Das, was früher behindertengerecht hieß, hat die euphemistische Tretmühle durchlaufen und firmiert heute unter dem politisch korrekten „barrierefrei“. Intuitiv denkt man an Rollstuhlrampen und breite WCs mit vielen Haltegriffen am Waschbecken. Doch Barrierefreiheit fängt schon dort an, wo man sie als Nichtbetroffener womöglich gar nicht wahrnimmt oder zumindest für nicht so wichtig erachtet: im Internet.

Wäre das Internet für eine bestimmte Gruppe erfunden worden, dann wäre es mit Sicherheit die der Sehbehinderten. Ohne Netzanschluss geht es heutzutage nicht mehr, das gilt mehr noch als für Andere für Blinde und Sehbehinderte. Sie stellen unter der Gesamtheit der Internetnutzer zumeist einen äußerst versierten Kern dar – RSS, Podcast und Web 2.0 sind keine Fremdwörter für sie. Doch wie genau sieht das Internet aus, wenn man sehbehindert ist, wie nutzt man es abseits der Klischees? Bilder sind pfui, Flash-Videos Teufelswerk und Webseiten werden in Blindenschrift ausgedruckt?

Wir sprachen mit Steffen S., Jenny R., Kamil G. und Andreas R., die blind oder mit Sehbehinderung das Internet nutzen und gerade dadurch in Erfahrung und Kompetenz vielen sehenden Netznutzern voraus sind.

Knetfeder Magazin: Hallo erstmal an alle. Schön, dass ihr euch Zeit genommen habt. Ihr seid alle stark sehbehindert?
 Jenny R.:  Ich sehe wohl noch am besten von allen. Ich gelte als hochgradig sehbehindert, komme aber mit Vergrößerung der Seiten noch klar.
 Steffen S.:  Ich ja. Gelte als vollblind, kann aber noch ein bisschen was von meiner Umgebung erkennen.
 Kamil G.:  Stimmt, gesetzlich gelte ich auch als vollblind. Ich bin so gut wie blind, bis auf Grobes sehe ich fast nix. Ein bisschen geht noch, Bilder und Farben.
 Andreas R.:  Gesetzlich gesehen gelte ich auch als blind. Allerdings habe ich noch einen kleinen Sehrest. Früher waren meine Augen aber besser als heute.

Konnte jemand von euch in der Vergangenheit sehr viel besser sehen als heute oder ist die Sehbehinderung angeboren?
 Kamil G.:  Angeboren, und bleibt mehr oder weniger konstant.
 Steffen S.:  (schließt sich Kamil an)
 Jenny R.:  Ich wurde vollblind geboren, sehe erst seit vielen OPs so gut wie heute.
 Andreas R.:  Meine Sehbehinderung ist angeboren und meine Augen wurden seit Mitte der Achtziger Jahre immer schlechter.

Welche Bedeutung bzw. welchen Stellenwert hat das Internet in eurem Leben?
 Andreas R.:  Ein Leben ohne Internet wäre für mich heute nur noch schwer vorstellbar.
 Kamil G.:  Ich habe absolut keine Ahnung, wie ich es früher ohne Internet gemacht habe, aber heute ist es absolut nicht mehr wegzudenken. Reiseplanung, Finanzen, Nachrichten, Kommunikation. Ohne Internet bin ich quasi wieder im Mittelalter. Quasi alles, was andere gedruckt aufnehmen können, bietet mir heute das Internet ebenfalls. Somit kann ich regelrecht am normalen sozialen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
 Steffen S.:  Einen ziemlich großen. Vor allem was mein soziales Umfeld angeht, da möchte ich das Internet nicht mehr missen. Und natürlich auch die Informationen, die es bietet.
 Jenny R.:  Mein Leben wäre wohl ohne das Internet sehr isoliert. Zeitungen sind mir z. B. zu anstrengend zu lesen, weil zu kleine Schrift, ich hole also fast alles an Nachrichten aus dem Internet, meine Kontakte laufen fast alle übers Internet und vor allem auch meine Einkäufe.

