Die am 1. Juli 2014 verbindlich gewordene Pflicht zum Mitführen einer Warnweste dürfte für manchen Autofahrer überraschend kommen – zumindest in der nächsten Verkehrskontrolle, wenn er keinen reflektierenden Überwurf vorweisen kann. Dennoch ist die neue Vorschrift nicht so eindeutig, wie mancher glauben mag.

Verkehrsregeln ändern sich von Zeit zu Zeit, mit seinem womöglich vor Jahrzehnten erworbenen Fahrschulwissen kommt man dann nicht mehr weiter. Der mündige Bürger hat sich selbstverantwortlich auf dem aktuellen Stand zu halten, wenn er mit dem Gesetz nicht in Konflikt geraten möchte. Das jedoch wird ihm nicht leicht gemacht, wenn die Medien zwar über die Gesetzesänderung berichten, dabei jedoch die eine oder andere Nebelkerze zünden oder unkommentiert im Raum abbrennen lassen. Die letzte große Änderung, die alle Verkehrsteilnehmer betraf, war die Wiedereinführung der Kreisverkehrregelung – seitdem darf nur noch beim Verlassen eines Kreisverkehrs der Fahrtrichtungsanzeiger genutzt werden, nicht mehr beim Einfahren.


Der neue § 53a StVZO

Häufiger noch als die Verkehrsregeln (die für gemeinhin der Straßenverkehrsordnung/StVO entnommen werden können) ändern sich die Regeln zur Ausstattung und Beschaffenheit von Fahrzeugen (welche in der StVZO nachzulesen sind, der Straßenverkehrszulassungsordnung). Meist bekommt der normale Autofahrer davon nichts mit, da ihn die Regeln nicht betreffen oder lange Übergangsfristen gelten. Doch dieses Jahr ist es nun wieder so weit: durch eine Ergänzung des Paragraphen 53a wird eine Neuregelung Gesetz, die alle Autofahrer (und Bus- und LKW-Fahrer) betrifft.

Warnwestenstoff
Warnweste (Detailansicht)

Der Verbandskasten gehört seit 1966 zum verpflichtenden Autoinventar, das Warndreieck kam zwei Jahre später hinzu. Seitdem hat sich an der mitzuführenden Pflichtausstattung nichts geändert – bis heute. Ab dem 1. Juli 2014 müssen alle Autofahrer eine Warnweste an Bord haben, wenn sie das Fahrzeug bewegen. In § 53a Abs. 2 Nr. 3 der Straßenverkehrszulassungsordnung heißt es nun u.a.:

In Kraftfahrzeugen (…) müssen mindestens folgende Warneinrichtungen mitgeführt werden: in Personenkraftwagen (…) eine Warnweste.

Enthalten war die neue Regelung bereits seit vergangenem Jahr, doch erst jetzt mit dem Ende der Übergangsfrist gemäß § 72 StVZO Abs. 2 Nr. 6d wurde sie „scharfgeschaltet“:

(…) ist spätestens ab dem 1. Juli 2014 anzuwenden.

Die Pflicht zum Mitführen einer Warnweste galt bislang nur in europäischen Nachbarländern, in Deutschland regelten allein berufsgenossenschaftliche Vorschriften das Mitführen von Warnwesten in gewerblich genutzten Kraftfahrzeugen. Eine allgemeine gesetzliche Pflicht bestand jedoch nicht.


Kuriose Mitführpflicht

Dabei handelt es sich aber ausschließlich um eine Mitführpflicht. Die Deutsche Verkehrswacht schrieb z. B. in einer Pressemitteilung, die viele Verkehrsseiten ungeprüft übernahmen:

Spätestens ab dem 1. Juli 2014 muss in Deutschland jeder Fahrzeugführer eine Warnweste mitführen und sie im Notfall anziehen.

Dies ist jedoch falsch. Während die Benutzung des Warndreiecks im Falle einer Panne vorgeschrieben ist und sich die Benutzung des Erste-Hilfe-Materials aus der Pflicht zur Hilfeleistung ergibt, ist die Benutzung der Warnweste freiwillig. Auch wenn man mitten auf der fünfspurigen Autobahn im fließenden Verkehr aussteigt – man riskiert nur sein Leben, aber nicht, wegen Nichttragens der Warnweste ein Verwarngeld zahlen zu müssen.

