Mozilla sagt bloß "Sorry"

17. August 2008

Sieht Mozilla, die Organisation hinter Firefox und Thunderbird, in Linux eigentlich nur ein Stiefkind? Auf den Gedanken könnte man kommen oder zumindest vermuten, dass Mozilla Windows deutlich lieber hat. Denn wer versucht, den aktuellen Firefox 3 oder in diesen Tagen die Alphaversionen des kommenden Thunderbird 3 zu installieren, bekommt vielleicht statt des erhofften Programmes nur diesen Hinweis zu sehen:

Dann nämlich, wenn er nicht das Neueste vom Neuesten einsetzt, sondern eine etwas ältere Linuxdistribution.

Was hat einen eigentlich damals dazu bewogen, auf Linux umzusteigen, obwohl das Angebot an Programmen im Vergleich zu Windows doch noch sehr dürftig war? Stabilität, Flexibilität – und die Aussicht darauf, ein System zu haben, das man nicht alle paar Monate neuinstallieren muss, weil die Registry verkonfiguriert ist und der Rechner immer träger wird.

Alte Linuxdistributionen, z.B. von 2006, laufen auch heute noch wunderbar, praktisch kann man damit oftmals nicht mehr viel anfangen – wenn man eben z.B. den neuesten Firefox oder Thunderbird benutzen möchte.

Im Falle von Mozilla deswegen, weil die Programmanbieter nicht mitziehen und ihre Softwarepakete nur mit den neuesten Technologien laufen lassen. Jedoch nur bei Linux: Alle “Pinguine”, die älter sind als anderthalb Jahre, schauen in die Röhre, Ubuntu 6-, Suse 10.1- oder Red-Hat-Nutzer kommen nicht in den Genuss der neuen Programme. Firefox/Thunderbird 3 unter Windows sind hingegen sogar noch unter Windows 2000, einem über 8 (!) Jahre alten Betriebssystem einsetzbar.

Durch diese Politik wird einer der Hauptvorteile von Linux durch die Hintertür wieder zunichte gemacht – am Ende muss man sein Betriebssystem doch alle paar Monate neu installieren, wenn man programmtechnisch einigermaßen aktuell bleiben will. Andere Softwarehersteller geben sich übrigens linuxfreundlicher: Opera läuft sogar noch mit Steinzeit-Linuxversionen oder auch OpenOffice lässt sich auf alten Maschinen problemlos installieren.

Das Problem des schnellen Veraltens ist jedoch oft auch durch die Unflexibilität der beiden großen Desktopumgebungen, Gnome und KDE, verschuldet: der Vorteil, dass man durch die Installation dieser Desktops auch gleich eine umfangreiche Programmausstattung dazubekommt, entpuppt sich nach einer Weile als Nachteil, denn die Programme sind meist nur als Komplettpaket im Angebot. Das neueste KMail nutzen, ohne das komplette KDE auszutauschen? Nicht möglich. Das neueste Evolution oder Gimp installieren, ohne sich sein restliches Gnome komplett zu zerschießen? Für den durchschnittlichen Nutzer nicht zu bewerkstelligen.

In diesem Punkt – Abwärtskompatibilität und individuelle Softwarewahl – zeigt Linux gegenüber dem Windows-Prinzip bisweilen deutliche Nachteile. Mit Linux bekommt man gleichzeitig eine Menge toller Software, muss sich letztendlich aber mit dem zufriedengeben, was die Desktopumgebungen zu diesem Zeitpunkt mitbringen bzw. was einem der Distributor zusammenstellt. Spätere Ergänzungen bzw. Aktualisierungen sind schwierig – falls man nicht gleich zu einem aktuelleren Linux greift.


aus der Kategorie: / Tratsch / Browser

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Kommentare

Ich bin jetzt wirklich kein Freund der Mozilla Anwendungen aber hier muss ich jetzt mal Mozilla verteidigen.

- der Sinn einer stabilen Distro ist stabile Software einzusetzen, also keine neuen Software Pakete – dazu zählt auch Mozilla – Windows liefert GTK nicht mit. Das übernimmt Mozilla. Würdest du ein mit GTK statisch gelinktes Thunderbird verwenden (keine Ahnung ob es da was gibt), würde es auch auf einem alten Laptop laufen – Mozilla hat in den alten Versionen richtig Probleme in KDE 4 gemacht, weil es zu altes GTK einsetze. Endlich verwenden sie eine neue Version – Mozilla kann unter Linux darauf setzen, dass es die neueste GTK Version zwingend verwendet, solange Mozilla und die benötigte GTK Version in die kommenden Distros kommen.

Martin · 17. August 2008, 21:27

Mir ist dein Problem nicht ganz klar. Man muss doch gar nicht neu installieren. Entweder man hat ein Rolling Release (Arch, Gentoo), oder trotzdem die Möglichkeit zu einem vollständigen Upgrade (Ubuntu, etc.). Wer zwingt einen denn ein Linux 2 Jahre nicht zu updaten?

Bei Linux ist so etwas derart schnell gemacht – gar kein Vergleich mit Windows. Ich verstehe nicht ganz, was daran schlimm ist wenn du eine neuere GTK-Version einsetzt. Eher sehe ich es fortschrittlich, dass Mozilla nicht nur alte Libraries einsetzt. :)

kb · 17. August 2008, 22:19

Es ist nur eine Feststellung:

1.) Windows aus dem Jahr 2000 (oder meinetwegen XP von 2002) anwerfen, Firefox 3 installieren – geht.

2.) Linuxdistribution von 2006 anwerfen, Firefox 3 installieren – geht nicht.

