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Netscape-Mozilla-Konqueror

Viel Spaß beim Bieten!
Ebay zum Abgewöhnen oder warum Erbsenzähler nicht mitbieten sollten





Ebay macht süchtig

Ebay hat unsere Lebensgewohnheiten nachhaltig verändert. Wer einmal Ebay-Luft geschnuppert hat, der ist infiziert - chronische Ebaytonie. War Ebay in den Anfängen nichts weiter als ein etwas anderer Flohmarkt für Eingeweihte, so hat sich das Onlineauktions-Prinzip inzwischen zu einem riesigen Apparat entwickelt, der den etablierten Verkaufskanälen gehörig Konkurrenz macht. Und der uns im Alltag wie selbstverständlich begleitet. Steht irgendein Kaufwunsch im Raum, dann wird zuallererst bei Ebay nachgesehen, ob sich nicht vielleicht ein Schnäppchen machen lässt. Dinge, die man schon immer mal haben wollte, aber die es nicht mehr gibt oder die im Einzelhandel zu teuer waren, findet man nun bei Ebay. Ein Eldorado für Sammler, Schnäppchenjäger und Nostalgiker.

Da sich Käufe und Verkäufe auf einer Onlineauktionsplattform etwas vom klassischen Handel unterscheiden, hat sich passend zum Medium auch eine ganz eigene Kaufkultur entwickelt. Wo sonst außer bei Ebay und Konsorten würde man nach getätigtem Geschäft sein Gegenüber mit einem Einzeiler bewerten? Oder wo würde man blindlings mitunter horrende Summen an Unbekannte überweisen - um dann in aller Seelenruhe darauf zu warten, dass jener ein Paket auf den Weg bringt?

Doch stellenweise leidet die Verkaufskultur: das Bild vom vermeintlich mega-einfachen Einkaufserlebnis wird gestört von allerlei Fettnäpfchen und Unzulänglichkeiten, die einerseits den typischen Erbsenzähler auf die Palme und andererseits den typischen Onlinekäufer zur Verzweiflung treiben. Hier ein paar Beispiele:



Viel Spaß beim Bieten!


Der gemeine Verkäufer bei Ebay fürchtet nichts so sehr wie den sogenannnten "Spaßbieter". Ein Spaßbieter, das ist jemand, der bei Auktionen kräftig mitbietet - und dann nicht im Traum ans Bezahlen oder Abnehmen der Ware denkt. Sei es, weil er das Produkt seiner Begierde zwischenzeitlich im Laden um die Ecke oder beim nächsten Ebay-Verkäufer eine HTML-Seite weiter viel billiger bekommen hat oder weil er eben nur "aus Spaß" mitbietet, um unschuldige Verkäufer zu ärgern oder den anderen Mitbietern die Preise zu verderben - egal, Spaßbieter machen alles andere als Spaß und werden daher mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft: das reicht von der einfachen Bitte "keine Spaßbieter!", über die Ankündigung von pauschalen Konventionalstrafen, die bei Nichtabnahme des Ersteigerten zu zahlen seien, bis zur versteckten oder offenen Drohung mit der anwaltlichen Keule ("...mein Onkel ist Anwalt!" bzw. "...ich werde Spaßbieter per Gericht gnadenlos zum Kauf zwingen!"). Also alles in allem ideale Bedingungen für eine vertrauensvolle Handelsbasis.



Ü-Ei-Figuren auf Teppich
bei Ebay dicht nebeneinander: billiger Krimskrams und teure Sammlerobjekte



Halten wir also fest: Ebayverkäufer verbitten sich Spaßbieter - rufen dem Kaufwilligen in aller Regel am Ende der Auktionsbeschreibungstexte oft aber gleichzeitig ein lautes "Viel Spaß beim Bieten" hinterher... ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Bei dieser Beschwörungsformel, die sich bei Ebay regelrecht eingebürgert hat und genau wie die EU-Rechts-Formel wohl auf ewig Bestand haben wird, scheiden sich die Geister: die einen nehmen diesen Satz schon gar nicht mehr richtig wahr, weil er irgendwie schon fast zu jeder Auktionsseite dazugehört und die anderen regen sich immer wieder aufs Neue auf, weil sie vor lauter Belanglosigkeit nicht wissen, wohin mit dem Frust, denn da sich fast jeder Dritte mit diesem legendären Biet-Wunsch auf seinen Angeboten schmückt, wird "Viel Spaß beim Bieten" zu einer nervenden Angelegenheit, die umso mehr albern und deplaziert wirkt, wenn sich gewerbliche Händler damit brüsten. Denn dadurch, dass diesen Spruch beinahe jeder verwendet, wird er zu dem, was er heute ist: eine Floskel - und hat somit keine echte Aussagekraft. Das wäre ja nicht mal das Schlimmste, aber wer von uns hat schon Spaß beim Bieten? Spaß beim "Gewinnen" einer Auktion oder Freude beim Erhalt der Ware oder Glück nach einem erhaschten Schnäppchen, aber Spaß beim Bieten? Irgendwie klingt das nicht überzeugend.

