubt, sind inzwischen auch silberne Speichen-Reflektorstäbchen oder weiß reflektierende Reifen zugelassen. Die alten Katzenaugen sehen immer ein bisschen provisorisch aus, verbreiten das Flair von Kinderfahrrad oder radfahrendem Rentner mit Anhänger und Gepäckträgertaschen und wirken irgendwie altmodisch. Die billigen Modelle verrutschen leicht, und das schreiende Gelb-Orange passt manchmal nicht sonderlich gut zur Gesamtoptik des Rades.
Da sich viele designorientierte, sportliche Radfahrer an diesen gelben Speichenreflektoren stören, sieht man im Straßenbild nun auch immer öfter Räder nur mit reflektierendem Ring am Reifen oder einzeln mit Stäbchen eingekleidete Speichen. Reflektierende Fahrradreifen sind quasi schon Standard bei höherwertigen Rädern geworden. Der Reifen selbst dient dadurch als Reflektor, was das Fahrrad sehr gut sichtbar macht, allerdings keinen Rotationseffekt während des Fahrens ergibt.
Alle zulässigen Reflektoren gemeinsam: Katzenauge, reflektierende Speichenstäbchen und reflektierender Streifen auf dem Reifen
Im Rahmen des Artikels „Das verkehrssichere Fahrrad“ vom April 2011 wurden 3 Räder mit jeweils allen drei zulässigen Reflektorarten ausgestattet: ein Mountainbike, ein Trekkingrad sowie ein „Citybike“. Alle Räder wurden ein Jahr lang in typischen Fahrsituationen genutzt: das Stadtrad vor allem bei schönem Wetter für kurze Strecken innerorts, das Trekkingrad bei Touren auf Straßen, Feld- und Waldwegen und das Mountainbike selbst bei Schnee und Eis im Gelände. Der nunmehr über ein knappes Jahr andauernde Praxistest zeigte nun die Stärken und Schwächen der verschiedenen Reflektorenarten auf. Wir vergleichen Reflexionsfähigkeit, Preis, Haltbarkeit und allgemeine Tauglichkeit.
1. Der reflektierende Reifen
Ganz gut schnitt der reflektierende Ring ab, der direkt auf den Reifen aufgebracht ist. Die Reflexionsfähigkeit ist auf allen Reifen immer noch relativ gut, die Sichtbarkeit im Dunkeln gegeben. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Reflexionsfläche sehr schnell verschmutzt, bedingt durch die Nähe zum Asphalt. Mindestens eine Stelle des Reflexstreifens befindet sich ständig in Bodennähe, sodass es zwangsläufig beim Durchfahren von Matsch, Dreck und Staub zu Verunreinigungen kommt. Der Reifen reflektiert nach einiger Zeit nicht mehr gleichmäßig, sondern je nach Verschmutzungsgrad der entsprechenden Stelle nur noch eingeschränkt. Ein gleichmäßiges, ringförmiges Reflexionsbild – der eigentliche Vorteil dieser Reflektorart – wird somit nicht mehr zu 100 % erreicht, der zusammenhängende Ring ist jedoch weiterhin gut als solcher erkennbar, auch wenn er etwas ausgefranst wirkt. Dauerhafte Abhilfe ist kaum möglich, denn ständiges Säubern des Fahrradreifens ist – anders als etwa bei Speichen aus Metall oder Einzelreflektoren aus Kunststoff – nicht wirklich praktikabel.
Ein gravierenderes Problem stellt die Haltbarkeit dar: Obwohl für den Test Markenreifen verwendet wurden und die Reifen an sich bei allen Fahrradtypen keinen hohen Abnutzungsgrad aufweisen, d.h. das Profil weiterhin ausgeprägt ist, gilt dies nicht für den darauf befindlichen Reflexstreifen. Der Streifen löst sich stellenweise ab. Interessanterweise ist die Auflösungserscheinung beim nicht im Gelände oder auf anspruchsvollen Wegen bewegten Stadtrad am größten. Vermutet werden kann hier ein Zusammenhang mit der geringen Dicke des Reifens – der Reflexstreifen befindet sich sowohl sehr dicht an der Felge als auch an der Kontaktstelle zum Boden und wird dadurch offenbar stärker in Mitleidenschaft gezogen als die Trekking- und Mountainbike-Reifen, die breiter sind und bei denen der Reflexstreifen etwas mehr Abstand zu Straße und Felge hat. Insgesamt ergibt sich der Anschein, dass die Kombination von Reflex- und Reifenmaterial noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
In der Anschaffung ist diese Form des Reflektors vergleichbar günstig wie die klassischen Katzenaugen (da man sie nicht einzeln erwirbt, sondern nur einen Aufpreis für den Reifen zahlt), doch auf lange Sicht gesehen ist sie die teuerste. Denn austauschbar sind die Reflexstreifen nicht, es gibt keine Ersatzreflexstreifen, die man auf den Mantel aufbringen könnte. Zum Erneuern des Reflexringes ist also der Austausch des gesamten Reifens vonnöten.
