Jahre nach der Börseneuphorie in Deutschland, den Jahren des Optimismus und dem goldenen Zeitalter für Banken – und vor allem für Bankkunden – hat sich die Begeisterung gelegt. Viele Kreditinstitute sind scheinbar wieder zum klassischen Privatkundengeschäft zurückgekehrt, ohne besondere Anreize oder Vergünstigungen. Schlecht für den Privatkunden, der möglichst günstig ein Girokonto eröffnen möchte. Es ist zwar nicht mehr so leicht wie früher, ein kostenloses Girokonto zu ergattern, doch es gibt sie noch, die kostenlosen Angebote. Man muss nur ein wenig suchen…
Banken und Sparkassen arbeiten mit dem ihnen anvertrauten Geld, verleihen es weiter oder investieren damit. Überweisungen füllt man längst online am Bildschirm aus, hier ruft man auch die virtuellen Kontoauszüge ab, Bargeld zieht man sich wie selbstverständlich am Automaten und sogar die Einzahlungen schiebt man neuerdings in die unheimlichen „Bankterminals“. All das, was der Bank eigentlich Arbeit machen würde, erledigt König Kunde praktisch selbst, bekommt dafür aber kein Gehalt – und soll dann auch noch in Form von Kontoführungsgebühren für die quasi ehrenamtliche Mitarbeit bezahlen? Kein Wunder, dass viele das nicht mehr einsehen – und nun ihrerseits beginnen, Einsparpotentiale auszuschöpfen – diesmal aber auf Kosten der Bank, nicht auf ihre eigenen Kosten.
gibt es nicht mehr: DiBA, Advance Bank, Entrium, ConSors
Das Ziel heißt: ein kostenloses Girokonto. Doch so leicht ist ein gebührenfreies Konto gar nicht mehr zu finden. Um die Jahrtausendwende war das Börsenfieber ausgebrochen, die Bankenlandschaft in Euphorie, neue Insititute sprossen aus dem Boden und überall bekam man Gelddienstleistungen zum Nulltarif praktisch nachgeworfen. Sogar Gratis-Aktiendepots waren keine Seltenheit. Das zum Massenphänomen gewordene Internet machte es möglich. Inzwischen ist die geplatzte Börsenblase Geschichte und auch im Girokontenangebot herrscht Ernüchterung. Viele Angebote und sogar ganze Banken (z.B. „Entrium“, „Advance Bank“) sind verschwunden bzw. wegfusioniert – und mit ihnen die kostenlose Kontoführung.
Mogelpackungen
Dabei scheint sich auf den ersten Blick nicht viel geändert zu haben: Fast jede Bank wirbt noch immer mit kostenlosen Girokonten. Doch die meisten, oft laut beworbenen Angebote entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung. Da, wo groß kostenlos draufsteht, ist oft kein kostenlos drin. Geworben wird in großen Lettern mit einem absolut kostenloses Girokonto – nur um dann mit einem kleinen Sternchen auf das Kleingedruckte zu verweisen, in dem dann steht, dass die kostenlose Kontoführung nur unter besonderen Bedingungen gewährt wird, z.B. ein monatlicher Mindestbetrag auf dem Konto landet. Dieser Mindestbetrag liegt meistens irgendwo um die 1000 Euro.
Die Postbank wirbt aggressiv für ihr 0-Euro-Konto…
…möchte dann aber sogar mindestens 1.250 Euro monatlich sehen
Bescheidener gibt sich z.B. die GE-Money-Bank: hier hätte man gerne 750 Euro monatliche Geldbewegung, führt aber zusätzlich in die Irre, indem man dem „monatlich“ noch die Bezeichung „Quartal“ voranstellt
Wenn kein Mindestgeldeingang verlangt wird, lautet die Bedingung alternativ oft „Gehaltskonto“: das Konto kann nur dann kostenlos geführt werden, wenn ein Arbeitgeber regelmäßig dorthin Lohn überweist. Als Zweitkonto scheiden solche Modelle damit aus und auch Freiberufler und Selbständige bleiben außen vor. Wiederum andere Banken gewähren kostenlose Girkokontoführung, wenn gleichzeitig ein hoher Sparbetrag dauerhaft auf dem Konto liegt – so etwa die Citibank.
