Seitdem bei der Europawahl eine junge schwedische Partei einen Parlamentssitz erlangte, ist auch in Deutschland die Aufbruchstimmung deutlich zu spüren. Auf einmal erscheint es möglich, dass demnächst eine neue Partei im Parlament vertreten ist. Im Bundestagswahlkampf 2009 fallen weder CDU/CSU, noch SPD, Grüne oder die Liberalen besonders auf – von sich reden macht eine kleine Schar moderner Störtebeker, die Bürgerrechte, Datenschutz, Privatsphäre und freien Zugang zu Wissen nicht nur im Internet als Galionsfigur vor sich herträgt: die Piratenpartei.

Piraten? Kann man so was wählen?

Die Frage, ob man Piraten wählen darf oder lieber die Küstenwache rufen sollte, dürften sich nicht Wenige stellen, die zum ersten Mal von der Piratenpartei hören. Dabei ist die junge Partei auch nicht gefährlicher als die übrigen Vertreter in der politischen Landschaft. Der provozierende Name ist dem schwedischen Vorbild entliehen: hier organisierte sich 2006 zum ersten Mal eine „Piratpartiet“, die sich so nannte, wie sie vom politischen Hauptgegner, der Unterhaltungsindustrie, diffamierend bezeichnet wurde: Piraten. In Deutschland hingegen war eher selten von Piraten die Rede, hierzulande hat man, vor allem durch Kampagnen in Kino und Filmvertrieb, einen anderen Begriff geprägt – der deutsche Ableger hätte sich daher genaugenommen „Raubkopiererpartei“ nennen müssen, um auf demselben Witz aufzubauen.

Wahlergbnisbalken mit PiratenparteiTrotz der gefährlich klingenden Selbstbezeichnung stellen sich die Piraten nicht neben das politische System, bilden keine neue Inkarnation einer außerparlamentarischen Opposition, sondern segeln ganz brav in Richtung der Institutionen. Der politische Auftritt unter dem augenzwinkernden Schwenken der Totenkopfflagge hat unterdessen einige Vorteile: die Maskerade bietet den idealen Boden, um sich bewusst von den etablierten Parteien abzugrenzen, sich modern und unverstaubt zu geben. Und es beflügelt die Kreativität der Mitglieder und Sympathisanten. Statt spröden Ortsvereinen gibt es „Crews“, statt am Kanzleramtszaun zu rütteln, soll der Bundestag „geändert“ werden. Piratensprache und -symbolik begleiten fast alle Bereiche und Auftritte der Piratenpartei und schaffen wie von selbst eine Corporate Identity mit hohem Wiedererkennungswert. Zudem machen sie die Piraten damit äußerst interessant – die Medien stürzen sich derzeit geradezu auf die neue Partei, Rundfunk und Presse haben genau wie die Piraten selbst ihren Spaß am modernen Freibeutertum.

Eine Spaß- oder Protestpartei?

Nun könnte man ob dieses Gebarens auf die Idee kommen, hier reihe sich jemand in die Riege aus Pogopartei, „Die Partei“, „Chance 2000“ oder gar der „Horst-Schlämmer-Partei“ ein. Bei öffentlichen Auftritten wird die schwarze Fahne geschwenkt, auf Berlins Potsdamer Platz „Killerschach“ gespielt und mit einem Motorboot im Regierungsviertel gekreuzt. Doch hinter der amüsanten Fassade stehen ernste Ziele und Anliegen: Schutz der Bürgerrechte, Datenschutz, Informationsfreiheit oder etwa die Reform von Urheber- und Patentrecht.

Jeden Tag werden 100 Hektar Wald abgeholzt, weil Poliiker sich das Internet ausdrucken lassen. Rettet den Wald, wählt PiratenDer Schwerpunkt der Piraten ist jedoch – trotz aller Beteuerung, keine reine Internetpartei zu sein – das Internet. Das Internet erst hat die Lücke in der Parteienlandschaft entstehen lassen, die die Piratenpartei nun besetzt. Hier hat die Piratenpartei ihre Wurzeln und hierin liegen auch die Beweggründe der Piraten, sich für ihre Ziele einzusetzen. Die Piraten haben sich in kürzester Zeit zur Partei der Generation Internet entwickelt. Doch das ist kein Malus, ganz im Gegenteil. Für die jüngeren Generationen ist das Internet kein bloßes weiteres Medium wie einst Radio oder Fernsehen, es ist ein integraler Bestandteil ihres Lebens. Das Internet als Informationsquelle ist fast nur noch ein Teilbereich einer neuen Kulturtechnik. Studiert, gearbeitet und Geld verdient wird im und über das Netz, Freundschaften werden virtuell gepflegt und geschlossen, die Freizeit wird im virtuellen Raum verbracht – oder koordiniert. Nicht nur, aber auch. Und das in einem zunehmenden Maße. Internet ist längst ein großer Faktor in der Welt Vieler geworden, ein Umstand, der sich in den Zielsetzungen etablierter Parteien praktisch kaum wiederfindet. Was bislang fehlte, war eine politische Interessenvertretung, die sich auch gezielt und speziell um die Bedürfnisse einer virtuellen und digitalen Lebensweise kümmert.

Ziele und Klientel

Browser, was sind denn jetzt nochmal Browser?Die Frage, ob Deutschland nun wirklich noch eine weitere Kleinpartei benötigt, erübrigt sich damit. Eine neue politische Kraft scheint überfällig, nicht nur, wenn man sich den Verfall der Bürgerrechte in den vergangenen Jahren vor Augen hält. Solange die etablierten Parteien bestenfalls moderne Entwicklungen ignorieren oder schlimmstenfalls eine Politik machen ausgehend von der Annahme, das Internet sei vor allem etwas Bedrohliches, das die Jugend verdirbt, Arbeitsplätze vernichtet, Amokläufer inspiriert, Terroristen vernetzt und überhaupt schlecht zu überschauen oder gar zu kontrollieren ist, wird sich die Piratenpartei keine Sorgen um weiteren Zulauf machen müssen. In den letzten Wochen sammelte die Piratenpartei fast spielend Anhänger, nicht zuletzt wegen der Verabschiedung des Zugangserschwerungsgesetztes (das vermeintliche Anti-Kinderpornographie-Gesetz, das „Stoppschilder“ im Internet ermöglicht) durch den Deutschen Bundestag. Die Piraten werden weiterhin Viktualienbrüder und -schwestern einsammeln, solange den Protagonisten der übrigen Parteien der Wille oder schlicht das Wissen fehlt, sich kompetent mit derlei Politik auseinanderzusetzen. Exemplarisch legendär geworden ist die Antwort von Bundesjustizministerin Zypries auf die Frage eines ARD-Kinderreporters, ob sie wisse, was ein Browser ist.