2. Die reflektierenden Speichenstäbchen
Die Stäbchen aus reflektierendem Material, die praktisch um die Speichen gewickelt werden („aufgeklippt“), hinterlassen ebenfalls gemischte Gefühle. Einerseits sind sie nicht unerwünscht auffällig-orange, andererseits sieht ein komplett mit Stäbchen bestücktes Rad, bei dem jede einzelne Speiche ummantelt ist (und das muss es, damit es die Anforderungen an die Verkehrssicherheit erfüllt – nur wenige Stäbchen sind als alleinige Reflektorart nicht zugelassen), auf seine Weise etwas sonderbar aus. Ein ästhetischer Gewinn wie bei den Reflexreifen ist jedenfalls kaum festzustellen. Dafür sind die Reflexstreifen diejenige Reflektorart, die am meisten reflektiert: durch die Rund-um-Anbringung um die Speichen und die verschiedenen Winkel die sich durch die Schrägen der jeweiligen Speichen ergeben, werfen Speichenreflektorstäbchen das einfallende Licht am effektivsten zurück. Ein mit diesen Stäbchen ausgestattetes Rad wird in Dunkelheit und Dämmerung auch noch aus einem großen Betrachtungswinkel am besten wahrgenommen.
Dies gilt aber zunächst nur für frische Stäbchen im Auslieferungszustand. Denn das feinkörnige Material, aus denen die Stäbchen an der Oberfläche bestehen, die reflektierende Schicht an sich, ist ebenso wie die Reifenstreifen sehr anfällig für Schmutz und Staub. Der ganz normale Straßenstaub setzt den Stäbchen bereits vergleichsweise stark zu. Auch die Stäbchen verlieren daher etwas ihrer Reflexionsleistung, wenn man das mit ihnen ausgestattete Fahrrad nicht nur in der Garage bewegt. Reflektorstäbchen lassen sich zwar besser reinigen als Reifenreflektoren, da man nicht über Gummi wischen muss und dessen Partikel dann auch noch auf dem Reflektor verteilt – aber die Reinigung ist umständlich, da jedes Stäbchen einzeln und behutsam gesäubert werden muss. Dennoch ist die Rückstrahlleistung im direkten Vergleich mit den Reifenreflektoren noch immer besser, die Stäbchen werfen das Licht bei leichter Verschmutzung stärker zurück als die reflektierenden Reifen, was offenbar mit der Rundum-Reflexionsfähigkeit zusammenhängt, die über die zweidimensionale Fläche eines Reflexstreifens hinausgeht.
Überzeugen können die Stäbchen auch beim Punkt Haltbarkeit. Im Testzeitraum ging an keinem Rad auch nur ein einziges Stäbchen verloren oder gar kaputt. Allerdings war von Zeit zu Zeit zu beobachten, dass sich die Stäbchen, beginnend von der zum Radrand zeigenden Seite, von den Speichen zu lösen begannen. Hier scheinen die Zentrifugalkräfte ihren Tribut zu fordern. Ohne Nachjustieren und gelegentliche Kontrolle auf festen Sitz wäre es wohl unweigerlich zum Verlust von einzelnen Stäbchen während der Fahrt gekommen. Es ist also keine schlechte Idee, immer ein paar Ersatz-Stäbchen zusätzlich zur Verfügung zu haben.
Preislich liegen die reflektierenden Stäbchen etwa in der Mitte: ein kompletter Satz für sämtliche Speichen von Vorder- und Hinterrad entspricht zwar fast schon den Kosten von billigen Neureifen, doch sie sind immer noch günstiger als der Neukauf von hochwertigen Reifen mit aufgebrachtem Reflexstreifen – und vor allem lassen sie sich günstig und auch einzeln ersetzen.
Im Neuzustand und für Schönwetterfahrer sind die Stäbchen ebenso wie die Reifenreflexringe eine optimale Wahl. Für Wind- und Wetterradler ist eine gelegentliche Reinigung und ggf. das Ersetzen verlorengegangener Stäbchen unabdingbar.
3. Die Katzenaugen
Die klassischen Speichenreflektoren bieten ein überraschendes Ergebnis: das Katzenauge ist der ungeschlagene Sieger in unserem Test. Keiner der Speichenreflektoren ging verloren oder wurde beschädigt. Das liegt auch daran, dass heutige Speichenreflektoren nur dann zugelassen sind, wenn sie mit einer zusätzlichen Sicherung gegen versehentliches Herausfallen ausgestattet sind, also etwa kleinen Metallklammern in den Aussparungen für die Speichen oder einer Aufklipp-Vorrichtung.
Durch ihre Position am Rad und die glatte Oberfläche verschmutzen Katzenaugen auch nicht so leicht wie die anderen beiden Reflektorarten. Die Reflexionsleistung ist selbst trotz leichter Verunreinigung weiterhin akzeptabel, andernfalls sind sie bei starker Verschmutzung am leichtesten zu reinigen.