Wie lange am Tag seid ihr ungefähr im Internet?
 Kamil G.:  (zögert verschmitzt) Je nach Situation, den ganzen Tag. Chatten, die RSS-Feeds lesen, Podcast hören, Mails schreiben und lesen. Nur Bloggen mache ich noch nicht, hab ich aber auch irgendwann mal vor. Also genau kann ich es nicht sagen, aber einen beträchtlichen Teil des Tages.
 Steffen S.:  (zögert ebenfalls) Gute Frage. Ich bin eigentlich fast den ganzen Tag im Internet, auch wenn ich es oft nur nebenher laufen habe. Messenger, Webradio usw., also nicht nur aktive Dienste.
 Jenny R.:  (verlegen) Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Fast.

Firefox-Browser invertiert mit starker Vergrößerung der Seiten
So sieht Andreas R. die Startseite des Knetfeder-Magazins (im vollständig maximierten Firefox auf dem kompletten 17-Zoll-Bildschirm): Browser und Seite sind invertiert (ins Negativ verkehrt), die Schrift in gelb dargestellt und stark vergrößert, um einen optimalen Textkontrast zu erreichen.

Wie genau greift ihr auf das Internet zu? Mit welchen Programmen, auf welche Weise? Wie geht ihr vor, um z.B. die Inhalte einer Webseite aufzurufen?
 Jenny R.:  Früher habe ich den Internet Explorer verwendet und das war echt anstrengend manchmal, weil der sich nicht so gut anpassen konnte, aber seit es den Firefox gibt, wurde das für mich wesentlich leichter. Mit Firefox kann man wunderbar vergrößern und auch die Farbeinstellungen lassen sich so ändern, wie ich sie brauche, also schwarzer Hintergrund und gelbe Schrift.
 Steffen S.:  Im Prinzip nicht anders als Normalsehende auch. Ich bin mit dem Internet Explorer 7 unterwegs und nutze ein Programm namens Webformator zur besseren Darstellung der Webseiten. Als Screenreader nutze ich Dolphin Hal.
 Kamil G.:  Zumeist mit Firefox. Wobei mir meine Hilfstechnologie, in meinem Fall ist das Jaws für Windows, die Seite dann vorliest. Je nach Webseite kann ich nach Listen, Überschriften und Abschnitten navigieren. Da verhält sich aber jede Seite und jede Hilfstechnologie anders.

Wie muss man sich so einen Screenreader vorstellen? Setzt das Programm auf den normalen Browser auf?
 Kamil G.:  Nein, separat. Es unterstützt ja das ganze Betriebssystem. Es greift die Informationen über verschiedene Schnittstellen ab und gibt sie dann an eine Sprachausgabe weiter. Da gibt es tonnenweise APIs, über die Screenreader an ihre Infos kommen. Ein Browser wird da nicht viel anders behandelt als Word oder sonst irgendein Programm. Nur, dass es separate Funktionen für Überschriften und HTML-Elemente gibt.

Wie sieht eine Webseite dann aus, wenn man sie mit einem Screenreader „betrachtet“? Sind die Screenreader so schlau, automatisch zu erkennen, was z.B. Navigation ist und was eigentlicher Inhalt?
 Kamil G.:  Nein, nur was Links sind und wenn die Navigation in einem eigenen Rahmen ist, kann man den überspringen. Aber sonst wird wirklich stur nach Reihenfolge vorgegangen. Man muss sich einfach mal eine HTML-Seite im Quellcode vorstellen. Genau so, wie die Elemente da angeordnet sind, in der Reihenfolge sehe ich sie. Bis ich also zum Inhalt komme, ist da Header, Navigation, Werbung und irgendwann ganz unten kommt dann der eigentliche Inhalt.

extrahierte Textquelle eines ScreenreadersAbbildung rechts: So „sieht“ Kamil G. die Startseite dieses Magazins: Der Screenreader wandelt die Inhalte der Seite in reinen Text um, dieser wird vorgelesen. Graphische Textformatierungen und damit vor allem Betonungen gehen dabei verloren, durchgestrichener Text, Kursivschrift oder fettgedruckte Wörter werden nicht erkannt.

Wenn die Navigation also unten ist, dann muss man erst durch die ganze Seite „durchhören“, bevor man navigieren kann, bzw. bevor man weiß, dass überhaupt eine Navigation vorhanden ist?
 Kamil G.:  Jep. Kann bei umfangreichen Seiten echt Arbeit sein, die dann zu finden.

