Erst heimlicher Gewinner, dann tatsächlicher Gewinner – und nun ist auch das Album da, nachdem seine Single „Love is you“ bereits die Charts stürmte. „Plan A“, das Erstlingswerk von „Superstar“ Thomas Godoj, ist seit vergangenen Freitag in den Läden erhältlich. „Vollthomate“ und Knetfeder-Autorin Melanie Lerch hat das Wirken des Sängers in den letzten Monaten akribisch verfolgt und widmet sich in einer eingehenden Analyse, die sowohl Stärken als auch Schwächen beleuchtet, der ersten Godoj-Platte.
„Sollte Thomas Godoj nicht bald beginnen, wieder eigene Titel zu interpretieren, wird man die komplette eigene Plattensammlung wegwerfen können.“
So lautet ein Fazit der Analyse des durch die Casting-Show DSDS hervorgerufenen Godojismus im Knetfeder-Magazin.
Seitdem sind Monate vergangen, der Superstar der Thomaten ist zum offiziellen deutschen Superstar 2008 erkoren worden, hat seine Siegersingle veröffentlicht, das passende Video gedreht, eine Radio- und TV-Promotour quer durch das Land absolviert, eine Goldene Schallplatte für „Love Is You“ eingeheimst und sein erstes Album abgeliefert, das den Rest unserer Plattensammlung erstmal zu großen Teilen in Sicherheit bringt. Höchste Zeit für mich als Thomate der ersten Stunde, ein paar Worte über das Werk zu verlieren, dessen Erscheinen am 4. Juli heiß ersehnt und auf das doch nicht ganz bedenkenlos hingefiebert wurde.
Vorweg jedoch die klare Aufforderung zum Weglesen an alle, die an dieser Stelle Objektivität erwarten! Zwar bemühe ich mich redlich, die 13 plus 2 Albumtracks mit den Ohren eines Neutralen zu hören, der allein durch Thomas‘ erste Single in den Charts auf ihn aufmerksam geworden ist und über dieses Stück hinaus keinerlei Einblick in den Entstehungszusammenhang des Albums, in die Geschichte der Person hinter der Musik hat – ahne aber, dass dieser Versuch kläglich an der Fülle von Hintergrundinformationen und chronischer „thomatöser Verstrahlung“ scheitern wird.
Nun denn, wen’s dennoch interessiert, hier zunächst der Rundumschlag, das Gesamturteil, das Fazit:
„Plan A!“ hat viel zu bieten, das mir gefällt, nutzt aber in meinen Augen noch nicht in allen Teilen das überragende Potential des Sängers. So berühren mich zwar oft die Texte und auch ihre Intonation in unverwechselbarer Thomas-Manier, die Musik in ihrem Arrangement trifft aber nicht in allen Fällen jenen Nerv in mir, der Gehör- mit Emotionszentrum verbindet und zu Gefühlsausbrüchen sentimentaler respektive rockiger Art führt (Übersetzung: Weinen oder Rumspringen). Anzunehmen ist, dass der Sound dem Geschmack der Massen entsprechen musste, um das neue „Produkt“ Thomas Godoj auf dem Musikmarkt zu platzieren. Heftigere Töne und prekäre Textthemen, wie eingefleischte Thomaten sie von Thomas‘ früherer Band WINK kennen, erschienen für diesen Zweck wohl eher ungeeignet. Und um gänzlich in Subjektivität abzugleiten: von mir aus bräuchte Thomas‘ Stimme überhaupt keine oder allenfalls sehr dezente Hintergrundmusik. Wenige Sekunden „Fairytale Gone Bad“ oder „Rule The World“ (oder sogar „Love Is You„-Akkustik!) a Cappella – winzige Schnipsel aus RTL-Berichten zu DSDS-Zeiten – genügen völlig, um Gänsehaut Deluxe zu erzeugen und Wände wackeln zu lassen. Von daher ist mir persönlich im musikalischen Hintergrund der Plan-A-Titel oft (aber nicht immer!) viel zu viel los, was dazu führt, dass manches Mal statt tiefgründiger Emotionen durchschaubare Pathetik rüberkommt, womit die Chance, die in Thomas‘ Stimme liegt, stellenweise leichtfertig verspielt wird. Meistens sind es für mich die Refrains der Titel, die aus dem insgesamt durchaus positiven Höreindruck herausfallen.