Die Existenz der Piratenpartei resultiert damit auch aus einem Generationenkonflikt: Jüngere Wähler können das Wort „Verbot“ allmählich nicht mehr hören. Sie fühlen sich von der Politik behandelt wie von Eltern, die ihren unmündigen Kindern alles Unverstandene verbieten, statt sich für ihre Welt zu interessieren. Beispielhaft hierfür die Reaktionen nach Amokläufen an deutschen Schulen. Statt eine signifikante Verschärfung des Waffenrechts zu fordern oder den Waffenbesitz strenger zu reglementieren, wird regelmäßig das Verbot von „Killerspielen“ gefordert. Die Piraten machen sich somit vor allem auch für die jüngeren Wähler interessant, die sich von „den Etablierten“ weder verstanden noch ausreichend vertreten sehen.

Screenshot Spreeblick mit SPD-kritischem TextDie derzeit im Bundestag vertretenen Parteien verdienen aus Sicht der Piraten einen Schuss vor den Bug, insbesondere die Große Koalition aus SPD und CDU/CSU, unter der die Bürgerrechte in jüngster Zeit in einem Ausmaß beschnitten wurden, wie man es sich vor einigen Jahren noch nicht hätte vorstellen können. „Bundestrojaner“ (heimliche Durchsuchungen von ans Internet angeschlossenen Computern), biometrische Pässe (Fingerabdruck im Personalausweis), elektronische Krankenversichertenkarte („Gesundheitskarte“), Vorratsdatenspeicherung, wie selbstverständliche Überwachung auf öffentlichen Plätzen und an Orten und im öffentlichen Nahverkehr und nicht zuletzt nun das „Zugangserschwerungsgesetz“, das zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Aufbau eines staatlichen Zensurapparates zielt und nur aufgrund der Verzögerungstaktik des Bundeswirtschaftsministeriums wohl nicht mehr zur Ausfertigung zum Bundespräsidenten durchkommt.

Die Privatsphäre schwindet rapide, nicht einmal in den eigenen Vier Wänden ist man noch unter sich – solange man Telefon und Computer benutzt. Das ist längst kein Alptraum mehr von Schriftstellern oder Paranoikern, es ist Realität geworden. Doch das Volk hat nichts zu verbergen – und will gerade deswegen nicht vollumfassend überwacht werden. Bei den Piraten formieren sich nun diese Stimmen.

In welche Richtung segelt ein Pirat?

Die Partei selbst betont, sie sei insofern „unpolitisch“, als dass sie sich nicht in eine bestimmte politische Richtung einordne, sie stehe Interessierten aus allen politischen Lagern offen; die Piratenpartei sei weder „links“ noch „rechts“, wenn überhaupt, dann steuer- oder backbord. Das ist zwar wunderbar opportunistisch formuliert, doch bei selbst nur oberflächlicher Betrachtung natürlich Unsinn, denn selbstverständlich lässt sich die Partei anhand ihrer Forderungen und Ziele recht gut in das klassische politische Spektrum einsortieren. Demnach pendelt sie je nach Themenpunkt irgendwo zwischen ganz links und ganz liberal. Schnittmengen bestehen jeweils zur Linkspartei, zur FDP und den Grünen. Der einzige schwedische Europaabgeordnete etwa hat sich in Straßburg der Grünen-Fraktion angeschlossen.

Bildschirmfoto Webseite der Piratenpartei
So machen die Piraten im Netz Politik: übersichtlich, transparent und zum Mitmachen; unten rechts: So „verkaufen“ die Grünen ihre Politik

Bildschirmfoto Webseite von Bündnis90/Die GrünenBasisdemokratie hat bei den Piraten dabei einen besonderen Stellenwert. Die Piratenpartei gibt sich fast basisdemokratischer als die Grünen: Man muss nicht einmal Mitglied sein, um sich einzubringen. Parteitreffen sind unkompliziert öffentlich und laden zur Beteiligung ein. Im Internet gilt dies sowieso. Während die klassischen Vorzeige-Basisdemokraten mit einem agenturgefertigten, einem IKEA-Katalog gleichenden Webauftritt abschrecken, fordern die Piraten mit einer schlichten und funktionalen Seite zum direkten Mitmachen auf: Wiki, Kommentare und Mailinglisten stehen allen Besuchern offen.

Löcher im Kiel – Piratenprobleme

Das Hauptproblem der Piraten ist sicherlich, dass sie sich ziemlich viel und dabei noch Hochkomplexes auf die schwarzen Fahnen geschrieben haben, dass sie sich für Sachverhalte einsetzen, die ohne genauere Beschäftigung damit und Verständnis für die Hintergründe selten auf Anhieb zu verstehen sind. Sie packen viele schwierige Themen auf einmal an, die den typischen „kleinen Mann“ von der Straße ersteinmal wenig interessieren. Unglücklicherweise verheddern sich die Piraten bisweilen auch in ihren Anliegen. In einer Interviewrunde des Senders n-tv Phoenix gelang es beispielsweise dem ehemaligen Vorsitzenden der Piratenpartei, Dirk Hillbrecht, kaum, dem Laien die Ziele und Forderungen der Piraten verständlich zu machen.

Vorgeworfen wird den Piraten bisweilen – hauptsächlich von politischen Gegnern – dass sie nur eine Handvoll Programmpunkte verfolgt, eine Ein-Themen-Partei sei und mit keinem vollständigen Parteiprogramm antritt, das alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens abdecke. Das ist unumstritten richtig, doch führt gerade die Konzentration auf wenige Spezialgebiete dazu, dass man die Piraten als authentische Partei wahrnimmt. Einen Anspruch, andere Parteien voll ersetzen zu können, stellt die Piratenpartei auch gar nicht, sie tritt bewusst und gezielt nur für ihre speziellen Anliegen ein. Der Verzicht auf den typischen politischen Gemischtwarenladen schärft hierbei ihr Profil deutlich – und es wirkt glaubwürdiger, als wenn man nun auch noch mit Außen- Familien- oder Rentenpolitik an den Start gehen würde.

