Die aktuelle Uhrzeit herauszufinden ist eine der leichtesten Übungen, könnte man meinen. Doch wenn es auf die Sekunden genau werden soll, dann verläuft man sich schnell zwischen den vielen verschiedenen Möglichkeiten der Zeitanzeige – und die vermeintlich korrekte Zeit entpuppt sich als Schwindel. Wie man im Internetzeitalter an die korrekte Atomzeit kommt und ob man unbedingt eine Funkuhr braucht, wenn man seine altmodische Armbanduhr möglichst präzise stellen möchte.

Nahaufnahme eines Digitaluhr-DisplaysDie heute in unserer Gesellschaft gemessene und verwendete Zeit ist keine natürliche Zeit mehr, sie richtet sich nach Vereinbarungen und Konventionen und zeigt etwa um 12 Uhr mittags – außer am jeweiligen Referenzpunkt, sofern keine Sommerzeit festgelegt ist – nicht mehr den tatsächlichen Sonnenhöchststand an.

Die theoretische Referenz für die mitteleuropäische Zeit ist der durch das Greenwicher Observatorium verlaufende Längengrad plus eine Stunde (Normalzeit) bzw. zwei Stunden (Sommerzeit). Die praktische Referenz ist die internationale Atomzeit, in Deutschland gemessen mit einer Atomuhr der PTB in Braunschweig. Nach ihr wird das heutige Leben ausgerichtet und getaktet. Aber wo bekommt man nun die genaue Uhrzeit her, wenn man die Armbanduhr oder den Wecker möglichst genau stellen möchte?


Computer und Smartphone

Zeitsynchronisierungseinstellungen am PCIn Zeiten des Internets ist das eigentlich kein Problem mehr, möchte man meinen. Smartphones und Computer beziehen ihre Zeit über einen NTP-Server, der die Atomzeit mitteilt. Wer auf sein Handy oder den PC schaut, Internetverbindung hat und den entsprechenden Dienst nicht deaktiviert, der hat eine recht genaue Vorstellung von der Zeit. Die Sache hat aber einen kleinen Haken: Absolut präzise ist die Angelegenheit dann doch nicht. Zwar berücksichtigt und korrigiert das NTP-Protokoll Übertragungsverzögerungen, so dass die Zeitanzeige sehr genau ist, aber wenn gerade keine Internetverbindung bestehen sollte, läuft die Computeruhr möglicherweise ebenfalls ungenau. Außerdem erfolgt die automatische Synchronisierung mitunter nicht täglich. Wer seine Uhren auf die Sekunde genau nach der Atomzeit stellen möchte, sollte sich daher nicht blind auf Rechner oder Smartphone verlassen, sondern zumindest zuvor die Synchronisierung manuell anstoßen.


Internet

Zeitsynchronisierungseinstellungen am PCWohlgemerkt, der Tipp zuvor gilt für die systemeigenen Uhrzeitfunktionen. Wer im Internet die Atomzeit googeln will, wird zwar fündig, erhält dort aber nicht die genaue Atomzeit, nur die ungefähre. Denn die Anzeige über Webseiten verfälscht die Zeitanzeige ein wenig. Eine sekundengenaue Zeitanzeige ist praktisch kaum möglich – und kann je nachdem, wie schnell der Browser die jeweilige Seite geladen hat, auch mehrere Sekunden abweichen. Internetseiten liefern daher nur einen groben Wert. Fragt man etwa Google, indem man nach „Zeit“ sucht, erhält man auch nur einen Wert ohne Sekundenangaben. Für die genaue Uhrzeit sollte man daher lieber die Uhr des Betriebssystems selbst synchronisieren.