WarnwesteParagraph 15 der StVO besagt zwar, das vorhandene Sicherungsmittel zu verwenden sind – doch diese Vorschrift bezieht sich auf die Sicherung des Fahrzeuges, nicht die des Fahrers. Eine Tragepflicht von Warnwesten für Fahrer oder Mitfahrer kann man dadurch nur schwer ableiten. Würde man die Vorschrift auf die Warnwesten ausdehnen, müsste man der Systematik des Paragraphen entsprechend die Warnweste ans Auto hängen, statt sie selbst anzuziehen. Das allerdings kann durchaus sehr sinnvoll sein, war vom Gesetzgeber aber nicht so gedacht.

Insofern ist die Mitführpflicht für Warnwesten untypisch für das deutsche Verkehrsrecht, das ansonsten dazu neigt, jede Situation bis ins Detail zu regeln. Denn der Sinn der Gesetzesänderung war eindeutig die Erhöhung der Verkehrssicherheit, eben dadurch, dass jemand eine Weste trägt. Liegt sie nur im Wagen, ist der Verkehrssicherheit nicht gedient.

Dennoch ist die Zurückhaltung des Gesetzgebers verständlich und nachvollziehbar, denn die Tragepflicht hätte neue juristische Probleme aufgeworfen und das Verkehrsgeschehen verkompliziert. Wenn der Fahrer verpflichtet worden wäre, hätten eigentlich auch alle weiteren Insassen zum Westentragen verpflichtet werden müssen. Ein Autofahrer würde wertvolle Zeit verlieren, wenn er bei qualmendem Motor zunächst die Warnweste suchte statt den Feuerlöscher – der übrigens ebenfalls noch nicht vorgeschrieben ist. Busfahrer hätten einen ganzen Karton mit Warnwesten dabeihaben müssen und müssten Westen verteilen, bevor die Fahrgäste aus dem brennenden Bus steigen. „Warnwesten sind zu verwenden“, diesen Hinweis findet man daher bislang nicht in der StVO, und wird sie so bald auch nicht finden.

Es bleibt damit lediglich bei der Pflicht, eine Warnweste mitzuführen. Eine ist dabei ebenfalls wörtlich zu nehmen: eine Warnweste pro Fahrzeug ist ausreichend, unabhängig davon, wie viele Personen tatsächlich mitfahren oder theoretisch Platz hätten.


Neongrün verboten

DIN-Hinweis auf WarnwestenverpackungGeregelt ist neben der reinen Mitführpflicht jedoch das Aussehen der Warnwesten. Die Weste muss den EU-Normen entsprechen. Das heißt wiederum nicht, dass ein Zulassungssiegel auf der Weste aufgedruckt sein muss, jedoch dürfte das Vorhandensein eines solchen die Diskussion mit etwaig kontrollierenden Ordnungshütern deutlich erleichtern.

Westen müssen entweder der Norm DIN EN 471:2003 oder der Norm EN ISO 20471:2013 entsprechen. Wenn eine Weste den geforderten Normen entspricht, dann tauchen also in der Regel die Ziffern 471 an ihr auf, was bei den meisten Exemplaren auch der Fall ist. Damit ist man auf der sicheren Seite.

In der Praxis bedeutet das, dass die Westen rot, rotorange oder gelb sein können und 2 untereinander angebrachte reflektierende Streifen tragen müssen.


Konsequenzen der reinen Mitführpflicht

Zusammenfassend ist festzuhalten: Um der gesetzlichen Vorgabe gerecht zu werden, muss eine Warnweste

• im Auto mitgeführt werden
• rot, rot-orange oder gelb sein
• 2 reflektierende Streifen haben und
• idealerweise mit der entsprechenden Norm gekennzeichnet sein.

Alles andere ist unwichtig. Daraus ergeben sich einige witzige Umstände:

• Eine einzige Weste reicht, egal wie viele Insassen im Auto mitfahren oder wie viele Plätze oder Gurte ein Fahrzeug hat.
• Man braucht die Weste wie beschrieben niemals anzuziehen, wenn man nicht möchte. Weder auf der Autobahn noch in der Nacht.
• Die Weste muss dem Fahrer daher auch nicht einmal passen. Auch wer nur eine genormte Kinderwarnweste mitführt, erfüllt die Mitführpflicht.