Unsoziale Marktwirtschaft
Gerade die Kontenmodelle mit verlangtem Mindestgehaltseingang sind eine unsympathische Angelegenheit: marktwirtschaftlich (für die Bank) zwar sinnvoll, aber sozial ungerecht und moralisch gar disqualifizierend. Wer sowieso wenig Geld zur Verfügung hat, wird durch den erforderlichen Mindestgeldeingang von den Banken noch zusätzlich „bestraft“. Bankkunden mit geringem Einkommen zahlen dann Kontogebühren – manchmal 3, manchmal sogar fast 10 Euro pro Monat, unabhängig von tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen. Die Geringverdiener finanzieren die kostenlose Kontoführung für Vielverdiener dadurch praktisch mit, die ihrerseits keinen Pfennig für ihre Kontoführung bezahlen. Fast schade, dass Kunden mit ausreichendem Verdienst dieses unsympathische Geschäftsgebaren nicht öfters bewusst wird und sie ihrer Bank die Rote Karte zeigen.
Stand: Juli 2008; Angaben ohne Gewähr
Auch viele Direktbanken (also Banken, die nur über Internet und Telefon zu erreichen sind und keine eigenen Filialen unterhalten), die früher keinen Cent sehen wollten, verlangen mittlerweile einen Mindestgeldeingang, wie z.B. Cortal Consors oder die Comdirect-Bank. Viele kostenlose Konten entpuppen sich daher als ganz normale, gebührenpflichtige Giromodelle, wenn man nicht über das nötige Kleingeld verfügt oder nur ein Zweitkonto sucht, auf dem nur unregelmäßig Geld eingehen soll.
Junge Girokonten: Künftige Kunden an der Angel
Jugendliche, Schüler und Studenten, haben meist keine Probleme, ein kostenloses Konto zu erhalten. Im Grunde jede Bank hält für Jugendliche besondere Angebote bereit. Manchmal ist die Kontoführung ohne Wenn und Aber bis zu einer gewissen Altersgrenze kostenlos, andere Institute verlangen, dass jedes Semester z.B. eine aktuelle Kopie einer Immatrikulationsbescheinigung abgegeben wird. Die Postbank etwa gewährt Kunden bis 26 Jahren ein kostenfreies Konto, Girokonten bei Commerzbank und Deutsche Bank sind für Studenten mit Studiennachweis bis 30 Jahre kostenlos. Der Sinn dahinter: Bankkunden sind eine träge Masse. Wer sich einmal für eine Bank entschieden hat, der wechselt so schnell nicht wieder – zu umständlich wäre das Umstellen der vielen Daueraufträge und Einzugsermächtigungen, das Einbüßen und erneute Auswendiglernen von Geheimzahlen. Banken spekulieren darauf, dass man bei ihnen bleibt, selbst wenn sich der Service irgendwann verschlechtert oder Gebühren anfallen. So schielt man auf frühzeitige Kundenbindung und ködert Jugendliche mit dem zunächst komplett kostenfreien Bankgeschäft. Als Jugendlicher kann man mit diesen Angeboten trotzdem nicht viel falsch machen (denn auch bei von vornherein kostenlosen Angeboten für alle kann man nicht sicher sein, dass sie in ein paar Jahren nicht vielleicht doch kostenpflichtig werden): am besten sucht man sich eine Bank in der Nähe, die über ein gutes Netz an Geldautomaten verfügt, das Kontoguthaben zusätzlich verzinst oder Extras wie kostenlose Kreditkarten anbietet.
Das Girokontenangebot: unübersichtlich
Die Landschaft des Girokontoangebots ist in den letzten Jahren sehr unübersichtlich geworden. Konnte man früher nach der Faustregel verfahren, dass Konten bei Direktbanken kostenlos waren und bei Filialbanken Gebühren kosteten, ist die Situation heute durchwachsener: Viele Direktbanken trauen sich inzwischen, trotz fehlenden Filialangebotes oder spärlich vorhandener Geldautomaten Kontogebühren zu verlangen. Die ING-Diba etwa verlangte nach der Fusion von Diba und Entrium als rein virtuelle Bank lange Zeit Kontoführungsgebühren – mittlerweile bietet sie aber wieder kostenlose Girokonten an. Dafür gibt es andererseits immer mehr klassische Filialbanken, die mit absolut kostenloser Kontoführung locken und damit insgesamt sogar manches Angebot der Direktbanken unterbieten. Es gibt sie also noch, die völlig kostenlosen Girokonten, selbst wenn man weder Jugendlicher noch Gutverdiener ist.