Funkuhren

Empfangssymbol auf Funkuhr-DisplayFunkuhren sind gewöhnliche Quarzuhren, die sich jedoch automatisch stellen und übliche Abweichungen regelmäßig, meist in der Nacht oder zur vollen Stunde, selbständig korrigieren. Dies geschieht mit Hilfe eines Zeitzeichensenders. Armbanduhren, Wecker oder andere Uhren empfangen dazu das Funksignal eines Langwellensenders bei Frankfurt am Main. Der Zeitzeichensender DCF77 sendet jede Sekunde die Mitteleuropäische (Sommer-)Zeit, die von den Funkuhren in ganz Europa empfangen werden kann, und die sich mit diesem Signal synchronisieren können. Funkuhren zählen mit zu den genauesten Möglichkeiten, die präzise Zeit in Erfahrung zu bringen. Für Zeit-Junkies oder internetlose Rechner gibt es Funkuhren auch zum Anschluss über USB für den PC.


GPS

Zeitsynchronisierungseinstellungen am SmartphoneNeben Funkuhren und NTP stellt die Satelliten-Übertragung die dritte Möglichkeit dar, eine präzise Zeitanzeige zu erhalten. Hierbei wird die Atomzeit über das GPS-Signal zur Verfügung gestellt. Wer einen GPS-Empfänger sein eigen nennt, kann somit auch über diesen die Zeit beziehen. Das schließt auch Smartphones ein. Die vom GPS nicht berücksichtigten Schaltsekunden der vergangenen Jahre (GPS-Satelliten laufen noch immer mit der im Jahre 1980 gültigen Atomzeit) werden von der Empfängersoftware in der Regel automatisch korrigiert. Somit bekommt man auch ohne Netzempfang über den Satellit eine hochgenaue Uhrzeit aufs z. B. Handy. Zum manuellen Synchronisieren oder Anzeigen gibt es entsprechende Apps.


Radioprogramm

Analog, über UKW empfangene Radiosender lassen sich ebenfalls zur Zeitsynchronisierung nutzen. Viele Radioprogramme senden vor ihren Nachrichten ein meist präzises akustisches Stundensignal. Das sollte man aber nur bei analogem Empfang nutzen. Bei Empfang über Digitalradio sorgt der Dekodierungsprozess dafür, dass das Programm der tatsächlichen Zeit hinterherhinkt. Während z. B. das Piep-Piep-Piiiiiiep des Deutschlandfunks über UKW praktisch synchron zur Funkuhrzeit ist, kommt es über DAB+ 2–3 Sekunden später aus dem Lautsprecher. Gleiches gilt für Internetradio.


Digitalradio

Besser ist da schon die eingebaute Uhrzeit in Digitalradios. Radios mit DAB+ erreichen fast die Werte einer Funkuhr. Neben dem Radioprogramm wird auch die Zeit übertragen – und vom Radio in der Regel beim Einschalten synchronisiert. Die Genauigkeit liegt etwa bei maximal einer Sekunde Unterschied zur Atomzeit. Die Radios können bei entsprechender Funktionalität diese Zeit anzeigen. Wer ein DAB-Radio besitzt, bekommt als Bonus also quasi auch eine relativ genaue Zeitanzeige. Größere Abweichungen können auftreten, wenn beim Einschalten kein DAB+-Empfang besteht.

Uhrzeitanzeige auf DAB-Radio-Display


RDS

Auch das herkömmliche, analoge Radio bringt die Zeit mit, wenn das Radio RDS, Radio Data System, unterstützt. Das RDS-Zeitsignal ist aber nicht standardmäßig vorhanden wie beim Digitalradio, sondern liegt in der Verantwortung des jeweiligen Radiosenders. Nicht alle Sender schicken neben dem eigentlichen Programm auch die aktuelle Uhrzeit mit, jedoch die meisten öffentlich-rechtlichen Sender. Allerdings kam es hier schon vor, dass z. B. die Zeitumstellung verschlafen wurde. Eine automatische Synchronisierung mit dem RDS-Signal bieten jedoch nur höherwertige Radiogeräte, etwa Autoradios.