Wie ist denn die Qualität der Sprachausgabe? Kann man sich das wie eine normale Stimme vorstellen oder muss man große Abstriche bei der Verständlichkeit machen?
 Steffen S.:  Es gibt zwei Arten von Sprachausgaben. Einmal die natürlich klingenden und dann noch die vollsynthetischen. Die natürlichen Stimmen gefallen mir persönlich zum regelmäßigen Arbeiten nicht. Sie sind relativ langsam in der Reaktion auf Tastendruck und haben zudem oft einen unschönen „Jodel-Effekt“. Die beste vollsynthetische Stimme ist meiner Meinung nach Eloquence (bzw. IBM via voice).
 Kamil G.:  Ja, die süßen Samplebrüche, ekelhaft! Es ist oft Geschmackssache. Ich benutze die Eloquence, die ist zwar synthetisch, aber gut verständlich. Die andere Art wird aus menschlichen Samples zusammengesetzt; sind manchmal etwas besser, haben aber auch ihre Nachteile. Zum Beispiel können die mal eben 300 MB groß sein … und klingen dann doch doof, weil die Samples manchmal nicht zusammenpassen. Ich nutze zusätzlich dazu ja noch eine Braillezeile.

Kamil interagiert mit dem PC also ausschließlich akustisch und Steffen wechselt zwischen Sprachausgabe und vereinfachter, aber visueller Darstellung?
 Kamil G.:  Ich mache dies akustisch und teilweise visuell, aber auch mit Braillezeile. Bei manchen Sachen bin ich mit Auge und Maus schneller als mit dem Screenreader oder der „Zeile“. Letztere nehme ich eher zur Rechtschreibkorrektur.
 Steffen S.:  Genau, denn da „überspricht“ die Sprachausgabe doch einiges. Braillezeile nutze ich auch, allerdings nicht so intensiv für die allgemeine Arbeit mit dem Betriebssystem. Da ist die Sprachausgabe einfach schneller. Die Maus kann ich nun beispielsweise so gut wie gar nicht mehr bedienen.

Wie erfolgt denn die Eingabe von Text und Kommandos am PC? Auch akustisch oder nur per Tastatur?
 Kamil G.:  Ganz normale Tastenbefehle. Screenreader können oft die Maus steuern und Rechts-, Links- und Doppelklicks simulieren. So ein Screenreader übernimmt also auch Mausbefehle bis hin zu drag and drop.
 Steffen S.:  Aber auch generell lässt sich der Rechner größtenteils per Tastatur steuern.

Benutzt ihr speziell präparierte Tastaturen oder eine ganz normale?
 Kamil G.:  Ganz normal. Wenn man 10-Finger-System kann, geht das ganz gut. Das F und das J sind ja immer markiert. Na ja, meine ist so normal auch nicht. Ich habe eine Logitech elite Media keyboard. Hat gerade im 6er-Block ein ziemlich eigenwilliges Layout. Page Up und Down, Home, Ende und Entfernen usw. sind etwas anders angeordnet. Aber ich mag halt die Zusatztasten zur Mediensteuerung. Bin halt faul und in Winamp einen Track weiterschalten, ohne erst dort hinschalten zu müssen.
 Jenny R.:  Wenn man nicht gerade versehentlich eine nicht ganz so normale Tastatur erwischt wo dann einige Tasten woanders sind, als man es eigentlich gewohnt ist … und man dann die Krise kriegt, weil plötzlich der Rechner runterfährt.

Ihr benutzt alle als Betriebssystem Windows?
 Andreas R.:  Windows Vista habe ich auf meinem Notebook. Das ist aber auf klassisch eingestellt.
 Kamil G.:  Vorher XP, jetzt bei PC und Laptop Vista. Und Symbian auf dem Handy, damit gehe ich nämlich auch gelegentlich ins Internet
 Steffen S.:  Meine beiden Rechenknechte laufen mit dem guten alten XP. Der Laptop
wurde ursprünglich zwar mit Vista ausgeliefert, da ich aber dafür momentan
noch keinen kompatiblen Screenreader habe, musste da halt XP drauf.
 Jenny R.:  Ich hab auf’m Großen XP, das Netbook ist auch XP.

