Die IT-Newsseiten pfiffen es von den Dächern: Opera gibt es seit einiger Zeit nun auch wieder für Linux. Nachdem es Opera in der Linuxvariante bislang nur als Betaversionen gab, gehört seit der Veröffentlichung von Version 26 Linux nun wieder zu den unterstützten Systemen.
Wo also liegt der Fehler? Strenggenommen gibt es weiterhin keine Linux-Version von Opera – nur eine Ubuntu-Version. Denn anders als gedacht wird Opera offiziell nur noch für Ubuntu und seine Derivate bereitgestellt. Streng genommen gibt es damit nicht einmal für Debian ein offizielles Paket. Ganz bewusst konzentriert sich Opera Software auf diese Distribution(en) und stellt lediglich ein DEB-Paket bereit. Vorbei die Zeiten, als Opera als DEB-, RPM- und TAR-Paket zur Verfügung stand und für alle Distributionen angeboten wurde.
Wegen fehlender Abhängigkeiten läuft Opera nicht einmal auf dem aktuellen Debian 7 stable. Das Linux-Opera läuft daher wirklich nur auf Ubuntu, dessen Variationen und seinen Ablegern wie Linux Mint – und wenn der Rechner halbwegs aktuell ist. Denn damit noch nicht genug; wer Ubuntu & Co. lediglich in der 32-Bit-Version installiert hat, bleibt ebenfalls außen vor und soll weiterhin Opera 12 benutzen. Den neuen Opera gibt es nur noch als 64-Bit-Variante. Nur für Windows werden weiterhin auch 32-bittige Browser zur Verfügung gestellt.
Eine einsame Operaversion für die komplette Linuxlandschaft
Das ist wenigstens konsequent: Opera will nun Mainstream-Browser sein und richtet sich daher auch nur an die Mainstream-Distributionen, bei denen die meisten Anwender vermutet werden. Generös wird gestattet, das Ubuntu-DEB-Paket für andere Distributionen umzupacken – doch der Quellcode wird nicht bereitgestellt. Opera bleibt wie Chrome ein proprietärer Browser, auch wenn er weitgehend auf Open-Source-Technik aufbaut. Opera lässt die Arbeit die Distributionen bzw. einen seiner Entwickler in dessen Freizeit machen. Für entsprechend wenige Distributionen ist Opera daher bislang verfügbar.
Auch das nun separate Mailprogramm, das eigentlich nur eine kastrierte Opera-12-Suite ohne Webbrowserkomponente ist, wird nicht für Ubuntu bereitgestellt, dieses Privileg haben weiterhin nur Windows- und Macnutzer. Den Linuxern wird in den Opera-Foren stattdessen ernsthaft empfohlen, das alte Opera parallel zu installieren oder die Windowsversion von Opera Mail mit Hilfe von Wine laufen zu lassen.
Geringstmöglicher Aufwand für maximal mögliche Reichweite – es darf bezweifelt werden, ob Opera damit bei den Linuxern noch einmal einen Fuß in die Tür bekommt. Die alten Opera-Fans bekommen keinen würdigen Nachfolger – und der Rest ist mit Chrome oder Chromium wohl besser bedient. Opera für Linux? Leider nicht mehr als eine Ahnung dessen, was Opera früher einmal war. Ein ernstzunehmender Linuxbrowser ist Opera damit nicht mehr. Selbst Fast-ein-Mann-Projekte wie Qupzilla sind wie selbstverständlich für verschiedene Distributionen und Architekturen erhältlich. Das ist für ein börsennotiertes Unternehmen wie Opera ein Armutszeugnis.
Opera 12 gibt es weiterhin zum Download, und er kann sogar parallel zum aktuellen Browser installiert und betrieben werden, es gibt weiterhin Sicherheitsaktualisierungen für dieses Release. Wie lange noch, ist jedoch fraglich. Technisch allerdings ist Opera 12 schon längst veraltet und kann mit der Seitendarstellung von aktuellen Firefüchsen, Chromes und Explorern nicht mehr mithalten. Die neuesten CSS- und HTML-Spezifikationen werden in Opera 12 nicht mehr umgesetzt. Früher oder später werden sich daher auch die treuesten Opera-Anhänger einen anderen Browser suchen müssen.
Auf Desktop-Linux-Nutzer ist man bei Opera nicht mehr angewiesen, das hat bereits die monatelange Vernachlässigung gezeigt, als es keine aktuelle Version gab, während für Mac und Windows fleißig eine Version nach der nächsten erschien. Es wirkt, als würde Linux nur alibihaft unterstützt werden, um zumindest auf dem Papier multiplattformfähig zu sein – und weil Chromium ohnehin schon auf Linux läuft. Echtes Linuxengagement sähe jedoch anders aus. Damit bleibt Opera für Linux recht unattraktiv – de facto ein mit zusätzlicher Werbung zugepflasterter Chrome, der sich umständlich installieren lässt.