Weniger Profil scheinen die Piraten bei der Frauenfrage zu haben: Die Kandidatenliste zur Bundestagswahl etwa ist ein reiner Männerverein und offenbart zugleich auch die Zusammensetzung der Piratenpartei: ein „Club der Technokraten“ – Mathematiker, Informatiker, Ingenieure, Softwareentwickler. Einen Arbeitslosen und einen Religionswissenschaftler findet man außerdem in der Liste. Immerhin. Vielleicht entwickelt sich da ja noch etwas.

Ankreiden kann man den Piraten jedoch, dass sie viel fordern, aber kaum Lösungen anbieten. Die offene Struktur, die gelebte Transparenz führt bisweilen dazu, dass die politische Auseinandersetzung und Diskussion unüberschaubar wird. Es wird viel geredet und zerredet. Es entstehen gute Ideen, aber auch äußerst Fragliches:

Verwässerung des Urheberrechts

Man bekommt bei den Piraten den Eindruck, als würden sie das geistige Eigentum am liebsten gleich ganz über die Planke springen lassen. Das wird so zwar nicht explizit gesagt, aber das Setzen des Begriffes „geistiges Eigentum“ in Anführungszeichen und ein Davorsetzen des Wörtchens „sogenanntes“ im Parteiprogramm sprechen Bände. Die Zurechtstutzung des Urheberrechtes stellt einen zentralen Programmpunkt der Piratenpartei dar, insbesondere soll das Urheberrecht bei nichtkommerzieller Nutzung faktisch nicht mehr gelten. Privatleute sollen fremde Werke frei kopieren – und vor allem auch verbreiten – dürfen. Gleichzeitig betont das Parteiprogramm, die Urheberpersönlichkeitsrechte zu achten. Worin dann aber das Recht z.B. eines Künstlers oder Autoren besteht, wenn er nicht mehr bestimmen darf, wo, wie und von wem sein Werk veröffentlicht wird, darauf geben die Piraten keine Antwort und verweisen nur schwammig auf „neue Konzepte“.

An dieser Stelle offenbart sich ein systematischer Widerspruch in der Parteipolitik der Piraten. Wenn es um die Rechte des Einzelnen geht, um dessen Datenschutz, um Internetzensur (um ungehinderten Netzzugang jedes Bürgers), dann soll das Recht möglichst allumfassend sein. Geht es hingegen um Urheber- und Patentrecht, ist die Freiheit des Einzelnen auf einmal nicht mehr soviel wert.

Im Ergebnis laufen die Pläne der Piraten auf eine Enteignung von Kulturschaffenden hinaus. Die Werke von Künstlern würden dadurch quasi gemeinfrei werden – Musiker dürfen Musik machen, Schriftsteller Romane schreiben, aber bitteschön für die Allgemeinheit, nicht für den eigenen Geldbeutel. Ob eine solche Politik tatsächlich zu der angestrebten „Freiheit des Wissens“ führen würde, wenn Künstler und Autoren aus Angst vor der Büchse der Pandora erst gar kein „Wissen“ mehr ins Internet einfließen lassen würden, ist fraglich. Die Entkommerzialisierung weiter Teile der Kulturlandschaft vermag in einem alternativen Wirtschaftssystem funktionieren, doch das ist wie vieles andere Utopie. Es drängt sich hier fast der Verdacht auf, als hätte mancher Pirat zuviel Star Trek geschaut.

Comic Die Piratenpartei kapituliert somit vor dem Nichtvorhandensein einer Lösung der heutigen Probleme, ganz nach dem Motto „was man nicht schützen kann, kann man nicht schützen (ist nicht schützenswert)“. Plakativ formuliert gehen die Piraten den einfachen, bequemen Weg: man kann das illegale Kopieren (technisch) nicht effektiv verhindern, also solle man sich doch damit abfinden. Nach derselben Logik könnte man Schwarzfahren und Ladendiebstahl endlich legalisieren. Statt neue Lösungen parat zu haben, sollen die alten verschwinden, ohne dass sie adäquat ersetzt werden könnten.

Als „Entschädigung“ für die Enteignung sind bisweilen Modelle wie die „Kulturflatrate“ im Gespräch. Christian Hufgard, Vorsitzender der Piratenpartei in Hessen Mitglied der Piratenpartei und 1. Vorsitzender des Vereins „Musikpiraten“, postuliert, dass der Begriff „Kulturflatrate“ irreführend sei, „Entschädigungsmodell“ wäre zutreffender. Von der anderen Seite gesehen vernebelt jedoch auch der Begriff „Entschädigung“ die Tatsache, dass es sich in Wirklichkeit um eine Kollektivstrafe handeln würde, die jeder Internetanschlussinhaber zahlen müsste, weil die Mehrheit Musik und Filme lieber kostenlos genießen möchte. Die Piratenpartei jedenfalls nimmt keinen Bezug zur „Kulturflatrate“ im Wahlprogramm.

Die Forderung nach einem Umdenken ist dabei ebenfalls zwiespältig zu betrachten. Als Beispiel, wie Kulturschaffende in Zukunft weiterhin Geld verdienen können, werden gerne der unbekannte Musiker genannt, der ein Video bei Youtube hochlädt, im Handumdrehen berühmt wird und auf einmal eigene Konzerte geben kann. Oder der Schriftsteller, der seine Texte zuerst im Internet veröffentlicht, dadurch viele Leser findet, eine Fangemeinschaft aufbaut und erst dadurch Bücher wie warme Semmeln verkauft. Davon abgesehen, dass solche Beispiele eher unter der Überschrift Ausnahmen firmieren, sind sie selbstverständlich schon heute möglich, ohne dass sie vom derzeitigen Urheberrecht ver- oder behindert würden. Es steht jedem frei, alternative Konzepte und Vertriebswege auszuprobieren oder zu nutzen und es ist eine Sache, z.B. die häufigere Verwendung von freien Lizenzen zu fördern, aber diese deswegen de facto allen anderen Kreativen auch aufzuzwingen, indem man das Urheberrecht „neu auslegt“, das zeugt von einem merkwürdigen Verständnis von einer freien Gesellschaft.

Ei, der Tauss!