Habt ihr auch schon mal mit anderen Systemen gearbeitet? Wie sieht es da mit Hilfsmitteln aus?
 Jenny R.:  Ich hab mal Linux ausprobiert und würde damit auch klarkommen, aber solange die Leute, die sich damit auskennen, und mir im Notfall helfen könnten, zu weit weg wohnen oder aber nie Zeit haben (lacht), geht das nicht.
 Kamil G.:  Ich würde gerne Linux, aber wie gesagt, das ist die Screenreader-Technik noch nicht wirklich ausgereift. Beim Mac gibt es auch was, nennt sich Voiceover. Zumal Voiceover sogar Bestandteil von MacOS ist, muss also nicht mal separat besorgt werden. Da ist der Mac richtig billig! Soll sogar schon Braillezeilen unterstützen. Sogar das neue IPhone 3g S soll Voiceover haben. Aber probiert habe ich das noch nie, weil keiner in meiner Bekanntschaft einen Mac hat.

Wie finanziert ihr die Technik eigentlich? Gibt es Screenreader auf Krankenschein?
 Kamil G.:  Ich habe seinerzeit ein Lesesystem mit dieser Technik von der Krankenkasse bekommen. So ein Screenreader, Jaws z. B., kostet mal eben 1300 Euro. Jaws gilt als Hilfsmittel und steht im Hilfsmittelkatalog der Krankenkassen. Man kann, mit entsprechender Begründung, so was von der Kasse eventuell bekommen.
 Steffen S.:  Es gibt mittlerweile aber auch schon Open-Source-Alternativen, auch wenn die lange noch nicht so weit entwickelt sind, um einen kommerziellen Screenreader zu ersetzen.

Gibt es Webseiten, die sich schlecht oder gar nicht lesen lassen mit diesen Hilfstechniken?
 Kamil G.:  Es gibt Seiten, die sind schwer zu lesen, aber eine die gar nicht geht? Bin ich noch nicht auf so eine gestoßen. Das Problem ist oft supermies programmiertes HTML. Kann man aber meist umschiffen. Und seit einiger Zeit gibt es halt auch Flash-Unterstützung bei Jaws. Und Seiten, die feste Schrifteinstellungen haben, so dass man nicht zoomen kann oder zu viel Transparenzeffekte. Und Captchas, ich hasse Captchas!
 Jenny R.:  Es gibt Seiten, die sehr schwer zu lesen sind, weil sie transparente Aufklappmenüs verwenden … gruselig.
 Andreas R.:  Die Aufklappmenüs mag ich auch nicht.
 Steffen S.:  Das kommt auch ein wenig auf die Barrieren in den Köpfen der Anwender an. Aber ja, es gibt z. B. Webseiten, die mit Grafiken, I-Frames, Flash und anderen Dingen so überladen sind, dass die Screenreader dann schnell mal ihren Geist aufgeben und nicht mehr vorlesen. Sogenannte Layer-Ads machen mir beispielsweise immer wieder ein Problem. Sie verlangsamen den Browser so sehr, dass der Screenreader nur noch stockend vorlesen kann. Man kann die Layer zwar schließen, aber erstmal muss man auf diesen Button überhaupt gelangen.
 Kamil G.:  Das Geistaufgeben liegt dann aber oft daran, dass die Reader mit so vielen Elementen nicht klarkommen. Einzeln oder in geringer Zahl geht es.

Hat man als Sehbehinderter überhaupt eine Chance, an Captchas vorbeizukommen?
 Kamil G.:  Ja, mit Firefox und Webvisum, das ist ein kleiner Captcha-Helfer. Wie es funktioniert weiß ich nicht. Es dauert so um die 30 Sekunden, bis man das Ergebnis bekommt, funktioniert nicht immer, aber recht oft.
 Steffen S.:  Das Knetfeder-Captcha ist jedenfalls nicht davor sicher. (im Kommentarbereich bei Knetfeders Revue, Anm. d. Red.)