Von überzeugten Anwendern dieser "Beschwörungsformel" bekommt man zu hören, sie beabsichtigten mit diesem Satz eine "verkaufssteigernde Wirkung" oder ein Hervorrufen von "Bieterlaune" beim Interessenten - und erreichen doch nur das Gegenteil: der potentielle Käufer hält den Anbieter für ein ganzes Stück oberflächlicher, ja im schlimmsten Fall sogar unseriös, da er es nötig hat, mit Floskeln von der Beschaffenheit seiner Angebote abzulenken.

Man stelle sich einmal vor, Automatenaufsteller würden ihre Kisten mit Sprüchen wie "Viel Spaß beim Geldeinwerfen" bekleben. Genausogut könnte man seinen Ebay-Handelspartnern auch "Viel Spaß beim Verschicken" oder "Viel Spaß beim Geldüberweisen" in die Bestätigungsmails schreiben.



Herzlichen Glückwunsch!

Schlimmer als die Bietspaß-Floskeln sind eigentlich nur noch ebenso sinnfreie Glückwunschformeln, die ihrem Wesen nach zu allem Übel meist auch noch an exponierter Stelle auftauchen. Ebay höchstpersönlich beglückwünscht z.B. den Einstellenden bei erfolgreich absolviertem Hochladen eines Angebotes - und sagt ihm damit unvermittelt ins Gesicht, wie viel es von seinen Fähigkeiten hält, ein paar Textfelder auszufüllen und Checkboxen anzuhaken. Aber es ebnet damit ebenso auch den Weg für diejenigen, die sich daran gleich ein Beispiel nehmen:

Jeder Zweite, von dem man nach Auktionsende eine E-Mail mit den Kontodaten erhält, beginnt diese mit dem netten Spruch "Herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Auktion". Davon abgesehen, dass man keine Auktion gewonnen, sondern schlicht und einfach einen Kaufvertrag abgeschlossen hat ("Glückwunsch zum erfolgreichen Vertragsabschluss" klingt wohl zu kleinbürgerlich), muss ich mich wirklich einmal fragen, was mein Gegenüber mir damit eigentlich sagen will, zumal wenn man auch noch alleiniger Mitbieter war:

Wozu die Glückwünsche? Dafür, dass ich so dämlich war, auf einen Artikel zu bieten, den sonst keiner haben wollte? Dafür, dass ich es geschafft habe, im richtigen Moment den "Bieten"-Knopf" zu treffen? Ich werde künftig wohl des öfteren irritiert sein, wenn mir beim Bäcker, im Supermarkt oder sonstwo diese vertrauten Worte versagt bleiben: "Hier, Ihre Brötchen, Herzlichen Glückwunsch!"



Überweisung Plus

Irgendwann letzes Jahr muss es gewesen sein, da erhielten Verkäufer bei Ebay plötzlich die Möglichkeit, ihre Auktionen weiter zu automatisieren, indem sie ihre Kontodaten gleich bei Ebay hinterlegen konnten, ohne dass sie nach Ablauf der Auktion noch eine E-Mail an den Käufer verschicken oder die Daten ungeschützt in der Warenbeschreibung selbst unterbringen mussten.