Zu allem Unglück kommen zu den programmatischen und strukturellen Schwachstellen der Piraten nun auch noch die Stolpersteine des Tagesgeschäfts: im bisherigen Wahlkampf lief bislang manches eher suboptimal. Den Anfang machte die Aufnahme von Jörg Tauss, der unter dem Verdacht des illegalen Besitzes von Kinderpornographie stehenden Bundestagsabgeordneten, in die Partei. Steht die Piratenpartei wegen ihrer strikten Ablehnung der Anti-Kinderpornographie-Internetsperren ohnehin unter argwöhnischer Beobachtung, tritt nun ausgerechnet ein unter diesem Tatbestand Verdächtigter in die Partei ein. Ob Tauss den Piraten damit einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Immerhin können die Piraten dadurch nun medienwirksam verbreiten, sie wären mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.

Aufmerksamkeit erregte auch die Wahl eines Mitglieds in ein Parteiamt, als die Runde machte, dass sich der Kandidierende in der Vergangenheit relativierend zur Vernichtung der Juden geäußert hatte – mit Aussagen, die man sonst nur aus der äußersten rechten Ecke hört. Ironischerweise ermöglichte erst die Transparenz des „nicht vergessenden“ Internets diese Aufdeckung. Die Reaktion der Piratenpartei beschränkte sich zunächst auf die Aussprechung einer Rüge, ansonsten nannte man die Meinungsfreiheit als Grund, weshalb es zu keinen weiteren Reaktionen kam. Die Meinungsfreiheit endete dann allerdings im Forum der Piraten, wo Diskussionsbeiträge zu diesem Thema kurzerhand gesperrt wurden. Einen offenen Brief an das betreffende Mitglied unterzeichneten knapp 100 Piraten, etwa 60 Piraten missbilligten diesen Brief. Eine Woche später wurde dem gerügten Mitglied das erworbene Parteiamt aberkannt, eine Sperre für eine erneute Kandidatur auferlegt sowie der Parteiausschluss beantragt.

Die Chancen 2009

Bei der Europawahl traten die Piraten bereits an, erzielten anders als in Schweden jedoch kein nennenswertes Ergebnis. Der Erfolg der schwedischen Schwesterpartei, die einen Abgeordneten ins Europaparlament schicken konnte, hat aber auch in Deutschland aufhorchen lassen. Dass es mit populistischen Forderungen möglich ist, aus dem Stand fast 20% bei einer deutschen Landtagswahl zu erreichen, hat die Schill-Partei einst in Hamburg bewiesen. Zur Bundestagswahl wird sich zeigen, ob man mit ehrlicher, frischer und witzig gemachter Politik ein vergleichbares Kunststück verwirklichen kann. Ein Erfolg der Piratenpartei liegt trotz der bedrohlichen 5-Prozent-Hürde nicht im Bereich des Unmöglichen. Zuträglich wird den Piraten auch sein, dass sie den einen oder anderen Protestwähler ins Boot holen dürften, der in den etablierten Parteien keine Alternative sieht.

die SPD setzt nun auch auf PiratensymbolikDie anderen Parteien jedenfalls sind schon gehörig nervös. Die Jugendabteilung der FDP versucht, die Piraten totzuschweigen, die Grünen haben plötzlich die Kulturflatrate im Wahlprogramm stehen und die SPD fühlt sich sogar genötigt, selbst auf Piraten zu machen, indem sie auf ihrer Seite zur Internetpolitik den Totenkopf aufs Parteilogo pappt.

Selbst wenn sie nicht den Bundestag entern sollte – das Verdienst der Piratenpartei besteht schon jetzt darin, dass sie es geschafft hat, politikverdrossene Menschen wieder für das politische Geschehen zu begeistern; wie keine andere Partei schwimmt sie derzeit auf einer Welle der Sympathie. Sei es, weil sie der bisherigen Politik etwas entgegensetzt, sei es, weil sie sich selbst nicht so ernst nimmt – dafür jedoch ihre Ziele, und diese auch noch transparent und glaubwürdig präsentiert.

Es wird spannend, ob es den Seeräubern nun auch noch gelingt, ihre Wählerschaft zu mobilisieren und damit eine Prise frischen Wind in die Politik zu bringen – oder ob der gemeine Internetnutzer nur dann an einer Wahl teilnimmt, wenn er online mit der Maus abstimmen kann.
Artikelende

Quellen und Weiterführendes

Fragenkatalog Kulturflatrate (PDF)
Die Verbände der deutschen Übersetzer, Schriftsteller und Verleger wollten es wissen…

Musikpiraten
…die Musikpiraten antworteten

Alle unwählbar
Ein Deutscher in der Schwedischen Piratenpartei beschreibt die Aufbruchstimmung

Rettet den Wald (Video)
Der sachsen-anhaltinische Landesverband der Piratenpartei karikiert den Wahlkampf der Grünen

5 Irrtümer über die Piratenpartei

„Piratenparteien (…) mögen zuweilen schwach, übereifrig oder ungeschickt anmuten, aber die Probleme, die sie ansprechen, sind real“

Piraten, Gender und Pragmatik
Felix Neumann über die Überparteilichkeit der Piraten aus philosophischer Sicht

Kommentare


  • Musikpirat sagt:

    Hi Daniel,

    in dem Artikel ist ein kleiner Fehler. Ich bin nicht Vorsitzender der Piratenpartei in Hessen sondern 1. Vorsitzender des Vereins Musikpiraten und Pressesprecher vom Landesverband Hessen.

    Und was die „Kollektivstrafe“ angeht, siehst du die sonstigen Pauschalabgaben auch als Strafe an? :)

    Christian

  • Dankeschön Christian, ich bitte um Entschuldigung für die „Beförderung“. Ist korrigiert.

    > die sonstigen Pauschalabgaben auch als Strafe?