Derzeit bieten u.a. folgende Banken Girokonten an, für die der Kunde keine Kontoführungsgebühren berappen muss:
Stand: Juli 2008; Angaben ohne Gewähr
Regional lassen sich bisweilen noch viele weitere kostenlose Angebote finden, So bieten etwa manche Volksbanken (z.B. Volksbank Berlin, Volksbank Bremen), oder auch die PSD-Banken gebührenfreie Girokonten an – jedoch meist nur, wenn man auch seinen Wohnsitz in den entsprechenden Regionen hat. Auch die Südwestbank bietet ein kostenloses Girokonto für Privatkunden.
Kostenlos ja – aber auch günstig?
Ein kostenloses Konto allein hilft jedoch oft nicht weiter. Von weiteren Faktoren ist abhängig, ob es sich bei einem kostenlosen Konto auch wirklich um ein günstiges Angebot handelt. Was nützt es etwa, wenn zwar keine Kontoführungsgebühren zahlt, dafür aber keinen Geldautomaten findet, an dem man kostenlos Geld abheben kann? Achten sollte man daher z.B. – je nach den eigenen Erfordernissen und Wünschen – auf folgende Punkte:
1. Wie gut ist die Versorgung mit Geldautomaten, wo kann man kostenlos Geld abheben?
2. Bekomme ich die EC-Karte/Bankkarte kostenlos?
3. Wie komme ich am günstigsten an Kontoauszüge? Wie teuer werden zugeschickte Auszüge?
4. Gibt es Zinsen auf das Kontoguthaben?
5. Gibt es Filialen, bei denen man auch mal einen persönlichen Ansprechpartner findet?
6. Bei Direktbanken: sind die Telefonnummern kostenlos oder teure Mehrwertnummern?
7. Wo kann man Geld einzahlen?
8. Was kosten Kreditkarten?
Vorteilhaft ist vor allem, wenn die Bank zu einem Geldautomatenpool gehört: hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener Banken, die an ihren Geldautomaten das kostenfreie Geldabheben auch den Kunden der anderen angeschlossenen Banken erlauben. In Deutschland gibt es 2 große Automatenverbünde, einerseits die „Cashgroup“ (u.a. Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, Postbank, HypoVereinsbank, norisbank, DAB-Bank), und andererseits den „CashPool“ (u.a. Citibank, Degussa Bank, Wüstenrot direct, GE Money Bank, SEB-Bank, Santander, Sparda-Bank, Südwestbank). Als Kunde einer Bank, die einer dieser Automatengemeinschaften angehört, findet man dadurch auch unterwegs recht schnell einen passenden Geldautomaten. Auch Volksbanken und Sparkassen stellen viele Geldautomaten bereit; als Kunde einer Volksbank oder Sparkasse kommt man daher ebenfalls sehr gut an Bargeld ohne draufzuzahlen, denn Geldabheben an Fremdautomaten ist meist sehr kostspielig.
Mit einem kleinen Trick kann man aber auch dann die Geldautomaten solcher Banken benutzen, wenn man bei ihnen kein Girokonto unterhält: Dabei macht man sich zunutze, dass viele Banken ihre klassischen Sparbücher aus Effizienzgründen zum Altpapier getan haben und fast nur noch virtuelle Sparkonten anbieten, zu denen dann auch oft eine sogenannte „Sparcard“ gehört. Man eröffnet einfach ein Sparkonto, auf das sich genau wie auf ein Girokonto Geld überweisen lässt – und hebt es dann mit der Sparkarte, die genauso funktioniert wie eine EC-Karte, am Automaten wieder ab. Mit der Sparcard der Deutschen Bank etwa lässt sich an allen Automaten der Cashgroup Bargeld abheben.