Fernsehprogramm

Der Fernseher kennt natürlich ebenfalls eine Uhrzeit. Auf das (digitale) Fernsehprogramm kann man sich aber ebenfalls nicht verlassen. Wenn z. B. der Tagesschau-Gong ertönt, ist es in Wirklichkeit meist schon ein bisschen später. Einspeise-, Dekodierungs- und Übertragungswege schlucken zu viel Zeit, als dass mit dem Fernsehprogramm eine sekundengenaue Zeiteinstellung möglich wäre. Entsprechend verhält es sich mit der Videotext-Uhrzeit.


Telefon

Wenn kein Radio, kein Satellitenempfang und auch kein Internet zur Hand ist, bietet sich der Klassiker Telefonansage an. Das elektronische Fräulein vom Amt sagt nach wie vor kostenpflichtig die Zeit an: „Beim nächsten Ton ist es…“ Es hat vielleicht nicht die Praktikabilität einer Funkuhr-, Netz- oder Satellitenverbindung, aber durchaus deren Genauigkeit.


Wetterstationen

Viele elektronische Wetterstationen für den Hausgebrauch zeigen ebenfalls die Uhrzeit an. Hier muss man jedoch stark unterscheiden. Einfache Modelle zeigen nur die Zeit, die man vorher selbst eingestellt hat, andere haben Funkuhren integriert. Diese sind dann ebenso präzise wie gewöhnliche Funkuhren/Funkwecker. Eine Besonderheit stellen jedoch jene Stationen dar, die mit dem Service „Wetter direkt“ ausgestattet sind. Diese bieten innerhalb Deutschlands ebenfalls eine automatische Uhrzeitfunktion, allerdings eher ungenau. Sie darf nicht mit einer Funkuhr verwechselt werden. Die Zeit wird ebenfalls von selbst gestellt, jedoch nicht über den DCF77-Funk, sondern über ein ehemaliges Pagersignal. Dies kommt mitunter zeitverzögert bei den Empfängern an, so dass die empfangene Uhrzeit schon mal bis zu 2 Minuten von der tatsächlichen Zeit abweichen kann. Für das präzise Stellen von Uhren scheiden Wetter-direkt-Zeitanzeigen somit aus.


Bahnhofsuhren

Wenn es öffentliche Uhren gibt, die genau sind, dann sind es die meisten Bahnhofsuhren. Sie sind praktisch die einzigen Uhren, die tatsächlich jede Minute mit dem Funkuhrsignal abgeglichen werden, das i.d.R. von einer Mutteruhr für die restlichen Uhren auf dem Bahnhof weitergegeben wird. Das ist zur vollen Minute bei manchen Uhren gut zu beobachten: Läuft der Sekundenzeiger etwas zu schnell, bleibt er, an der 12-Uhr-Position angekommen, kurz stehen, um dann (wenn das Signal von der Hauptuhr gesendet wird), normal weiterzulaufen. Erst wenn das minütliche Zeitsignal kommt, springt der Minutenzeiger also weiter. Ironischerweise ergibt sich dadurch (wegen des „hängenden“ Sekundenzeigers) der Eindruck, dass ausgerechnet diese Uhren nicht sehr genau laufen. Doch eine genauere Zeitanzeige ist kaum zu bekommen, zumindest dann, wenn der Minutenzeiger gerade umspringt.


Sonnenuhr

Bleibt noch die traditionellste aller Zeitsynchronisierungen: Einen Stab in die Erde stellen. Sobald der Schattenwurf den geringsten Abstand erreicht hat, ist es 12 Uhr mittags. Auf eine sekundengenaue Anzeige kann man jedoch lange warten – und angezeigt wird auch nicht die amtliche, d. h. mitteleuropäische Zeit (außer man steht genau auf dem Längengrad 15° Ost und es ist gerade keine Sommerzeit), sondern die Wahre Ortszeit.

präzise Atomzeit
(ggf. nach Aktualisierung)
relativ genau
(Abweichung 1-2 Sek.)
unpräzise
(größere Abweichung möglich)

Rechnerzeit (NTP)

Smartphonezeit (NTP, GPS)

Funkuhrzeit („radio controlled“)