Meine Kritik greift jedoch ganz und gar nicht bei jenen Titeln, die vom Sänger und/oder seiner eigenen „Mannschaft“ selbst verfasst wurden. „Plan A!„, „Helden gesucht„, „Autopilot“ und „Summer Breeze“ heben sich deutlich ab und lassen erahnen, in welche Richtung Thomas-Godoj-Musik streben wird, sobald gewisse „Superstar-Titel-Fesseln“ sich lockern und vor allem Zeit zum eigenständigen Texten und Komponieren zur Verfügung steht. Bis dahin aber schalten wir auf AUTOPILOT und genießen den fulminanten „Plan A!“ des Sängers, der sich mit Gefühl, Verstand, Leidenschaft, Persönlichkeit, Charisma und natürlich mit unvergleichlicher Stimme in unsere Seele – und nun auch in unsere Plattensammlung – gesungen hat!
Persönliche Einzeleindrücke der Tracks
(in der Reihenfolge der Trackliste):
Love Is You
Ich wüsste zu gern, welche anderen Titel als Siegersongs für Thomas zur Wahl standen, denn dieses Lied gehört nicht gerade zu meinen Favoriten und ich hätte mir eines mit mehr Tiefgang in Text (nein, „let me dive in unknown waters“ tut’s da nicht) und Stimme gewünscht. Auf „youuuuu-huuuu“, „doooo-huuuu“ und „knew-huuuuu“ hätte ich auch gern verzichtet, aber man gewöhnt sich erstens an alles, zweitens ist es einem als gute Thomate sowieso fast egal, was dieser Mensch mit der Hammerstimme singt, sofern er überhaupt singt und drittens gibt es den Song inzwischen auch in Akkustik-Versionen von der Single und von Auftritten, die schon gut anzuhören sind. Trotzdem skippe ich den Track momentan beim Anhören des Albums.
Not The Only One
Eieiei, dieser Song hat es in sich! Schöne rockige Abschnitte, die dennoch keinesfalls Thomas Stimme übertönen, aber zu einem meiner Favoriten ist er auch aufgrund seines Textes geworden, der unverblümt von den Leiden eines Liebhabers erzählt, der eben „not the only one“ ist und sich fragt „does he [=der andere] feel me on and off when you’re making love“ und „does he know I was down there when he gets on top of you„. Das alles macht ihn sehr sauer und er klagt „sie“ an: „He’s another soul you bruised, Let him know he’s being used. Mark his forehead when you’re done!“
Autopilot
Sphärisch-mystische Klänge, die an den richtigen Stellen von energetischem Rock überlagert werden und den Hörer im wahrsten Sinne des Textes zum „Fortfliegen“ verführen. Der Text? Läd ebenfalls zum Träumen ein, denn er bleibt – anders als Not The Only One – für jede Interpretation offen. Meine Lieblingsstelle: „Halt alles gut und fest, was du hast, wir müssten bald an der Sonne sein„.
Thomas erzählte in einem Radiointerview (HR3, gesendet am 1.7.08), dass ihm dieses Lied vor Jahren in einem Stau auf der Autobahn einfiel – „wir schalten auf Autopilot und fliegen von hier fort„.
Too Young To Grow Old
Sehr eingängig, nicht unrockig, aber doch soft. Angenehme Streichereinblendungen. Ich mag das Lied, auch wenn es sich nicht gerade durch Außergewöhnlichkeiten auszeichnet – abgesehen von Thomas‘ Stimme natürlich
I Don’t Feel The Same
Gefühlvolle Rock-Ballade, gut anzuhören. Meine Lieblingsstelle ist allerdings genau die, wo die musikalische Untermalung schweigt: das letzte „Something shattered and died inside of me„, das sehr dramatisch über einen hinwegfegt.
Plan A!
Der titelgebende Track, der schon lange vor der Albumveröffentlichung in Form von Hörproben für hysterisches Thomatentreiben in den einschlägigen Foren sorgte: „Alles richtig, ich bleib‘ inzelichtich„??? Auch eine direkte Frage im Videochat an Thomas konnte das Problem letztendlich nicht lösen, denn das von ihm postulierte „windsüchtig“ deckt sich in zwei von drei Fällen nicht mit dem unmittelbaren Höreindruck. Aber wir woll’n mal nicht so sein. An Thomas‘ „flexibles Textmanagement“ noch von Mottoshow-Zeiten gewohnt, werden wir auf seinen Konzerten wahrscheinlich sowieso nie den im Booklet stehenden Text zu hören bekommen.