Gibt es sonst noch etwas, was auf Webseiten besonders nervt?
 Andreas R.:  Ja, manche Seiten sind schon sehr unübersichtlich. Wenn die Seiten zu unübersichtlich sind, ist es für Sehbehinderte schwer, sich dort zurechtzufinden, wenn sie bestimmte Bereiche auf den entsprechenden Seiten suchen und lesen wollen.
 Kamil G.:  Auf Seiten, die wenig mit Strukturelementen wie Überschriftenebenen und so hantieren, ist schwer zu navigieren.
 Jenny R.:  Es gibt Seiten, die sind kein Problem, solange die Schrift klein ist, aber sobald man vergrößert, schiebt sich der Text übereinander … und dann ist’s vorbei mit Lesen. Und dann gibt’s da noch so ein paar Lieblinge, die ihre Buttons so bauen, dass bei meinen Farbeinstellungen alles schwarz auf schwarz ist und ich die dann nicht finde.

Beschwert ihr euch eigentlich bei Seitenbetreibern, wenn etwas nicht funktioniert oder gar nicht lesbar ist?
 Steffen S.:  Bisher noch nie, da ich noch nicht in die Lage gekommen bin, dass mir sehr wichtige Infos nicht zugänglich waren.
 Kamil G.:  Selten, meist nutzt es eh nix. Manchmal hört man aber auf uns. Dann verweise ich meistens auf die W3C-Empfehlungen zur Barrierefreiheit. Aber oft eben auch nicht. Die haben sicher nicht Zeit und Geld, wegen eines Blinden mal die Seite neu zu stricken. Aber wie gesagt, ich war noch auf keiner Seite, die gar nicht ging.
 Jenny R.:  Manchmal. Bei Quelle hab ich das mal gemacht, und es hat irgendwann auch was gebracht, denn irgendwann waren die schrecklichen Menüs weg
 Andreas R.:  Nein, eigentlich nicht. Wenn ich so eine Seite zu fassen bekomme, bleibe ich dort nicht. Dann suche ich mir meine Informationen woanders, wo ich sie leichter finden kann.

Stichwort Flash und Flash-Videos. Es wurde eben schon gesagt, dass Screenreader das mittlerweile sogar ebenfalls auswerten können… Spaß macht das doch sicher trotzdem nicht?
 Steffen S.:  Ich habe oftmals das Problem, dass mir interaktive Flash-Elemente nur ungenügend ausgelesen werden. Schaltflächen sind nicht beschriftet usw.
 Kamil G.:  Das kenne ich auch, mieser Code halt. Es ist nicht ganz leicht, so ein Flash-Video zu bedienen, der Player reagiert da schon mal nicht immer so, wie man es gerne hätte. Aber wenn ich direkte Youtube-Links kriege, geht das. Und wie gesagt, es geht. Nur die Seiten von c’t-TV lassen sich nicht mehr so gut bedienen. Gerade für die c’t ein Armutszeugnis.
 Jenny R.:  Flash-Seiten sind schwerer farblich umzustellen, aber es geht, ich z. B. komme mit den c’t-TV-Seiten noch klar.

Welche Seiten lest ihr regelmäßig?
 Kamil G.:  Netzpolitik.org, Heise, Gulli, Spiegel, Focus, Golem, FAZ, … das meiste lese ich per RSS-Feed. Und dann surfe ich noch zwischendurch auf Amazon, Alternate und ähnliche Shopping-Seiten.
 Steffen S.:  Spiegel, Heise, Golem etc. Die Nachrichten usw. hole ich mir per RSS-Reader und klicke dann nur die jeweiligen Artikel-Links an, um auf die Seiten zu gelangen. Und ich nutze Google News Alert, um mich zu bestimmten Themen per RSS benachrichtigen zu lassen. Infos aus meiner Region beispielsweise, die kommen oftmals nicht nur aus einer Quelle.
 Jenny R.:  (ausweichend) Amazon, Quelle, Telepolis, ab und zu Spiegel online und Schockwellenreiter. Und wenn ich mich entspannen will dann kann ich leider Knetfeder nicht verschonen (lacht). Ach ja, Youtube wäre auch noch dabei.

