Befehl-ausführen-Dialoge – die kleinen Kommando-Helferlein im Vergleich

11. März 2012

Wie interagiert man eigentlich mit seinem Computer? Seit Windows marktbeherrschend ist, klickt man auf Icons, um Programme zu starten oder Befehle auszuführen. Doch gerade unter Unix/Linux tippt man klassischerweise die Kommandos direkt mit der Tastatur ein.

Diese Bedienweise hat sich auch in den graphischen Oberflächen für Linux erhalten und erlebt in den neuesten modernen Oberflächen wie der Gnome-Shell sogar eine regelrechte Renaissance, da die Tastaturbefehlseingabe wieder stärker in den Fokus der Bedienung rückt: Eintippen und los.

Natürlich kann man einfach ein Terminal öffnen und einen Befehl oder einen Programmnamen eintippen. Doch das dauert vergleichsweise lange, ist unkomfortabel – und vor allem verschwindet das Terminalemulations-Fenster nicht automatisch wieder, sobald das Programm da ist, sondern bleibt im Hintergrund und gibt ggf. Fehler- und Statusmeldungen aus.

Alt+F2

Jede Desktopumgebung stellt daher einen oder mehrere komfortable Wege bereit, wie man mit der Tastatur schnell Programme aufrufen und Kommandos absetzen kann. Meistens sind es kleine Fensterchen, Dialoge, schlichte Eingabezeilen oder eine Mischung aus alledem. Aufgerufen werden sie überwiegend mit der Tastenkombination Alt+F2. In KDE ruft dies KRunner auf, im alten Gnome 2 ein Dialogfensterchen, auch in XFCE oder LXDE kommt man mit Alt+F2 an den Programm-ausführen-Dialog. Auch kleinere Fenstermanager verfügen oft über diese Komfortfunktion, jedoch nicht alle. Für Openbox etwa muss man individuell nachrüsten – und im Übrigen kann es praktisch sein, manchmal nicht den voreingestellten Anwendungsstarter einer Oberfläche zu nutzen, sondern sich selbst einen auszusuchen.

Nicht alle Anwendungsstarter lassen sich überall nutzen, die Dialoge von IceWM, LXDE, KDE und Gnome sind fest in die Umgebungen integriert und können im Normalfall nicht mit anderen Desktops genutzt werden. Aber es gibt dennoch genügend Auswahl – ein kleiner Überblick über die unabhängigen Starter:


fbrun

Fbrun ist Teil des Fluxbox-Fenstermanagers und einer der simpelsten aller Ausführen-Dialoge: einfach ein Kästchen, in das man den Befehl oder das Programm eintippt, mit Enter bestätigt – und das sich dann wieder schließt. Fbrun hat keine Autovervollständigung, merkt sich aber die bereits eingegebenen Befehle, durch die man mit den Pfeiltasten blättern kann. Spartanisch und schnell.


bbrun

Ursprünglich für den Fenstermanager Blackbox konzipiert, stellt Bbrun eine schnelle, aber erweiterte Alternative zu Fbrun dar. Die Funktionalität ist dieselbe, doch die graphischen Elemente sind etwas großzügiger verteilt: Schaltflächen und ein graphisches Ausklappmenü der „History“. Um das Dialogfenster direkt aufzurufen, muss Bbrun folgendermaßen gestartet werden:

bbrun -w


grun

Grun ist bereits eine ganze Ecke komfortabler. Es merkt sich auch die bereits eingegebenen Programme, die über die Drop-down-Liste angeklickt werden können, macht aber auch Vorschläge anhand aller auf dem System installierten Programme direkt beim Eintippen. Gibt man etwa ein g ein, wird Gimp vorgeschlagen, bei a Audacious usw. Außerdem zeigt Grun beim Wiederaufruf das zuletzt eingegebene Programm wieder an.


xfrun4

Der Ausführen-Dialog von XFCE ist ebenfalls modular und unabhängig von XFCE einsetzbar, er kann in beliebigen Umgebungen verwendet werden. Xfrun4 verfügt über eine Autovervollständigung beim Eintippen, allerdings nur für die bereits einmal eingegebenen Programme. Es merkt sich also die eingetippten Befehle und schlägt sie beim nächsten Mal wieder vor. Auch merkt sich dieser Starter wie Grun das zuletzt eingegebene Programm und bietet es bei erneutem Aufruf wieder an.


Kupfer

Wer mehr will als ein bloßes Eingabefeld mit Erinnerungsfunktion zum Starten von Programmen, sollte sich einmal „Kupfer“ ansehen. Denn Kupfer startet zwar auch Programme, ist aber gleichzeitig auch ein Panel- und Tasklistenersatz.

Kupfer legt sich in den Tray, den Systemabschnitt der Kontrollleiste, oder was auch immer. In der Voreinstellung ruft man das Kupfer-Fenster dann mit der Tastenkombination Strg+Leertaste auf, dies lässt sich in den Einstellungen aber auch auf Alt+F2 ändern.