    In der Tat könnte es als ungerecht empfunden werden, wenn man etwa beim Kauf von Leermedien (z.B. Kassetten, CD-R/RWs) pauschal Urheberrechtsabgaben abführen muss, selbst wenn man die Medien nicht zum Aufspielen von geschütztem Material nutzt. Nur dürften die wenigsten das überhaupt wissen. ;)

  • Steffen sagt:

    Hi Daniel,

    vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel! Es ist wirklich bewundernswert, wie du die Piratenpartei von allen Seiten beleuchtest, ohne deine Neutralität zu verlassen. bisher habe ich immer nur Artikel gelesen, welche die Piraten entweder sehr übertrieben haben hochleben lassen oder welche sie mehr oder weniger als lächerlich dargestellt haben. Dies ist bis jetzt der erste, wirklich brauchbare und verständliche Artikel hierzu. :)

    Gruß Steffen

  • […] Abwechslung mal nur ein kleiner Linktipp knetfeder.de/magazin/2009/thema/piratenpartei/ wo die Piraten aus der Sicht eines Nichtpiraten erklärt […]

  • Markus sagt:

    Hallo Daniel,

    zunächst einmal möchte ich Dir sagen, dass dies ein wirklich gut geschriebener und vor allem differenzierter Artikel ist.

    Kritikfähigkeit (im Geben und Annehmen)ist ein elementarer Bestandteil demokratischer Willensbildung.
    Eine Sache die mir etwas auf den Magen schlägt ist die Behauptung, dass die Kulturschaffenden die alternative Wege für die Veröffentlichung ihrer Werke suchen eher die Ausnahme darstellen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

    1. Nine Inch Nails – die Musik von NIN wird seit mehreren Jahren Gratis über die eigene Homepage angeboten (Neue Alben fullFree, alte Alben gestaffelt erste 9 Tracks 4 Free, gesamtes Album 5$, spezielle Limited Editions -> 20$ aufwärts) Den größten Teil ihres Auskommens sichert sich NIN durch Live Konzerte und Merchandising
    2. K.I.Z. Hip Hop Kombo aus Berlin, erste Alben und Mixtapes frei verbreitet um die eigene Bekanntheit zu steigern

    Zudem kann jeder Künstler der ein Werk publiziert und unter CreativeCommons veröffentlicht eine kommerzielle Nutzung durch Dritte ausschließen (->private Verbreitung erwünscht) und darüber Hinaus anbieten eine erweiterte Lizenz zur kommerziellen Nutzung zu erwerben (Jamendo.de verfolgt diesen Ansatz)

    Zu folgendem Satz möchte ich noch Stellung nehmen:

    „Von der anderen Seite gesehen vernebelt jedoch auch der Begriff „Entschädigung“ die Tatsache, dass es sich in Wirklichkeit um eine Kollektivstrafe handeln würde, die jeder Internetanschlussinhaber zahlen müsste, weil die Mehrheit Musik und Filme lieber kostenlos genießen möchte.“

    Das ist im übertragenen Sinne eine exakte Definition von Demokratie. Eine Mehrheit die sich für etwas entscheidet (bzw. stellvertretende Abgeordnete) und ihren Willen dem Rest auferlegt….

    Zudem sprechen die ZAhlen der Medienwirtschaft, was die Nutzung bezahlter Downloads (iTunes, Musicload und Co.) eine andere Sprache in puncto: Die Leute wollen nicht für Werke zahlen.

    Mit freundschaftlichem Gruße

    MarkusC

  • […] First Tweet 3 days ago suchenwi Richard Suchenwirth http://www.knetfeder.de/magazin/2009/thema/piratenpartei/ knetfeder.de "Piraten – Internetsozialisten od.d.Antwort auf d.Überwachungsstaat?" view retweet […]

  • […] Die deutsche Piratenpartei – Internetsozialisten oder die Antwort auf den Überwachungsstaat? …. […]

  • Dennis sagt:

    „“In der Tat könnte es als ungerecht empfunden werden, wenn man etwa beim Kauf von Leermedien (z.B. Kassetten, CD-R/RWs) pauschal Urheberrechtsabgaben abführen muss, selbst wenn man die Medien nicht zum Aufspielen von geschütztem Material nutzt. Nur dürften die wenigsten das überhaupt wissen. ;)““

    Hallo! zB: Ist es seit 1.1.09 faktisch unmöglich viele elekt. Produkte wie, mp3Plyer, Handys, alle möglichen Speicherarten (CD, DVD, mp3, cf, etc), Drucker, Scanner, Mutligeräte etc. von Deutschland aus ins EU Ausland (zb Österreich) zu verkaufen bzw. auch umgekehrt wegen dieser Urheberabgaben. So musste erst Amazon.de den Versand dieser Produkte in andere Länder, der bisher problemlos möglich war, auf Druck der GEMA einstellen.

    Aber dann fragt man sich als Verbraucher schon, warum die GEMA so ne Macht hat und sogar den Europäischen Binnenmakrt und somit den freien Warenverkehr teilweise unterbinden kann? Wie kann ein Verein so eine Macht haben? Und der Dumme ist der Konsument, da er nicht dort kaufen kann, wo es für ihn billiger ist. Ist da gerecht?

  • Fabian sagt:

    Hallo,

    auch von mir erstmal ein Lob für den sachlich kritischen Artikel, eine weitere Anmerkung sei gestattet:

    Das Modell einer „Kulturflatrate“ wird von den Piraten eher abgelehnt da es sich um eine weitere Zwangsabgabe à la GEMA handeln würde, bei der eine gerechte Verteilung an die Kulturschaffenden nicht gewährleistet werden kann.

    Zum Thema wie du als Musiker in der heutigen Zeit (und das heißt ohne die Verwerter-Industrie des letzten Jahrhunderts) von deiner Kunst leben kannst empfehle ich diesen sehr lesenswerten Artikel:

    http://u.nu/8a6z

    Grüße,
    Fabian

  • Justus sagt:

    Hallo, und erstmal ein Lob für diesen Artikel.
    Konstruktive Kritik findet man leider nur sehr selten, zur Piratenpartei.
    Einen Punkt, der hier nicht zur Geltung kommt, finde ich aber dennoch erwähnenswert: mit der Erneuerung des Urheberrechts ist keineswegs nur die Musik- und Filmindustrie angesprochen (auch hier wäre es wichtig darauf hinzuweisen dass die Hauptverlierer einer entsprechenden Umänderung eher die Industrie als die Künstler sind, letztere verdienen durch die vollständige Aufgabe aller Rechte an ihre Labels ohnehin kaum Geld durch das Urheberrecht), sondern auch die Gentechnikindustrie.
    Hier gibt es viel bessere Beispiele warum eine grundsätzliche Neuregelung zwingend notwendig ist!
    So sind im Moment Patentanmeldungen im Gange die beispielsweise 75% aller lebenden Schweine betreffen.
    Wir dieses Patent akzeptiert, dann machen sich Bauern die eine Schweinezucht betreiben zu 75% strafbar!
    Das bedeutet dann, wenn die weiteren Pläne der Firma durchgeführt werden, dass die gesamte Nahrungsproduktion der _WELT_ von einer einzigen Firma kontrolliert werden kann, nur durch das bestehende Patentrecht!