Sind hierbei Seiten darunter, die sich besser oder schlechter lesen bzw. bedienen lassen als die anderen?
 Jenny R.:  Weltbild war mal schlecht zu lesen, hat sich aber gebessert. Ach ja, Bertelsmann; die werden irgendwie immer schlimmer. Vodafone ist z. B. doof, weil die alles so kompliziert machen und da muss ich mindestens einmal im Monat hin, genauso wie Versatel.
 Kamil G.:  Diese Dinger sind wirklich doof, Alice und Vodafone. Bis man da seine Rechnung gefunden hat … Also die ganzen Newsseiten sind eigentlich gut strukturiert. Heise, Golem, Spiegel, Focus und FAZ nutzen gute Überschriftenstrukturen, wo man die ganzen Navigation per Tastendruck gleich überspringen kann, bei den anderen ist es etwas schwieriger, aber nicht wirklich viel. Was immer doof ist, sind die Layoutänderungen. Da hat man sich an eines gewöhnt …
 Andreas R.:  Die Seite vom Reise-Know-How-Verlag wurde irgendwann mal etwas verändert und ich musste mich damals neu orientieren, weil sie ihre Produktpalette erweitert haben.

Wenn ihr etwas am „Internet“ ändern könntet, also an der Darstellung, Gestaltung oder an Techniken – gäbe es etwas, das ihr ändern würdet?
 Kamil G.:  Es sähe zwar doof aus, aber ich würde ein Standardlayout fordern …
 Jenny R.:  Ja genau, damit man nicht alle paar Wochen sich neu orientieren muss. Und eben keine festgelegten Schrift- und Farbeinstellungen, so dass man das selber problemlos machen kann.
 Kamil G.:  Mir würde ja schon reichen, wenn die Leute etwas sorgfältiger den Code erstellen, denn HTML bietet von sich aus für Hilfsmitteltechnologien viele Möglichkeiten. Aber dazu muss der Code halt sauber sein. Und wirklich durchgängiger mit Listen, Überschriften und Zitatblöcken und dergleichen gliedern, so dass man schön da zwischen springen kann. Google z. B. strukturiert die Suchergebnisse mittlerweile richtig gut.
 Andreas R.:  Und die Seiten sollten auch so sein, dass sie nicht unerwartet den eigenen Rechner so lahmlegen, dass man ihn neu starten muss.
Artikelende

Weiterführendes …

BFG-IT im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband
10 Punkte, wie man Webseiten blindengerecht macht

Die schnarchende Julia
So klingt eine Sprachausgabe, wie sie von Sehbehinderten genutzt wird

Bitte Code eingeben!
Wie man mit unleserlichen Captchas erfolgreich Nutzerpartizipation unterbindet

Kommentare


  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? Ein Interview mit vier sehbehinderten Internetexperten […]

  • philosapiens sagt:

    Hallo,

    vielen Dank für den sehr interessanten Artikel und das angenehm flüssig lesbare Interview!

    Abweichend der hier genannten Meinung, dass eine Navigation stets oben anzufinden sein sollte, halte ich einmal dagegen, dass es meiner Meinung nach genau anders herum sein sollte.

    Ich schreibe meiner Meinung nach barrierefreie Seiten, die sicherlich sehr einfach gestrickt sind und alle die Navigation nach dem Haupttext haben.
    Aber: Ich verwende selbstverständlich Sprungmarken! Somit kann man bei Bedarf die Navigation erreichen, ansonsten aber ohne langes Vorlesen, direkt den eigentlichen Haupttext der Seite lesen.

    Zu genau diesem Thema habe ich auch ein kleines Projekt laufen. Es ist zwar noch sehr in den Anfängen, aber über Meinungen, Anregungen oder gar Mitarbeit, bin ich immer sehr erfreut.

    Hier einmal die Adresse: http://barrierefrei.idealseiten.de

    Wir lesen uns!

    philosapiens

  • jf sagt:

    Sehr interessantes Interview. Mir als Webentwickler hat es vielleicht noch die ein oder andere Schwachstelle an von mir entwickelten Seiten offenbart auf die ich in Zukunft besser achten werde. Grundsätzlich versuche ich aber immer die Barrierefreiheit zu fördern.
    Manchmal ist aber leider aufgrund fester Budgets nicht möglich soviel für die Barrierefreiheit zu tun, wie man es gerne würde. Traurig das an solchen Stellen oft zuerst gespart wird, aber so sind manche Kunden eben.