UKW-Radioprogramm

Bahnhofsuhren

Telefonische Zeitansage

Digitalradio-Anzeige

Analogradio mit RDS

manche Webseiten

Webseiten

Fernsehprogramm

Videotext

Digitalradioprogramm

Wetter-direkt-Stationen

Früher blieben nur Radio, Bahnhofsuhr oder Telefon, um die exakte Uhrzeit in Erfahrung zu bringen. Ab den 90er Jahren war die Funkuhr das Maß der Dinge, um eine präzise Uhrzeit zu erhalten. Im Internetzeitalter ist es nicht mehr notwendig, eine solche besitzen zu müssen, um – sekundengenau – auf der Höhe der Zeit zu sein. NTP-Internetzeit oder GPS-Empfang ermöglichen ebenso eine akkurate Zeitmessung. Bei richtiger Bedienung gibt es die genaue Uhrzeit am PC (via NTP) und am Smartphone (via NTP oder GPS) oder – weniger genau, aber noch akzeptabel – am Digitalradiogerät. Am UKW-Radio kann man ebenfalls Glück haben (via RDS), ansonsten bleibt nur der Kauf einer Funkuhr, der Besuch des nächsten Bahnhofs oder der Anruf bei der Zeitansage.

Artikelende

Weiterführendes

Atomzeit auf den Seiten der Physikalisch-technischen Bundesanstalt als Java-Applet

Warum die GPS-Zeit normalerweise nicht identisch mit der Atomzeit ist

Weshalb die GPS-Zeit im Mikrosekundenbereich noch präziser sein kann als eine Funkuhr

Kommentare


  • Radiorobbe sagt:

    Als Ergänzung seien noch Mobilfunknetze genannt, auch darüber werden Zeitinformationen transportiert und können von Endgeräten genutzt werden. Wie genau das ist, weiß ich allerdings nicht. Ist aber eine Alternative für diejenigen, die keinerlei Datentarif nutzen. Ja, diese Leute gibts tatsächlich noch. :)

  • Ralle sagt:

    Außer in Rußland gibts seit Putin/Medwedew keine Sommerzeit mehr, für die Milchviecher ein Segen, keine Melkzeitumstellung mehr und der Landwirt braucht die Kühe nicht langsam auf Sommerzeit- und Wimterzeitumstellung dran gewöhnen diese Zeitumstellung alle halbe Jahr bringt wirtschaftlich garnix ein, nur das wir abends im Sommer länger draußen sind um eine Stunde, für unsern Biorhytmus ist die Umstellung auch Streß für Schichtdienstleute besonders!

    B) Warum bauen die Handyhersteller keine Funkuhr im Smartphone mit ein, dann hätten wir auch Atomuhrzeit auf dem Handy, dann wäre der Drop gelutscht und hätten die sekundengenaue Uhrzeit noch ein Normal-Accufach mit Accus die auch die Fernbedienung oder in die Taschenlampe,Kamera dann kann man Accus leichter wechseln und nachrüsten weil sie bekommt im Baumarkt, Supermarkt,Elektromarkt,Discounter überall ganz billig nachgeschmissen im Verhältnis zum Handyspezialakku, die man oft nicht unter 25 €uronen gibt?

  • @Ralle: Der Einbau einer Funkuhr in Smartphones wäre ein unnötiger Kostenfaktor. Da Netzwerk und GPS sowieso schon an Bord sind, die einen präzisen Uhrenabgleich ermöglichen, macht eine Funkuhr in solchen Geräten nicht viel Sinn – und würde nur zusätzlich Strom verbrauchen und Platz kosten.

  • @Radiorobbe: Stimmt, mit manchen (vor allem klassischen) Handys ist ebenfalls die Zeit über das Mobilnetz exakt synchronisierbar. Allerdings muss das Gerät diese Funktion unterstützen – und auch der Mobilfunkprovider muss den Service anbieten, was zumindest in Deutschland oft nicht der Fall ist. Daher trifft man diese Möglichkeit seltener an.

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