„Plan A“ ist Thomas‘ Lieblingstrack des Albums, wie er in Interviews verrät. Erzählt wird im Grunde, wie Thomas vom „Typ ohne Plan B“ durch sein Erscheinen auf der DSDS-Bühne direkt in Plan A katapultiert wurde, was sich für ihn offenbar wie die Flut nach einer langen Ebbe angefühlt hat, die ihn zwar erstmal aus dem Gleichgewicht bringt, dann aber für gepflegtes „Wellenreiten“ auf der Woge des Erfolgs „bis zum Horizont“ sorgt.
Für mich verkörpert Plan A auf jeden Fall die Art Musik, die ich zukünftig von Thomas (unter anderem!) gerne hören würde – deutsch, rockig, kraftvoll, bedeutungsvoll und echt-emotional. Dass sich durch die zweite Strophe speziell Thomaten – berechtigt oder nicht – angesprochen fühlen, muss nicht extra betont werden .
Let It Be
Bei diesem Song fällt objektive Betrachtung besonders schwer, weil die Thomas-Version aus der Halbfinal-Mottoshow einfach unvergesslich ist. Um mit Bär Läsker zu sprechen: „Das war die strom- und energiegeladenste Let-it-be-Version meines Lebens, Wahnsinn!“ Und wann immer ich diesen Track in der CD-Fassung höre, fehlt mir absolut die Perfomance dazu. Der Song in der Rockvariante lebt einfach vom Sänger, der die Bühne sprengt, seine Jacke ins Publikum pfeffert und beim Singen außer Atem gerät. Ich werde nie diesen Überraschungsmoment vergessen zwischen dem sanften Liedbeginn, dem ansteigenden „be-heee“ und der darauffolgenden Explosion. Folglich werde ich den Song wohl erst auf dem ersten „Tomzert“ wieder richtig genießen können.
It’s Beautiful
Mag ich nicht so gerne. Der Text ist etwas zu belanglos und ich stehe auch nicht so auf Thomas‘ Kopfstimme, die ja hier sehr ausgeprägt eingesetzt wird. Gewidmet ist der Song laut Thomas seiner Heimatstadt Re-/ocklinghausen, was immerhin ganz gut zu den Zeilen „I’m living a dream that you’ve given me, I’m heading for something new“ passt.
Summer Breeze
Meiner Meinung nach wäre dies der ideale Siegertitel für Thomas‘ Finale bei DSDS gewesen. Balladig genug, um der ach-so-wichtigen Masse zu gefallen, und trotzdem aus der Mainstream-Mucke herausstechend – und zwar durch Thomas‘ Stimme. Ich bin sicher, auch wer DSDS nicht verfolgt hat, hätte bei diesem Arrangement im Radio aufgehorcht. Wer Thomas also noch nicht kennt, sollte denn auch mit diesem Titel beginnen, der seine unnachahmliche Stimmfarbe besonders am Anfang in ihrer Gänsehautqualität fantastisch vorstellt. Das musikalische Arrangement rundherum gefällt ebenfalls zu Beginn am besten; je weiter das Lied fortschreitet, desto vordergründiger wird es zwar, überdeckt aber zum Glück den gefühlvollen Gesang nie gänzlich. Trotzdem bleibe ich dabei: was Thomas Godojs Stimme angeht, ist weniger Drumherum oft mehr
The Morning Sun
Eines der oben angesprochenen Lieder, bei denen mir der Refrain etwas auf die Nerven geht (evtl. bin ich daran aber selbst Schuld, weil ich mir beim Versuch, die Zeilen „As we strike the colors, dawn does down to day“ zu verstehen, bevor das Booklet verfügbar wurde, diese Stelle unzählige Male angehört habe). Ansonsten mag ich den Text, nicht aber die etwas ausufernde Aufspielerei der Musik in Kombination mit unendlicher Wiederholung des Refrains. Die letzten Zeilen hingegen, speziell das letzte Wort, reißen den Song aber für mich noch einmal raus.