    Von den tausenden Aidstoten in Afrika ganz zu schweigen, die sterben weil die Pharmaindustrie es durch Patente verhindert dass erschwingliche Varianten von Anti-Aids Medikamenten auf den Markt kommen…

    Als letzter Nachsatz: es ist tatsächlich ein schwammiger Punkt im Parteiprogramm.
    Aber: abschaffen wollen wir das Urheberrecht nicht, es muss lediglich abgewogen werden inwieweit es einen zur Kontrolle notwendigen Eingriff in die Grundrechte der Konsumenten erfordert es durchzusetzen!
    Denn bei aller Freiheit des Künstlers, auch der Konsument hat Rechte und das Urheberrecht kann keine höhere Gewichtung als die Freiheit des Einzelnen haben.
    Das Urheberrecht ist ein nicht verfassungsbasierter Schutz des geistigen (also nicht materiellen) Eigentums kann also keinen Vorrang vor Verfassungsrechten haben.

    http://aggregat7.ath.cx/2009/07/19/probleme-der-ethischen-begrundung-von-%E2%80%9Cgeistigem-eigentum%E2%80%9D-und-immaterialguterrechten-im-informationszeitalter
    ist hierzu recht Lesenswert.
    Gruß,
    Justus

  • […] Schneider hat auf Knetfeder.de eine sehr schöne und ausführliche Analyse der Piratenpartei veröffentlicht. Warum gibt es sie, woher kommt sie, was sind die Themen und […]

  • Merovius sagt:

    Moin,

    Da mein Kommentar noch nicht freigeschaltet wurde (andere aber schon) dachte ich mir, probiere ich’s auf die Gefahr, dass der mangels Cookies oder JS nicht ankam nochmal. Sollte also schon ein Kommentar von mir vorhanden sein, muss das hier nicht freigeschaltet werden ;)

    finde den Artikel prinzipiell sehr gelungen. Einzig der Urhebrrechtsteil gefällt mir nicht. Grund: m.E. mangelnde Kenntnis und das Durcheinanderwerfen von ein paar Dingen.
    Zunächst: Geistiges Eigentum ungleich Urheberrecht ungleich Copyright. Die erste Ungleichheit sollte eigentlich offensichtlich sein. Wir [die PIRATEN] behandeln Patentrecht, Urheberrecht und Markenrecht unterschiedlich, auch wenn diese Unterscheidung bei den Etablierten noch nicht angekommen ist.
    Die zweite Ungleichung erfordert schon ein wenig mehr Ausführung. Die Piratenpartei fordert keinesfalls, dass das Urhebrrecht „abgeschafft wird“, auch nicht „faktisch“. Das ist eine Lesart der FDP und basiert auf deren monetär orientierten Menschheits- und Gesellschaftsbild. Das Urheberrecht ist deutlich mehr, als das Recht, nichtkommerzeille Kopien zu verbieten. Wenn z.B. ein Stück, ein Buch oder ein Film unter eine CreativeCommons-Lizenz gestellt wird, gibt man damit nicht sein Urheberrecht ab, das ist Unsinn. Man behält sein Urheberrecht und gewährt den Käufern gewisse Rechte (und verwehrt ihnen andere). Wahr ist, dass nichtkommerzielle Kopien immer erlaubt sind. Aber das bedeutet weder, dass der Künstler sein Werk nicht verkaufen darf (oder kann), sondern nur, dass eben nichtkommerzielle Kopien erlaubt sind. der Künstler kann sich aber andere Rechte vorbehalten, so z.B. die kommerzielle Verfielfältigung (er kann also verhindern, dass andere mit seiner Arbeit Geld verdienen), oder die Veränderung des Werkes (er kann also verhindern, dass es in einem Kontext verwendet wird, der ihm nicht behagt). Es soll also ganz und gar nicht das Urhebrrecht abgeschafft werden, oder gar das Recht des Künstlers, mit seinem Werk Geld zu verdienen.
    2. Wir fordern eine Reform des Urheberrechts nicht, weil „es sich ja eh nicht verhindern lässt“, sondern weil wir finden, dass es die Welt zu einem besseren Ort machen würde. Die Gründe sind also nicht (nur, dazu gleich mehr) pragmatischer, sondern vor allem ideeller Natur. Was den Ladendiebstahl-Vergleich angeht: Der ist aus offensichtlichen Gründen Unsinn. Ein Ladendieb schadet dem Ladenbesitzer (schließlich hat der danach den gestohlenen Gegenstand nicht mehr). Was den Schwarzfahr-Vergleich angeht: Stell dir vor, so etwas wird gefordert. Es existiert sogar eine ePetition zu diesem Thema – da nennt es sich allerdings „Fahrtkostenerstattung“. Tatsächlich sind viele der Ansicht, dass der ÖPVN aus Steuergeldern finanziert und dann kostenlos gemacht werden sollte, im Bereich von Studententickets geschieht das bereits. Seltsamerweise nennt _das_ allerdings niemand eine „Enteignung der Verkehrsbetriebe“, oder „Sozialismus im Nahverkehr“ (Übrigens: Dieser Vergleich soll nicht bedeuten, dass wir Künstler aus Steuern finanzieren wollen und dafür ihre Werke kostenlos machen, nur zur Sicherheit).
    3. Dieser Punkt wird gerade von der FDP ebenso gerne übersehen: Die Urheberrechtsreform ist nichtoptional. Man _kann_ keine Freiheit im Netz und Datenschutz und Privatssphäre fördern und gleichzeitig Privatkopien unterbinden. Das ist technisch nicht möglich. Das ist (zumindest offiziell) der ursprüngliche Grund, aus dem die Urheberrechtsreform in das Programm der Piratpartiet aufgenommen wurde – um Datenschutz zu gewährleisten, weil zunehmend die Grundrechte ausgehöhlt werden, auf Geheiß der Contentindustrie (böse Zungen munkeln, dass das Zugangserschwernisgesetz maßgeblich auf Initiative der Contentlobby entstanden ist und Dieter Gorny hat ja auch öffentlich dieses Gesetz begrüßt und schon sehr früh vorgeschlagen, Kinderpornografie und Urheberrechtsverletzungen gleichzusetzen).
    4. Die Privatkopie (das nur am Rande) ist bereits legal. Diese Klausel hat die EU als Alternative zu einer Fair-Use-Klausel ins Urheberrecht eingebaut, um es Konsumentenfreundlicher zu gestalten. Und für diese Klausel zahlt schließlich jeder, der sich einen Computer, einen Brenner, eine Digitalkamera oder eine Leerkassete kauft auch Geld. Die „Kulturfaltrate“ ist also folgerichtig auch keine „Kollektivstrafe“, sondern „der Preis für das Recht auf Privatkopie“.

