FTPS-Zugriffe mit dem Dateimanager unter Linux

17. September 2018

Wenn sich wegen eines klitzekleinen fehlenden Features die ganze Desktopumgebung disqualifiziert … Was Gnome, Cinnamon oder XFCE können, daran scheitert KDE: komfortable, aber sichere FTP-Verbindungen über das FTPS-Protokoll.

Spätestens seit der DSGVO sollte es jeder mitbekommen haben: Unverschlüsselt sensible Daten durchs Netz schicken ist böse. Das gilt auch für FTP-Verbindungen, wenn man z. B. Daten in Webspace-Verzeichnisse verschieben möchte.


Passwortabfrage nach Eingabe einer FTPS-Adresse in Thunar unter Plasma

Nicht alle, aber viele FTP-Programme unter Linux unterstützten FTPS-Verbindungen. Allerdings klappt es auch mit dem Dateimanager: Wer z. B. mit Gnomes „Dateien“ (Nautilus) oder XFCEs Thunar arbeitet, kann darüber ganz bequem Dateien mit FTPS handhaben. Es reicht, mit Strg+L die Adresszeile zu aktivieren und eine FTPS-Adresse nach diesem Muster einzugeben:

ftps://benutzername@ftp-server.tld

Ein Enter – und schon wird man nach dem Passwort gefragt. Legt man sich dann noch ein Lesezeichen im Dateimanager an und speichert das Passwort dauerhaft in der Passwortverwaltung, hat man künftig einen praktischen Sofort-Zugriff auf entfernte Verzeichnisse und kann mit den Dateien hantieren, als lägen sie auf der lokalen Festplatte. Drag and Drop, verschieben zwischen Fenstern oder auf den Desktop – alles kein Problem und ganz intuitiv.

Kein FTPS unter Plasma

Umso erstaunter ist man daher, wenn man versucht, mit KDEs Dateimanager Dolphin eine FTPS-Verbindung aufzubauen. Das funktioniert nicht. Ausgerechnet Dolphin, das eigentlich den Ruf als eierlegende Wollmilchsau unter den Linux-Dateimanagern genießt, fehlt dieses Feature. Es lassen sich zwar über die Alternative fish:// oder sftp:// SSH-Verbindungen etablieren, jedoch funktioniert dies nicht mit reinen FTPS-Gegenstellen. Und gerade viele Webspaceanbieter bieten nur FTPS als sicheren Übertragungsweg an.


Fehlermeldung in Dolphin beim Versuch, eine FTPS-Adresse zu öffnen

Eine Alternative gibt es dann nicht, es bleibt als Workaround nur die Verwendung eines separaten FTP-Programmes. Die praktische Handhabung in der normalen Dateiverwaltung entfällt dann aber. Und somit auch die Möglichkeit, unter KDE entfernte Verzeichnisse DSGVO-konform in die Lesezeichen aufzunehmen.

Zwar lassen sich Thunar und Nautilus auch unter KDE nutzen – doch die Interaktion funktioniert in diesem Fall auch nur zwischen Fenstern desselben Programmes. Von Thunar oder Nautilus lassen sich über FTPS aufgerufene entfernte Dateien nicht in ein Dolphin-Fenster oder auf den Plasma-Desktop ziehen.

Workaround Nr. 1

Wer dieses Feature benötigt, auf KDE aber trotzdem nicht verzichten will, muss ein wenig basteln. Mit z. B. curlftpfs gelingt das verschlüsselte Einbinden von FTP-Verzeichnissen in Dolphin trotzdem: die FTP-Verbindung verhält sich dann vergleichbar einem USB-Stick, der ins System eingebunden wird – und kann dann in Plasma ganz normal wie jeder andere Datenträger gehandhabt werden – auch mit Dolphin.

Workaround Nr. 2

Alternativ lässt sich das von den Gnome/XFCE-Dateimanagern genutzte Verfahren auch im Terminal aufrufen. Entfernte Verzeichnisse sind dann ebenso über Plasma bzw. Dolphin erreichbar.


aus der Kategorie: / Tipps & Tricks / Gnome & KDE

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Kommentare

>Ausgerechnet Dolphin, das eigentlich den Ruf als eierlegende Wollmilchsau unter den Linux-Dateimanagern genießt, fehlt dieses Feature.

Das liegt an kio-ftps. Vermutlich mangels Bedarf und/oder Interesse ist keine Portierung auf Plasma 5 erfolgt. Unter https://github.com/Akimkin/kf5-kio-ftps hat jemand damit angefangen aber schon vor Jahren wieder damit aufgehört.

Als eierlegende Wollmilchsau würde ich Dolpin auch nicht bezeichnen wollen. Da legt zum Beispiel der Double Commander deutlich größere Eier (und unterstützt auch FTPS).

Fryboyter · 18. September 2018, 01:59

Und natürlich kann man auch einfach in fstab oder mit systemd das entfernte Verzeichnis unabhängig von der Destopumgebung mounten und kann dann bequem von JEDEM Programm darauf zugreifen

— fleixi · 18. September 2018, 08:10

Und natürlich kann man auch einfach in fstab oder mit systemd das entfernte Verzeichnis unabhängig von der Destopumgebung mounten

Danke für den Tipp. Gibt es dafür eine endanwendertaugliche Anleitung?

Pinguinzubehör · 18. September 2018, 10:29

Danke für den Tipp. Gibt es dafür eine endanwendertaugliche Anleitung?

https://wiki.ubuntuusers.de/curlftpfs/

bzw für sftp:

https://wiki.ubuntuusers.de/FUSE/sshfs/

Jruß
chris

chris_blues · 18. September 2018, 20:11

Als endanwendertauglich würde ich den Weg jetzt nicht unbedingt bezeichen, da doch relativ viel vorbereitet werden muss, bevor eine Verbindung steht, aber es wäre eine Alternative. Artikel ist entsprechend ergänzt. Danke!

Pinguinzubehör · 19. September 2018, 00:03

Das ganze funktioniert unter Gnome und Xfce deswegen, weil beide gvfs/gio verwenden. Geht auch unter KDE mit gvfs-mount ftps://your.share oder gio mount ftps://your.share (hängt von der lokal verwendeten gvfs-Version ab). Gemountet wird das ganze unter /run/user/$UID/, sodass auch Kommandozeilen-Werkzeuge und andere graphische Applikationen darauf zugreifen können.

killermoehre · 20. September 2018, 09:10

Das ganze funktioniert unter Gnome und Xfce deswegen, weil beide gvfs/gio verwenden. Geht auch unter KDE mit gvfs-mount ftps://your.share
Gestestet, funktioniert ebenso wunderbar. Danke für die Ergänzung!

Pinguinzubehör · 20. September 2018, 23:07

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