Für Pfennigfuchser bilden die Kontoauszüge eine kleine Falle: selbst gezogen aus dem Kontoauszugsdrucker oder abgerufen im elektronischen Postfach sind sie in der Regel gratis, doch wenn man das Abrufen vergisst, bekommt man sie nach einer Weile automatisch zugeschickt – sowohl von Filial- als auch von den Direktbanken. Dafür werden dann oft Gebühren fällig, zumindest das Porto muss der Kunde meist selbst zahlen. Achten sollte man vor allem bei den Direktbanken auf die Preise für zugeschickte Kontoauszüge, denn wer dann doch einmal (z.B. aus steuerlichen Gründen) Papierkontoauszüge benötigt, zahlt bisweilen kräftig drauf.
Nicht unterschätzt werden sollte auch die Möglichkeit, Geld einzuzahlen. Wer oft Bargeld auf sein eigenes Konto einzahlen muss, hat bei Direktbanken natürlich ein Problem. Während man bei Tochtergesellschaften manchmal bei der Mutterbank (die über Filialen verfügt) trotzdem kostenlos einzahlen kann, sieht das bei reinen Direktbanken oder Banken, die nur einige wenige Filialen am anderen Ende der Republik haben, schon schlechter aus – hier sollte man besser bei einer Bank in der Nähe bleiben. Wer jedoch nur gelegentlich einmal Geld auf sein Girokonto einzahlen muss, hat keine Probleme: Bei jeder beliebigen Filialbank kann man gegen eine Gebühr Bargeld auch auf ein fremdes Konto einzahlen. Aber auch hier gibt es große Unterschiede: Die Deutsche Bank und Commerzbank etwa verlangen für Fremdkonteneinzahlungen 10 Euro, Dresdner Bank und Postbank veranschlagen in der Regel 8 Euro, und manche Sparkassen und Volksbanken ermöglichen Bareinzahlungen auf das Konto einer anderen Bank schon ab 5 Euro.
Fazit
Wer ein kostenloses Konto sucht, wird nach wie vor am ehesten bei einer Direktbank fündig. Gegen Direktbanken spricht in Zeiten des wie selbstverständlich genutzten Internets kaum etwas – man muss nur darauf achten, dass man auch bei den Konten der Direktbanken die Möglichkkeit hat, kostenlos Geldautomaten zu benutzen. Bei den Tochtergesellschaften großer Filialbanken ist das noch am einfachsten: So kommt man als Comdirekt- (Commerzbank) oder Norisbankkunde (Deutsche Bank) recht komfortabel an Papiergeld. Bei unabhängigen Direktbanken kann es schon schwieriger sein, einen Geldautomaten in der Nähe zu finden, für den man bei Benutzung keine zusätzlichen Gebühren entrichten muss. Dennoch lohnt der Blick auch auf regionale Anbieter: Manche „altmodischen“ Banken vor Ort bieten gelegentlich ebenfalls gebührenfreie Konten an – und stechen Direktbanken durch vorhandene Geldautomaten und optionalen, persönlichen Service dann oft aus.
Weiterführendes
Akademie.de
Zum Geschäftskonto kann man nicht gezwungen werdenDas Gute liegt so nah
Nicht mehr ganz aktuelle, aber interessante Zusammenstellung der Stiftung Warentest
Hi
ja, so kanns gehen! Meine (EX)Bank VOBA Waldkirch nördl. Brsg. meinte auch, dass ich jetzt Gebühren für mein Konto zahlen müsste, obwohl ich alles über das Netzt mache. Ich hätte ja kein regelmässiges Einkommen. Zudem hätte ich nur noch begrenzte kostenlose Buchungen zur Verfügung. Zugegeben, hier wurde ich immer noch persöhnlich bediehnt wenn es etwas am Schalter zu regeln gab, aber auch nicht alles kostenfrei. Ich wollte mir das nicht gefallen lassen und habe das Konto gekündigt. Ich bin zwar auf dem Konto von meinem Mann aber eben auch bei einer bescheidenen Bank. Wenn ich Gehalt beziehen will, muss ich ja ein Konto haben, geht ja schon nicht mehr anders.
Ob in der Politik oder in der Wirtschaft, Zahlemann sind immer die „kleinen“, von denen gibt es ja genug!
Aber ich fange an mich zu wehren, hoffentlich tun das immer mehr, denn wie gesagt die Masse machts!!
Grüsse