  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? (ein Interview mit vier sehbehinderten Internetexperten – Knetfeder Magazin) […]

  • […] Link: Wie sieht man als Blinder das Internet? […]

  • Daniel sagt:

    Sehr interessantes Thema. Es ist für uns Webdesigner (zumindest soweit mir bekannt) aber auch nicht einfach viel Feedback zu bekommen. Viel im Code wird einfach so gestaltet wie es irgendwo empfohlen wird da wäre ein direkter Kontakt sehr hilfreich. Wenn einer der vier also mal Zeit hat würde ich mich über einen Austausch freuen.

  • Philosapiens, völlig korrekt; die Navigation muss nicht zwingend oben angebracht sein. Dass sich hier dieser Eindruck ergibt, ist unsere Schuld, was mir auch eben erst auffällt: Eine entsprechende Passage fiel der Kürzung des Interviews zum Opfer. Während des Interviews sagte Kamil G. auf die Frage, ob Screenreader die Navigation automatisch erkennen, noch

    „Aber dafür gibt es ja diese „Skip Navigation“-Links“

    und ob z.B. die „Mode“, gerade in vielen Weblogs die Navigation standardmäßig ans Ende der Webseite zu verlagern, problematisch wäre:

    „Nö, nicht so sehr, weil die mit Überschriften, also mit Header-Tags arbeiten. Die Navigation beginnt meist auch mit einem Header-tag. WordPress ist da gar nicht so schlecht, ehrlich gesagt. Zumindest die meisten Skins.“

    Pardon für die inhaltliche Verzerrung!
    Einfacher scheint eine klassisch angeordnete Navigation dennoch zu sein, damit man „auf den ersten Blick“ einen Eindruck von der Struktur der Seite bekommt, ohne gleich springen zu müssen. Bei regelmäßig besuchten Angeboten oder sehr großen „Inhaltsverzeichnissen“ mag das wieder anders sein.

  • Torsten sagt:

    Vielen Dank für den spannenden Einblick. Es wird so viel über Barrierefreiheit geschrieben, aber ein Interview mit den tatsächlich „Betroffenen“ ist manchmal viel zielführender – Danke!

  • […] Barrierefreiheit in Bezug auf das Internet bedeutet, Webseiten so zu gestalten, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen in vollem Funktionsumfang genutzt werden können. Was Barrierefreiheit in der Praxis bedeutet, zeigt der kürzlich auf knetfeder.de veröffentlichte Beitrag `Wie sieht man als Blinder das Internet?´…  […]

  • […] interessantes Interview mit 4 sehbehinderten Internetnutzern findet sich im Knetfeder Magazin. Weitesgehend werden bekannte Grundlagen nocheinmal unterstützt, wie z.B. die saubere […]

  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? – ein Interview mit vier sehbehinderten Internetexperten Sehr interessant! […]

  • akf sagt:

    Zu GNU/Linux sollten die mal die Knoppix ausprobieren. Die Frau des Entwicklers ist selber sehbehindert, deswegen hat der das extra für sie angepasst.

    Für den Firefox noch den Tipp: Unter „Ansicht / Webseiten-Stil“ einfach mal „kein Stil“ einstellen. Das sieht dann oft zwar recht besch…eiden aus, ist aber sehr gut lesbar.

  • […] Interview bei Knetfeder mit Menschen, die das Internet trotz oder gerade wegen ihrer Sehbehinderung stark nutzen. […]

  • bee sagt:

    Bin zufällig auf dieses Interview gestoßen und möchte mich auch dafür bedanken! Endlich bekommt der abstrakte Begriff „Barrierefreiheit“ mal ein Gesicht, so dass ich mir zumindest ansatzweise vorstellen kann, wie Sehbehinderte im Netz unterwegs sind und welche Stolperfallen es für sie gibt.

    Danke euch, ein wirklich interessantes Interview!

