Die am unkomfortabelste zu bedienende Software, die mir bislang untergekommen ist, ist ausgerechnet eine, die zu einem Projekt gehört, das sich Einfachheit und Benutzerfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Und ausgerechnet handelt es sich dabei um die wohl meistgenutzte und simpelste Software, die man unter Linux nutzt: gedit – der Texteditor von Gnome.
klein ja, aber nicht sehr handlich
Praktisch gesehen ist ein Texteditor das Herzstück eines Linuxsystems. Mit dem Editor werden Texte geschrieben, Konfiguration angelegt und geändert, Quelltexte betrachtet, Programme programmiert und Webseiten gestrickt.
Hier liegt dann auch das Problem mit gedit: all das kann man mit gedit tun, aber nicht alles mit derselben Einstellung. Möchte man Texte lesen, dann braucht man dafür sinnvollerweise einen aktivierten Zeilenumbruch. So sollte das dann aussehen:
Zu lange Zeilen am rechten Fensterrand werden automatisch in die nächste Zeile umbrochen. Hat man den Zeilenumbruch jedoch deaktiviert, dann ist es recht anstrengend, Texte zu lesen und zu schreiben:
Wieso lässt man dann also nicht den Zeilenumbruch ständig aktiviert? Weil Quelltexte, die man sich ansehen oder bearbeiten möchte, dann so aussehen:
Auch nicht das Gelbe vom Ei. Das alles wäre kein Problem, wenn man einfach zwischen Zeilenumbruch und Nicht-Zeilenumbruch umschalten könnte. Kann man bei gedit aber nicht. Umschalten schon, allerdings muss man dazu jedesmal erst die Einstellungen aufrufen und herumklickend ein Häkchen sezten oder wegnehmen. Nichtmal die Button-Leiste lässt sich konfigurieren, so dass man auf diesem Weg vielleicht noch zu einer komfortableren Bedienung käme.
Hier könnte sich Gnome ruhig mal ein bisschen Nutzerfreundlichkeit bei Windows oder KDE abgucken. Sogar das rudimentäre “Notepad” unter Windows kann das besser und hat wenigstens einen eigenen Menüeintrag für den Zeilenumbruch im Ansichtsmenü. KDEs “Kwrite” hat selbstverständlich auch einen Menüeintrag dafür und – noch besser – man kann mit einem simplen Tastendruck schnell zwischen beiden Anzeigevarianten umschalten.
KWrite-Menü
Das zweite große Ärgernis bei gedit: Tabs. Man kann’s auch übertreiben mit dem “Vertabben”. Fast jede Software hat heute Tabs, wenn sie etwas auf sich hält. Bei den Browsern hat’s angefangen (Opera, Firefox), die Linux-Konsolen und -Terminals unter KDE und Gnome können selbstverständlich auch Tabs öffnen und natürlich auch gedit öffnet Tabs statt neuer Fenster – was nicht unbedingt ein Vorteil ist. Klickt man etwa auf dem Desktop auf eine Textdatei – dann wundert man sich bei Gnome häufig, warum nichts passiert. Denn das erwartete Fenster hat sich stattdessen als Tab bereits im bestehenden, minimierten gedit-Fenster im Hintergrund geöffnet. Und wenn gedit bereits auf einem anderen Desktop geöffnet liegt – tja, Pech gehabt, dann bemerkt man vom Öffnen des Textdokumentes noch weniger.
Einfache Alternativen zu Gedit: Kwrite aus dem KDE-Projekt (Zeilenumbruch umschalten per Tastenkürzel) oder Mousepad, der Editor von XFCE (Zeilenumbrucheinstellung wechselbar über das Standardmenü):
http://www.xfce.org/projects/mousepad
http://www.kate-editor.org/kwrite
Nachtrag 22.08.08: Auch interessant: Geany (Zeilenumbruch umschaltbar über Menü) [via Coreblog]