Helden gesucht
Achtung Ohrwurm! Lange vor Veröffentlichung auf dem Album habe ich den Song auf verruckelten Handyvideos von Thomas‘ Auftritt bei Rock the Race in Oschersleben zum ersten Mal gehört, und trotz der schlechten Qualität dieser Aufnahmen konnte ich die Zeilen „Es werden wieder Helden gesucht, die unter Feuer was vertragen, unaufhaltsam, nie zu stolz, sich zu verlieren….“ nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Der Song ist einfach Party pur, wenn auch in der Albumfassung zunächst gewöhnungsbedürftig, da langsamer als live und weniger rockig, was erstmal PUR-Assoziationen bei mir weckte (*duck*). Ich kann es jedenfalls kaum abwarten, diesen Titel selbst live zu hören!
Entstanden ist „Helden gesucht“ bei Thomas und seiner damaligen Band übrigens bereits 2006 im Zusammenhang mit der WM, lässt sich aber inhaltlich auf viele Situationen übertragen. Wir Thomaten haben ja schließlich auch unseren Held gefunden, der „unterwegs zu unvergesslichen Zeiten“ ist und uns mitnimmt: „Wir sind schon groß, keine Frage, und können uns trotzdem noch so freuen wie’n kleines Kind!“
When The Tears Are Falling
Nach den Vorab-Hörproben und dem ersten vollständigen Anhören gefiel mir dieser ruhige Song am allerwenigsten von allen. Inzwischen hat sich mein erster Eindruck aber zu Ungunsten von It’s beautiful relativiert – eigentlich ist er doch ganz schön. Aber eben auch nicht mehr als das.
Brandnew Start
Ein weiterer Track, bei dem der Refrain für mich die Schwäche ausmacht. Der Rest ist schön, sowohl textlich als auch stimmlich und emotional. Kein Favorit, aber auch nicht nervig.
Bonustrack: I’m Not Okay
Einmal gehört und sofort verliebt. Ich mag es, wie Thomas‘ Stimme im ersten Großteil des Songs absolut im Vordergrund steht. Sehr gut auch a Capella vorstellbar. Gegen Ende zu viel technischer Schnickschnack wie Hall in der Stimme. Das braucht’s einfach nicht. Trotzdem: insgesamt riesig!
Bonustrack: Suspicious Minds
Dieses Elvis-Cover geht absolut ab! Der Rhythmus macht es zu einem Gute-Laune-Hit und Thomas‘ Stimme steht der von Elvis‘ in nichts nach – allerdings beachte man, dass meine Meinung sich auf minimale Elvis- und maximale Godoj-Erfahrung gründet. Ich schätze mal, für die Elvis-Generation ist dieser Song reiner Frevel. Mir egal, ich find‘ den geil und muss den live sehen!
Fazit: Thomas Godojs erstes Album „Plan A!“ bietet für jeden etwas – deshalb sollte auch jeder mal reinhören. Thomaten finden besonders in den deutschen Titeln „ihren“ Thomas, den mit- und hinreißenden „Anti-Superstar“ mit unverwechselbarem Stil in Text und Ton, der durchschnittliche Radio-Charts-Hörer erhält mainstreamigen Pop-Rock mit Qualität und Wiedererkennungswert (…jetzt habe ich es doch benutzt, dieses DSDS-Unwort! Aber wenigstens habe ich auf „authentisch“ verzichtet!). Diese Kombination sorgt einerseits sicher für maximale Verkaufserfolge, die für Thomas‘ Einstieg ins Musikgeschäft unverzichtbar sind, andererseits aber auch für Steigerungspotential hinsichtlich weiterer Alben. Die deutschen Titel und Summer Breeze weisen den Weg.
3.5 von 5 Knetfedern!
Weiterführendes …
Leipziger Internet Zeitung
Michael Freitag erwischt Plan A auf dem falschen FußAOL Musik
Der Mann mit dem Sargdeckel-Look ist ein fucking Rockstar, findet man bei AOLMonstersandcritics
Jochen Overbeck prophezeit geringe HalbwertzeitBBRadio
…zeigt sich begeistert von der CD der WocheAachener Zeitung
…rät Thomas zu Plan BT-Online
…meint, Plan A geht aufCDstarts
Das „verkannte Aschenputtel der Gegenwart“ ist noch nicht am Ziel
Mehr zu Thomas Godoj auch im
Dossier „Thomas Godoj“
[…] Vollkommen richtig, was geschah! Knetfeders Rezension des ersten Godoj-Albums „Plan A“ […]