    So, das wärs wohl ;) Sieh das übrigens bitte nicht als Trollposting – es geht mir wirklich darum, den Standpunkt der Piratenpartei (oder zumindest meine Auslegung davon – Basisdemokratisch wie wir sind gibt es derzeit vermutlich kanpp 6000 verschiedene Auslegungn des PArteiprogrammes ;) darzulegen.

    So long,

    Mero

  • Stefan sagt:

    „In einer Interviewrunde des Senders n-tv gelang es beispielsweise dem ehemaligen Vorsitzenden der Piratenpartei, Dirk Hillbrecht, kaum, dem Laien die Ziele und Forderungen der Piraten verständlich zu machen.“

    Sollte das nicht Phoenix heißen? Oder war Hillbrecht zweimal im TV und ich hab es gar nicht mitgekriegt?

    Ansonsten wirklich ein schöner Artikel und erfreulich, dass wir in einer neutralen Betrachtung ziemlich positiv erfasst werden. Am Thema Urheberrecht muss gefeilt werden, das stimmt. Ich selbst kann da in Diskussionen auch immer nur mit persönlichen Einschätzungen argumentieren, aber nie auf genaue Parteiforderungen verweisen. Das macht die Sache nicht leichter.

  • Telse sagt:

    Schöner ausführlicher Beitrag.
    Schade das zur Bundestagswahl nur Männer antreten, aber wenigstens zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein haben die Piraten einen Spitzenkandidatin

  • JoSch sagt:

    @Telse
    „Schade das zur Bundestagswahl nur Männer antreten…“
    Finde ich auch schade, aber es gibt wohl im Augenblich nur sehr wenige Frauen, die sich in der Piratenpartei engagieren. Vieleicht ändert sich das ja mit der Zeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frauen ein anderes Demokratieverständnis haben als Männer ;)

  • Jan Huwald sagt:

    Erläuterung wieso die Piraten vom „sogenannten „geistigen Eigentum““ sprechen:
    http://www.gnu.org/philosophy/not-ipr.html

    Wenn wir Immaterialgüterrecht schreiben, dann verstehen die meisten nicht mehr worum es geht, auch wenn beide Begriffe das gleichen Entitäten umfassen.

  • Stefan, danke, es stimmt: die Phoenix-Sendung „Unter den Linden“ war gemeint. Pardon.

    Merovius, Kommentare werden hier nicht moderiert/freigeschaltet, nur zeitverzögert automatisch veröffentlicht; hinter den Kulissen ist kein früherer Kommentar aufgetaucht, da scheint es dann tatsächlich technische Probleme gegeben zu haben. Abgeschaltete Cookies oder deaktiviertes Javascript dürften daran aber eigentlich nicht schuld sein. Wie dem auch sei, danke für’s erneute Kommentieren!
    Durcheinandergewürfelt wird im Text übrigens nichts, ein Absatz beschäftigt sich lediglich mit urheberrechtlichen Aspekten als Unterpunkt des Geistigen Eigentums/Immaterialgüterrechts. Das Auslassen von z.B. Lizenzen, Patentrecht, US-Copyright oder Markenrecht bedeutet ja nicht, dass Urheberrecht damit gleichzusetzen wäre.

  • Auffällig ist, dass beim Thema meist zuerst an Musik (oder Filme) gedacht wird. Musiker könnten statt vom klassischen Verkauf der Musik selbst (Tonträger, MP3s) natürlich auch von Konzerten und Devotionalien leben. Aber ausschließlich? Und alle Musiker? Es sind mir nur wenige Beispiele bekannt, wo dies funktioniert hat. Klassische Musik kommt z.B. kaum ohne Subventionen aus. Wie aber sollen sich Filmproduktionen amortisieren – Verbannung ins Kino? Was ist mit Fotografen? Schriftstellern? Kann ein Autor von Lesungen leben? Gingen tatsächlich genug ins Theater, um sich ein Buch „anzuhören“?

    Der Rezipient hat unbestritten Rechte, der Urheber auch. Gerade deshalb gibt es das Urheberrecht, es soll einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Kulturschaffenden und der Kulturgenießenden ermöglichen. Die Forderungen der Piratenpartei nach völlig freier Kopierbarkeit wirken, als würden sie zu einer extremen Schieflage führen – zu Ungunsten der Urheber, wenn nicht im Gegenzug eine Kompensation geschaffen würde (Stichwort Kulturflatrate). Gefordert wird jedoch eine Urheberrechtsänderung nur zugunsten der Rezipienten, nicht zugunsten der Urheber. Mit fairem Ausgleich hat das offenbar nicht mehr viel zu tun.

    Die Unterscheidung privat/kommerziell hilft heutzutage nicht mehr viel weiter, da in Zeiten der digitalen Kopie die Grenzen verwischen; jede Privatperson kann beliebig viel Material beliebig oft selbst (wieder-)veröffentlichen, in der Summe wohl mehr als jeder kommerzielle Anbieter. Vielleicht sollte man eher zwischen privat/öffentlich abgrenzen. Gegen die Privatkopie kann man nicht ernsthaft etwas einwenden, aber das Wiederveröffentlichen, das massenhafte Verbreiten – ohne Aussicht auf Gegenleistung – das macht Urhebern Sorge.