Zweifelsfälle

An deutschen Stammtischen wird unterdessen ernsthaft darüber diskutiert, ob der Kofferraum Teil des Autos ist oder nicht, da die Vorschrift ausdrücklich davon spricht, dass die Warnweste im Kraftfahrzeug mitgeführt werden muss. Letztlich dürften im Zweifel aber auch Richter zu der Erkenntnis gelangen, dass Sachen, die in den Kofferraum gelegt werden, sich nicht außerhalb des Autos befinden – egal ob der Kofferraum nun vom Innenraum aus erreichbar ist oder nicht. Für Verbandskasten und Warndreieck, die gleichermaßen ausdrücklich im Fahrzeug mitgeführt werden müssen, sind jedenfalls keine diesbezüglichen Knöllchen bekannt.

Problematischer dürfte werden, wenn jemand seine Warnweste auf der offenen Ladefläche seines Pick-ups ablegt. Damit dürfte die Definition von „im Auto“ nicht mehr erfüllt sein. Geht man nicht nach dem Recht, sondern vom gesunden Menschenverstand aus, dürfte der ideale Platz dennoch nicht im Kofferraum sein, sondern in der Türablage, dem Handschuhfach – oder unter dem Fahrersitz, ähnlich der lebensrettenden Schwimmweste im Flugzeug.

Interessant dürfte es auch werden, wenn jemand in orangener/gelber Arbeitsjacke mit reflektierenden Streifen nach europäischer Norm im Auto unterwegs ist und Ordnungshüter darauf bestehen, dass zusätzlich eine Weste im Auto zu liegen habe. Das werden im Fall der Fälle dann die Gerichte zu klären haben.

Empfehlung, Warnwesten auch in Privatfahrzeugen zu nutzen
Historischer Hinweis: Freiwilligkeit war gestern.

Motorrad- oder Rollerfahrer brauchen übrigens keine Warnwesten mitführen, weiterhin auch keinen Verbandskasten und kein Warndreieck – obwohl sie schon heute manchmal dauerhaft mit Warnweste unterwegs sind.


Empfehlung

Wer als KFZ-Führer ohne Warnweste im Wagen angetroffen wird, zahlt ab sofort 15 Euro Verwarngeld – dafür bekäme man im 1-Euro-Shop 15 Warnwesten.

Artikelende

Quellen und Weiterführendes

Erläuterungen des Verkehrsministeriums

Hintergründe aus den Empfehlungen des Bundesrates

Fehlinformation durch die deutsche Verkehrswacht

Mit Warnwesten auch das Auto sichern statt nur den Fahrer

Kommentare


  • Anonymous sagt:

    Ich glaube das die Schweiz strengere, genauere Vorschriften hat wie Deutschland mit den mitführen einer Warnweste aber was ist wenn wir mit unsere Warnweste nach Norwegen fahren und die würden eine grüne vorschreiben da wäre mam mit unserer aufgeschmißen

  • Rallle sagt:

    Ich glaube das in d Schweiz strengere, genauere Vorschriften hat wie Deutschland mit den mitführen einer Warnweste aber was ist wenn wir mit unsere Warnweste nach Norwegen fahren und die würden eine grüne vorschreiben da wäre mam mit unserer aufgeschmißen

  • Ralle sagt:

    Das einige gute an diese Warnweste ist das sie für paar €uronen zu bekommen ist und so kann man 2 kaufen eine die man trägt und eine die man im Auto hat dann kann kein Polizist sagen sie haben keine im Auto am sichersten ist wohl wenn man eine beim ADAC..

  • A. Maahsen sagt:

    Der Verweis

    Mit Warnwesten das Auto sichern statt den Fahrer

    ist nicht richtig, denn hier ist zu lesen:
    Falls an einer Pannen- oder Unfallstelle alle Personen Warnwesten tragen und zusätzliche vorhanden sind,
    können diese Warnwesten die Erkennbarkeit der abgestellten Fahrzeuge verbessern.

  • Casi sagt:

    Kleiner Klugschiß zur Kreisverkehrregelung:

    Beim Einfahren gilt nicht pauschales Blinkverbot. Blinken ist verboten, wenn in der Einmündung die Kombination aus Zeichen 215 (Kreisverkehr) und 205 (Vorfahrt gewähren) aufgestellt ist (§ 8 Abs. 1 a S. 2 StVO).

    Das ist zwar inzwischen auf deutschen Straßen die am häufigsten anzutreffende Kreisverkehrbeschilderung, es gibt allerdings auch noch Kreisverkehre nur mit Zeichen 205 oder mit Regelung rechts vor links. Bei letzteren muß beim Einfahren nach wie vor geblinkt werden.

  • فیزا sagt:

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