Will man einfach nur ein Programm starten, tippt man einfach drauflos. Läuft das gewünschte Programm bereits, holt Kupfer die vorhandene Instanz in den Vordergrund und entspricht damit der neuen Bedienweise von Gnome-Shell- oder Unity-Dock, die ihrerseits bei Windows 7 respektive Mac OS X abgekupfert haben. Will man stattdessen ein neues Fenster öffnen oder irgendeine andere Funktion des Programmes ausführen lassen, wechselt man mit Tab in das rechte Feld, in dem man Kontextfunktionen anstoßen kann.


dmenu

Dmenu ist wohl der unixartigste Programmstarter unter den Startern, es ist im Grunde ein Mini-Terminal. Dmenu wurde für Tiling-Fenstermanager konzipiert, kann aber auch woanders als einfacher Anwendungsstarter genutzt werden. Dmenu listet in einer Leiste am oberen Bildschirmrand erstmal alle installierten Programme auf, wirklich alle. Durch Eintippen eines Programmnamens wird die Auswahl eingeschränkt, mit den Pfeiltasten kann man die Vorschläge dann auch direkt anwählen, um nicht den gesamten Programmnamen eingeben zu müssen. Oder man tippt einfach die komplette Bezeichnung ein und bestätigt mit Enter. Sehr simpel und doch sehr trendig. Mit Skripten lassen sich die Darstellungs- und Bedienmöglichkeiten weitreichend modifizieren. Aufgerufen wird die Dmenu-Leiste mit folgendem Befehl:

dmenu_run



Alle die hier vorgestellten Helferlein sind regulär in den Ubuntu- bzw. Debian-Paketquellen verfügbar.


aus der Kategorie: / Tests /

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Kommentare

Ich nutze Kuper und habe es auf die Caps-Lock-Taste gelegt, was schneller aufzurufen ist als Strg+Space.

Mich hatte auch genervt, manchmal aus Versehen auf Caps Lock zu kommen und dann mit Großbuchstaben weiterzuschreiben, was ich aber erst nach einiger Zeit gesehen habe, weil ich beim Schreiben mit zehn Fingern nicht immer auf den Bildschirm schaue. Jetzt wird Kupfer aktiviert, und nichts passiert. Natürlich muss ich den Text dann ein zweites Mal tippen.

Da ich aber auch Tab häufig nutze und auch da des Öfteren daneben haue, habe ich noch einen kleinen Tux auf Caps Lock geklebt als visuellen Marker (lässt sich auch mit dem kleinen Finger fühlen). Auf diese Weise halte ich Shift, Kupfer und Tab auch aus dem Augenwinkel auseinander.

Peter · 11. März 2012, 13:41

Gab es da eigentlich nicht mal ein kleines Tool für GNOME 2 mit dem man die Kommandozeile auf den Desktop legen kann?

— Rudi · 11. März 2012, 15:02

Der nerdigste Starter fehlt:
dmenu.

Dieser zeigt nicht nur alle installierten Programme an, sondern laesst sich auch in allen erdenklich Arten fuer andere Zwecke misbrauchen. So kann man beispielsweise das clipboard damit verwalten oder seinen musikplayer bedienen.

Hier ein paar beispiel scripte, die dmenu nutzen:
https://bbs.archlinux.org/viewtopic.php?id=80145

— Rasi · 11. März 2012, 16:01

@Rudi

meintest du vielleicht guake? Hab ich gerade im Einsatz ist sehr praktisch. Blendet das Terminal auf Knopfdruck (F12) am oberen Rand des Bildschirms wie bei vielen Spielen ein oder aus.

— Higgi · 11. März 2012, 16:18

dmenu
Dmenu würde ich fast eher schon zu den Startmenüs zählen, weniger zu den Startfensterchen – die Menüs werden demnächst in einem eigenen Artikel abgehandelt. Aber ich habe dmenu oben nun doch mal ergänzt, es ist wirklich ne schicke Möglichkeit zum Programmaufruf. Danke für die Hinweise!

Pinguinzubehör · 11. März 2012, 21:21

ein kleines Tool für GNOME 2 mit dem man die Kommandozeile auf den Desktop legen kann?
Mit vielen Fenstermanagern kann man sich das praktisch selbst basteln, unter Fluxbox und XFCE hatte ich das mal umgesetzt: Einfach dem Terminal die Fensterleiste untersagen, eine feste Startposition auf dem Desktop vorgeben, vielleicht noch schön transparent machen und das Ganze in der Dock- oder Desktopebene laufen lassen. Dann das Terminal ohne Menü, Scrollbalken und Statusleiste starten – und man hat ein stylisches, permanentes Eingabefeld auf dem Desktop. Hat allerdings den Nachteil, dass man schlecht drankommt, wenn der Bildschirm schon voll ist. Unter Gnome funktioniert das allerdings nicht. Bei KDE gibts übrigens auch ein Plasmoid, das dies genau so macht, ein Terminal permanent in den Desktop einlassen.

Pinguinzubehör · 11. März 2012, 21:29

Ich nutzen Gonme Do: http://wiki.ubuntuusers.de/GNOME_Do
Ist vermutlich ähnlich wie Kupfer. Einerseits kann man dort Terminalbefehle eingeben und andererseits kennt Gnome Do alle einträge aus dem Ubuntu-Menü und schlägt auch diese vor, wenn man ein Programmnamen beginnt zu tippen. Zudem “lernt” Do ein bisschen, so das bei F nicht zu erst FileZilla erscheint, wie es alphabetisch wäre, sondern Firefox. Zudem gibts es auch Erweiterungen.

— MeraX · 11. März 2012, 22:42

Ich nutze Synapse (http://wiki.ubuntuusers.de/Synapse). Ich bin aber auch noch mit Gnome 2 unterwegs. Wenn ich mit der nächsten Ubuntu-Version auf Unity oder Gnome 3 wechsle, wir man das ja eventuell nicht mehr brauchen, oder?

— Pirad · 12. März 2012, 09:06

Ich bin mit Synapse sehr zufrieden. Hab das Tool unter Fluxbox in das Autostartskript integriert.

— hk · 9. Januar 2013, 22:10

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