Das gelbe Katzenauge reflektiert am meisten Licht und wirkt am intensivsten – jedoch kleinflächig und nur bei perfektem Lichteinfallwinkel
Abzüge für die Katzenaugen gibt es ausgerechnet bei der grundsätzlichen Reflexionsleistung: Katzenaugen reflektieren optimal nur in einem begrenzten Blickwinkel, hier sind sie den Reflexstreifen und Speichenstäbchen deutlich unterlegen, die einem größeren Sichtwinkel abdecken. Dieser konstruktions- und anbringungsbedingte Nachteil gleicht sich jedoch bei diesem Test durch die stärkere Verschmutzungsanfälligkeit der anderen Reflektorenbauweisen teilweise aus.
Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis haben ebenfalls die Katzenaugen. Sie sind günstig in der Anschaffung, halten länger als Reifen und Reflexstäbchen – und sind einfach zu ersetzen.
Fazit
Die Reflexstreifen auf den Reifen machen insgesamt eine gute Figur, aufgrund des schnellen Verschmutzens eignen sie sich aber nicht als alleinige Reflektorart, wenn man auf Sicherheit und optimales Gesehenwerden Wert legt. Besser noch schneiden die reflektierenden Speichenstäbchen ab, die länger und mehr Licht reflektieren – und sehr viel mehr, wenn man tatsächlich jede einzelne Speiche damit ausrüstet. Kaum heller, aber sehr viel günstiger sind dagegen die altbekannten gelben Katzenaugen, die jedoch nicht die von Reflexstreifen oder Speichenstäbchen ermöglichte zusätzliche seitliche Reflexion bieten.
Nach diesem Test kann man festhalten: Reflektierende Reifen sind nicht verkehrt. Wenn man die Wahl hat, empfiehlt sich immer der Kauf von Reifen mit Reflexring. Ein Fahrrad ist bezüglich der Räder dann jedenfalls verkehrstüchtig. Zusätzliche Reflektoren in den Speichen schaden jedoch auch nicht, da sie die nichtsdestotrotz bestehenden Nachteile der Reifen auffangen können. Ob zusätzliche Katzenaugen oder Reflexstäbchen für die Speichen, das bleibt dann letztlich dem persönlichen Geschmack überlassen. Ein Fahrrad ohne reflektierende Reifen nur mit Speichenstäbchen straßenzulassungstauglich zu machen, ist jedoch vergleichsweise teuer. Hier empfiehlt sich weiterhin das Anbringen von insgesamt klassischen Katzenaugen, optional ergänzt mit einigen wenigen reflektierenden Speichenstäbchen.
Wir empfehlen das Kombinieren von Reflexreifen und mindestens einem Katzenauge oder wenigen Speichenstäbchen pro Laufrad – damit erreicht man ein gutes Gesehenwerden und gleicht die Nachteile der Reflexionsarten gegenseitig aus. Die auf den Reifen aufgebrachten Reflexstreifen sind eine gute Ausgangsbasis, um der Straßenverkehrszulassungsordnung Genüge zu tun, wenn man dafür die 4 klassischen Katzenaugen pro Fahrrad vermeiden möchte. Wer wirklich gut gesehen werden will, nimmt dann zusätzlich noch ein Katzenauge oder eine Handvoll Reflexstäbchen pro Rad hinzu. Allein schon deshalb, weil bei Reifenreflexstreifen die Rotationswirkung fehlt: auch ein sich drehendes Rad mit Reflexring wirkt statisch, da sich der Ring an sich nicht zu bewegen scheint. Katzenaugen oder Reflexstäbchen hingegen erzeugen einen auffälligeren Effekt.
Die Reflexstäbchen als alleiniges Mittel der Wahl hingegen sind weniger sinnvoll. Sie lösen sich zu leicht von den Speichen – und sobald nur ein Stäbchen fehlt, erlischt dem Gesetz nach die Verkehrssicherheit des gesamten Rades – und der Preis für einen Komplettsatz an Speichenstäbchen für zwei Räder steht in keinem Verhältnis zu den Kosten für Katzenaugen oder den Aufpreis für reflektierende Reifen.
Die klassischen Katzenaugen sind dabei weiterhin erste Wahl für langfristig gutes Gesehenwerden. Wer das Optimum erreichen will, kombiniert aber auch Katzenaugen mit einigen Reflexionsstäbchen oder reflektierenden Reifen – wegen der besseren Schrägreflexion der weißen Varianten und der unterschiedlichen Farben. Weniger ist in diesem Fall einmal nicht mehr, wenn man Wert auf gutes Gesehenwerden im Straßenverkehr legt.
Bekommt man die Speichenstäbchen denn nur im Komplettpaket oder kann man sie auch einzeln kaufen?