    Die verfassungsrechtliche Freiheit des Einzelnen hier als Gegenpol zu den Rechten von Urhebern zu nennen, scheint ein bisschen hochgegriffen, ein Urheber schränkt niemand anderen ein, indem er ein Werk veröffentlicht. Nutznießer können jedoch dem Urheber schaden, wenn sie dafür sorgen, dass der Urheber aus seiner Arbeit keinen Nutzen mehr ziehen kann. Wenn man Grundrechte anführt, sollte ebenfalls erwähnt werden, dass auch die Freiheit der Kunst ein Grundrecht ist.

    Der Ladendieb- und Schwarzfahrer-Vergleich ist – zugegeben – sehr plakativ gewählt. Selbstverständlich könnte man darüber nachdenken, den öffentlichen Nahverkehr völlig „kostenlos“ zu machen, indem man ihn aus Steuergeldern finanziert. Der Unterschied ist, dass der ÖPNV bereits eine öffentliche Angelegenheit ist – die Werke von Künstlern, Autoren, etc. aber zunächst „Privatsache“. (Studenten-/Semestertickets übrigens werden normalerweise nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern von den Studenten – kollektiv – selbst bezahlt)

  • Gambler sagt:

    Super Bericht!

    Objektiv und analytisch. stellenweise vllt nicht 100% korrekt, aber der kern ist getroffen.

  • […] wir mal den Test: Möchte jemand für diesen Text etwas bezahlen? Ein Knetfeder-T-Shirt tragen oder einen Knetfeder-Kaffeebecher kaufen? Oder den […]

  • Slaya sagt:

    Bei der Kritik, dass geistiges Eigentum in Anführungszeichen gesetzt wurde hab ich aufgehört zu lesen.
    Es hat einen sehr einfachen Grund warum es so geschrieben wurde. Es gibt KEIN geistiges Eigentum. Der Begriff ist frei Erfunden und deshalb nicht als richtiges Wort anzusehen.
    Es wird nur immer und immer wieder davon geredet weil niemand sich ernsthaft Gedanken dazu macht was er hier eigentlich Kriminalisiert. So etwas wie Diebstahl von geistigem Eigentum wird man in keinem Gesetzbuch finden. Es heißt schlicht und einfach Urheberrechtsverletzung.

  • […] Guido Westerwelle wieder nicht Außenminister werden? Vor allem aber wird es spannend, ob die Piratenpartei die Sensation schafft, das gefährliche Riff in Form der 5-Prozent-Hürde zu […]

  • Rogo sagt:

    Toller Artikel.
    Gute Arbeit Daniel.
    Ahoi!
    Ein Pirat.

  • Ein Pirat sagt:

    Sehr guter Artikel.

    Ich will aber speziell nochmal den Absatz Kulturflatrate, Entschädigungsmodell, etc. aufgreifen.
    Hier wird vorgeworfen, mit der Kulturflatrate würde eine Zwangsabgabe für jeden Bundesbürger mit Internetanschluss herbeigeführt.
    Das ist zwar nicht zu leugnen, aber es ist genau der richtige und einzige Wege. Ob man dies nun über eine Abgabe auf Internetanschlüsse oder über Steuern erfolgt sei mal dahin gestellt.

    Das Argument, hier würde die gesamte Gesellschaft inhaftiert, Geldgeber zu sein, kann nicht gelten.
    1. Existiert diese Zwangsabgabe bereits für die ÖR und
    2. ist Subventionierung von Kultur durch die gesamte Gesellschaft auch heute schon gang und gebe.
    Man denke nur an Museen, Theater oder Opernhäuser.
    Jüngst habe ich an einer Führung in der Wiener Staatsoper teilgenommen. Die Wiener Staatsoper hat eine eigene Deckungsquote von 45%. Dies ist der absolute Spitzenwert unter grossen Opernhäusern weltweit. Absehen von Spenden werden also über 50% für den Betrieb eines Opernhauses durch den Staat finanziert.

    Nun muss sich unsere Gesellschaft fragen, was Ihr Kultur wert ist. Bei Museen, Theater, Opern wurde diese Frage bereits beantwortet.

  • […] die Führer der Piratenpartei es mit einer von den etablierten Parteien unterscheidbaren Politik ernst meinen, wären sie […]

  • Andre sagt:

    „Geistiges Eigentum“ ist kein seriöser Fachbegriff, sondern ein politischer Kampfbegriff der Lobby. In Deutschland spricht man von Gewerblichem Rechtsschutz oder Immaterialgüterrechten. Überhaupt wirft der Sammelbegriff Hinz und Kunz zusammen.

    Die Implikationen des Terminus GE sind:
    – Eigentumsmetaphorik und Kanalisierung der Debatte in diesen Kategorien
    – Naturrechtliche Fundierung selbst da wo sie rechtlich unhaltbar ist.

    Weniger Profil scheinen die Piraten bei der Frauenfrage zu haben: Die Kandidatenliste zur Bundestagswahl etwa ist ein reiner Männerverein und offenbart zugleich auch die Zusammensetzung der Piratenpartei

    – Es ist doch ein Wunder, dass die überhaupt so viele Kandidaten haben.
    – warum sollten Frauen in Kandidatenposition überproportional vertreten sein?

  • […] hätte jemand vergessen, das Ankertau zu kappen: Die Piratenpartei hat es nicht geschafft, mit dem erstmaligen Antreten zu einer Bundestagswahl auch gleich im […]

  • […] Rückschau, Knefeder-Magazin, August 2009: […]

  • […] Prozent bei der letzten Bundestagswahl, vereinzelt Sitze bei Kommunalwahlen – der Erfolg der Piratenpartei bei Wahlen war bislang bescheiden. Bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hatte sie keine […]

  • Manfred Höss sagt:

    Ups . wo bin ich da jetzt hingeraten , Piraten ,, Das sind doch die die auf dem Meer andere Leute überfallen . Aktuell in der Region um Somalia … Für mich als ehemaliger Weltenbummler in Sachen Flugzeugtechnik und Musiker natürlich ein Problem ,, wer lässt sich schon gerne Überfallen …
    Aber ihr habt das registriert , auf mein Schreiben ,, im Gegensatz zu dem Sender Deutsche Welle , das freut mich .
    Null Problemo ,, Mit meinem Beitrag zur Deutschen Welle hab ich etwas abgelassen was mir am Herzen lag . Das Ihr das bemerkt habt finde ich schon toll …
    Weiter mit der Räuberei ,,,, und viel Glück
    Manfred Höss

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