Dem Käufer wurde dies durch ein knalliges orangefarbenes Symbol mit der Aufschrift "Überweisung+" auf der Artikelseite gezeigt. Dieser sah das Symbol, erkannte, dass der Verkäufer Überweisung Plus anbot und surfte gleich weiter zum nächsten (Konkurrenz-)Angebot. Denn er konnte sich mit etwas Phantasie ausmalen: er würde sich nach der Auktion die Überweisungsdaten selbst auf den Ebay-Seiten zusammensuchen dürfen, und das hieße folgendes:

+   Online gehen
+   zu Ebay surfen
+   passende Angebotsseite suchen
+   "Überweisung +" anklicken
+   Benutzernamen und Passwort eingeben
+   durch diverse unübersichtliche Seiten klicken
+   Kontodaten suchen
+   irgendwann vielleicht merken, dass man mit deaktiviertem JavaScript surft
+   Javascript aktivieren
+   Kaufabwicklung erneut laden
+   Kondotaten anzeigen lassen
+   Kontodaten abschreiben oder
+   feststellen, dass der Verkäufer doch keine Daten hinterlegt hat.

Jetzt wissen wir auch, warum Ebay die Sache Überweisung "+" genannt hat... denn außer höheren Einnahmen für Ebay ergibt sich daraus andernfalls kein wirklicher Zusatznutzen. Auf jeden Fall aber dürfte klar sein, für welches von zwei ansonsten gleichen Angeboten sich ein Käufer entscheiden wird, wenn er die Wahl zwischen Überweisung Plus und einer klassischen E-Mail hat. Denn im allerschlimmsten Fall schaltet der Verkäufer bei Problemen auf stur und verpasst dem vermeintlich unfähigen Kunden, der es aus Überzeugung oder Unwissenheit nicht schafft, mit nicht vorliegenden Überweisungsdaten Geld zu transferieren, eine negative Bewertung im Profil, statt ihm die Daten einfach zusätzlich zu mailen. Und "eine Negative" zu kassieren ist bei Ebay sogar noch schlimmer, als einem Spaßbieter aufzusitzen.


 
Augenkrankheiten, TOP!!!
 
Selbst wenn ein Verkäufer die bisher erwähnten Peinlichkeiten vermieden hat, begeht er in vielen Fällen den Kardinalsfehler im Onlinehandel: HTML im Übermaß. Puristen schwören ohnehin auf den schnörkellosen, reinen Text von Verkaufsangeboten, der eine optimale Vergleichbarkeit der Angebote ermöglicht - aber auch mittels HTML gestaltete Seiten können recht angenehm aussehen und steigern u.U. tatsächlich die Kauflust beim potentiellen Kunden - wenn es sich in Grenzen hält.

Würden Sie hier freiwillig kaufen?(wenn Ihr Browser keine abschaltbaren GIF-Animationen unterstützt, tut's mir leid... versuchen Sie trotzdem durchzuhalten...)

Aber man muss z.B. bei Ebay nicht lange suchen, bis einem ein besonders grauenvolles Design im Browser begegnet: da wird hellgelbe Schrift auf weißem Grund produziert, durch dunkle Hintergrundfarben lässt sich der eigentliche Angebotstext nicht mehr lesen, unglücklich gewählte Hintergrundbilder lenken vom Verkaufsobjekt ab, überall zappeln hektisch animierte Graphiken oder der Text selbst hat eine Schriftgröße, die man sich wohl besser auf einer Leinwand, statt des eigenen Monitor ansehen sollte. Auf privaten Anfänger-Homepages lässt man sich das noch gefallen, aber wenn uns jemand damit etwas verkaufen möchte...?! Und was ist mit korrekter Orthografie? Kann man die eigentlich auch bei Ebay ersteigern?

Solche "kreativen" Verkäufer verdienen eigentlich fast schon Mitleid, schießen sie sich durch solche Präsentationen ihrer Ware doch faktisch selbst ins Knie; soll heißen, wenn mir zwei gleichlautende Angebote vorliegen, von denen ich eines nur unter Mühen entziffern kann, ist auch hier mal wieder offensichtlich, welches von beiden ich bevorzugen werde...

In diesem Punkt kann es einem selbst noch egal sein, was unfähige Möchtegern-Händler mit ihren Angeboten treiben, aber spätestens, wenn jemand seine Ein-Euro-Artikel mit unzähligen Bebilderungen zupflastert oder seine Angebotsseite mit nichtssagenden Tabellen, klobigen Graphiken und endlos langen Texten garniert, die die Ladezeiten für Nicht-DSL-Nutzer in astronomische Längen treiben, ist der Spaß vorbei. Aber wenn man seinen Kundenkreis unbedingt künstlich beschränken möchte - bittesehr. Das Nichtbeachten solcher Angebote ist dann auch meine ganz persönliche Genugtuung für die mir gestohlene Zeit und Bandbreite.