  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? Vier stark sehbehinderte Internetexperten erzählen über ihre Sicht des Internets, sehr […]

  • […] und vier Sehbehinderte bzw. vollblinde über ihre Netzexkursionen mithilfe eines Screenreader interviewt. Ein sehr lebenswerter Artikel, der Verständnis für die Bedürfnisse jener Nutzer weckt, die auf […]

  • Steffen sagt:

    Hallo,

    ich bedanke mich einfach mal im Namen aller vier Interviewten für die zahlreichen positiven Kommentare und Trackbacks zu diesem Interview. :-) Ich persönlich habe zunächst ein wenig gezweifelt, weil die Auffassungen für barrierefreies Webdesign auch unter Blinden stark auseinandergehen können. (Stichwort Barriere in den Köpfen der Anwender) Aber es freut uns, dass wir vielen einen groben Einblick geben konnten. Und natürlich auch vielen dank an Daniel, der uns sein virtuelles Mikrofon zur Verfügung gestellt hat. :-D

    @Daniel (der andere): Ich stehe dir gern für Rückfragen zur Verfügung. steffen (at) blindzeln (dot)de

    @akf: Knoppix ist mir natürlich ein Begriff. Es ist eine vorwiegend als Live-CD/DVD ausgelegte Distribution, die auf Debian basiert. Aus persönlichen Tests kann ich aber sagen, dass die Arbeit mit Knoppix nicht selten instabil ist und zu Abstürzen führt. Wie es sich bei einer Festplatteninstallation verhält weiß ich allerdings nicht. Da aber Debian meines Wissens ohnehin eine für Blinde zugängliche Installationsroutine hat (Brailleunterstützung durch BRLTTY) und der Support mit einer Original-Distribution sicher besser sein dürfte, sollte man bei einem Produktionseinsatz wohl das originale Debian dem Knoppix vorziehen. Ist aber sicher nichts für Linux-Einsteiger, da ist Knoppix und Vinux hingegen wieder eine tolle Sache.

    Gruß Steffen

  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? – ein Interview mit vier sehbehinderten Internetexperten […]

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  • Sascha sagt:

    Ich kann euch verraten, wie es gulli.com sieht:
    Wir User sind alle blind aber die Seite habe ich auch als Halbblinder noch gefunden: Die Gulli.com Story!

  • dagamba sagt:

    Ich bin selbst betroffen und manchmal muss ich mich Aufregen wegen CAPTCHA. Die Lösung mit „Webvisum“ von webvisum.com ist zwar praktisch, aber immer neue „Ideen“ TicTacToe, Kätchen und ähnliche werden auch diese Lösung bald unbrauchbar machen. Es wundert mich auch warum die größte Gruppe der Internetnutzer, die Sehenden sich diese CAPTCHA als eine Selbstverständlichkeit verkaufen lassen. Anstatt so viel Ideen, Zeit und Energie in immer neue „hübsche“ CAPTCHA zu investieren, sollten die Programmierer und Webdesigner nach besseren Alternativen suchen und solche entwickeln.
    Ich bin zwar kein erfahrener Programmierer aber selbst habe ich eine alternative Lösung mir ausgedacht und als eine PHP-Klasse entwickelt. Vielleicht hat jemand Interesse sich es anzusehen und benutzen. Ich werde mich freuen.
    Hier Download und Beschreibung: http://nd-info.de/formsign

  • katy sagt:

    voll toll was die leute können

  • […] Wie sieht man als Blinder das Internet? […]

  • Timmi sagt:

    Habe auf dem Ubuntuusers planeten gerade eine Meldung für ein Linux für Blinde entdeckt.
    http://www.bitblokes.de/2012/03/linux-fur-sehbehinderte-aktualisiert-vinux-3-0-2/

  • […] ordentliche Auszeichnung hilft darüber hinaus nicht nur den Suchmaschinenbots, sondern auch den blinden Websitebesuchern. Screenreader können so, genau wie der Suchmaschinenbot, Inhalte bewerten und entsprechend per […]

  • Ralle sagt:

    Ubuntu hat sich auch mal auf die Fahne geschrieben für Barriefreiheit was zu tun damals war noch Nelson Mandela Schirmherr und jetzt bei Unity kannste es vergeßen, selbst damal das Tastentelefon wurde für Blinde gemacht mittlere Ziffertaste kleiner Hockel

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