Gleiches gilt für die Top-Angebote in der Kategorienauswahl bei Ebay - hier werden auch viele andere schon aus Prinzip nichts anklicken. Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es wird, wenn irgendwann jeder auf die Idee kommt, sein Produktfoto bereits auf der Übersichtsseite anzeigen zu lassen - dann würde es allein schon Ewigkeiten dauern, bis die Seite überhaupt komplett geladen wäre - und der ganze Aufwand für klitzekleine Fotos, auf denen man sowieso nichts erkennen kann.

Apropos lange Texte: es ist ja ganz schön, wenn Verkäufer sich auch mal ein paar Gedanken mehr machen und nicht einfach nur die reine Überschrift als Verkaufsbeschreibung angeben - unter Verzicht auf Produktdetails, mögliche Mängel und Versandkonditonen. Aber auch hier gibt es wieder eine Spezies von Verkäufern, die übers Ziel hinausschießen - und ihre Angebote mit ellenlangen AGB, EU-Rechts-Klauseln und dergleichen bereichern.

Hierzu kann ich stellvertretend für viele andere Genervte nur sagen: Ich habe Besseres zu tun, als mir seitenweise "Geschäftsbedingungen" durchzulesen, bevor ich überhaupt dazu komme, den gewünschten Artikel in die engere Auswahl zu nehmen. Daher nehme ich auch von Offerten Abstand, die mich ausdrücklich an irgendwelche ominöse AGB auf irgendeiner ominösen "mich"-Seiten (tolles Deutsch, Ebay!) verweisen wollen. Wie wäre es denn, wenn Ihnen die Kassiererin im Supermarkt auch jedesmal erst die kompletten Vertragsbedingungen vorlesen würde, wenn Sie mit nur einem Magermilchyoghurt an der Kasse stehen? Aber genau das scheinen Ebay-Verkäufer von ihren Kunden zu verlangen.

Fantastisch finde ich auch JavaScript-Spielereien. Opera- und Mozillanutzer kennen das schon länger: Man hat in einem einzigen Browserfenster z.B. mittels Registerkarten ("Tabs") dutzende Ebay-Seiten gleichzeitig nebeneinander geöffnet, stöbert vergleichend durch die Angebote, und plötzlich poppt ein fettes Hinweisfenster auf den Monitor, in dem in etwa steht "Hier sind Sie richtig bei den besten, tollsten Auktionen...blablubb" - tja, und zu welcher Seite gehörte das nun? - Pech gehabt, lieber Verkäufer, alle Arbeit umsonst.

Ein sehr schönes Indiz, mit dem sich inkompetente Verkäufer netterweise meist selbst entlarven, ist der Zusatz "TOP" in irgendeiner Form und Variation, am besten kombiniert mit unzähligen Ausrufungszeichen, in der Artikelüberschrift. Überall, wo man das liest, muss man damit rechnen, dass der Anbieter seine Profitwünsche überbewertet, keine Ahnung von Rechtschreibung hat, Schrott verkauft oder mal wieder für mehrere Megabyte Fotos und Tabellen in sein Angebot eingebaut hat. Das Klicken auf solche Überschriften habe ich mir schon seit langem abgewöhnt.
 
 
 
Aber was soll's...

Onlineauktionen sind mit eine Art Lebensgefühl unserer Zeit und da nimmt man doch gerne in Kauf, dass sich auch die kleinen Macken und Widrigkeiten zum Angebot gesellen - eben ganz wie im richtigen Leben. Und wenn die Gesetze des Marktes und des Rechts auch manchmal etwas verdreht daherkommen (zwar hat sich "Vorkasse - und dann erst die Ware" statt "erst die Ware - und dann die Rechnung" allgemein durchgesetzt, jedoch passiert es Verkäufern hin und wieder, dass sie dies nicht explizit mit angeben - und sich dann wundern, wenn renitente Zeitgenossen auf Vorablieferung bestehen), gilt die goldene Regel des virtuellen Versteigerns doch weiterhin: einen Klick weiter wartet schon das nächste Schnäppchen.

 



Artikel vom 20.8.2003
letzte Änderung am 24.2.2005

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