Ob das nun ein Problem ist oder nicht, hängt wahrscheinlich von individuellen Umständen ab. Schade ist es allemal. “Mal eben” eine aktuellere Distributionen installieren, das sagt sich in manchen Einsatzgebieten eben leichter, als es getan ist. Von “never touch a running system” mal ganz abgesehen. Auch nicht jeder macht jedes Update einer Distribution mit – und beim Überspringen von Versionen klappt ein Update meist nicht reibungslos, jedenfalls nicht, wenn man danach seine alte Konfiguration weiterbenutzen möchte.

“Static builds” von Firefox/Thunderbird, die unabhängig von bereits verwendeten GTK-Versionen lauffähig wären, existieren meines Wissens übrigens nicht, das ist ja gerade der Kritikpunkt.

Daniel · 17. August 2008, 23:45

Was erwartest du? Das Thunderbird 3.0 noch mit GTK+ 1.4 kompatibel ist?

Und die letzten beiden Absätze kann man so auch nicht lassen. Offensichtlich hast du das Konzept von Linux nicht verstanden. Unter Windows funktioniert das weil jedes Programm seine DLLs mitbringt und damit das System zumüllt. Häufig werden einfach ungefragt DLLs im Windows Ordner ersetzt wodurch es dann bei anderen Programmen knallt (DLL HELL). Stell dir vor du hast ein wichtiges Programm das eine bestimmte Version braucht und ein anderes Programm überschreibt die auf einmal. Ist mir schon passiert. Dann würdest du über Windows fluchen.

Linux ist nicht darauf ausgelegt das 5 Jahre die gleiche Basis verwendet wird und nur einzelne Steine ausgetauscht werden. Dafür gibt es ja bei Ubuntu zb alle 6 Monate ein neues Release.

Naja, zusammengefasst: wie man es macht ist es falsch. Irgend einer meckert immer drüber

— burli · 18. August 2008, 08:41

naja, ich bin keine firefox freund, deswegen ist es schon in ordnung so :)

aber um sachlich zu bleiben. es macht ja schon sinn, denn ansonsten müssten die gtk-library statisch verlinkt werden, was auch nicht sinn der sache sein kann (als nächstes bringt jedes programm seine libraries vollständig mit.. das wäre doch mist) -so werden sie sich einfach gedacht haben, dass es mehr sinn macht auf eine relativ aktuelle version zu setzen.

und das selbst win2k firefox 3 unterstützt… blöder vergleich, schließlich ist dort auch nicht viel passiert in den letzten jahren. ich seh das problem eher bei linux, dass eine 6 jahre alte distribution nicht eine aktuelle version von gtk zusätzlich installieren kann. bzw. das modell was ubuntu & co verwenden ist vieleicht auch nicht das richtige… man müsste rpaktisch stabile versionen auch recht einfach auf alten distributionen installieren lassen können.

ach, und das die 2teilung in gtk und qt nicht wirklich gut ist, ist ja nochmal eine ganz andere sache…

letzendlich empfehle ich sowieso rolling releases, bzw. wer eine 6 jahre alte distribution nutzt sollte vielleicht einfach updaten oder eben kein firefox nutzen :) der ist ja bekanntlich sowieso ziemlicher müll :) (um wieder mit trollen zu enden)

— nisita · 18. August 2008, 12:55

Heul halt,

wget http://ftp.gnome.org/pub/gnome/sources/gtk+/2.12/gtk+-2.12.11.tar.bz2
tar xfj gtk+-2.12.11.tar.bz2
cd gtk+-2.12.11
./configure —prefix=/opt/gtk-2.12
make install
LD_LIBRARY_PATH=/opt/gtk-2.12/lib firefox

— Gerhard · 18. August 2008, 14:41

Spräche denn irgendwas dagegen, wenn Mozilla zusätzlich und optional zu den normalen Versionen noch eine statisch gelinkte Versionen anbieten würde, die die passende GTK-Version gleich mitbringt? Das wäre doch immer noch deutlich anwenderfreundlicher als selbstkompilieren. Selbst die kleine Firma Opera schafft das schließlich, da gibt’s neben den QT-Shared-Versionen auch immer eine statische Version.

Daniel · 18. August 2008, 16:25

ähm…nicht ganz bei trost oder was?
Du verwendest eine [b]veraltete[/b] Linuxversion und beschwerst dich das versch. Programme nicht funktionieren?

Ich an deiner Stelle würde froh sein wenn mein PC nicht schon min. 2 BotNetzen angehören würde.

[strafrechtlich Relevantes gelöscht]
wegen Leuten wie dir (die ihr System nicht aktuell halten) haben andere Leute (aka Administratoren) ne Menge arbeit

— detru · 18. August 2008, 16:42

Detru, wirf bitte mal einen Blick über den Tellerrand. Ubuntu 6.06 z.B. ist alt aber noch nicht veraltet. Es soll nach unbestätigen Gerüchten zufolge übrigens tatsächlich Rechner geben, die keinen Kontakt zum Internet haben, aber trotzdem einen aktuellen Browser brauchen. Also kein Grund, sich deswegen die Tischkanten zu ruinieren.

Daniel · 18. August 2008, 21:15

Danke für die Anleitung, Gerhard! Ich hab’s mal ausprobiert, scheitere aber bereits an einem Configure-Error. Neben einer neueren GTK-Version fehlen nämlich auch neuere Versionen von Pango, Cairo, usw. – Du oder andere Linuxprofis dürften sich zu helfen wissen, für die meisten “Nur-Nutzer”, die einfach nur schnell gern den neuesten Firefox hätten, dürfte für den Fall, dass es vom Distrubutor keine neueren Pakete mehr gibt, an dieser Stelle Schluss sein – zumal z.B. die Pango-Seite selbst darauf hinweist, dass händische Aktualisierungen nur etwas für Fortgeschrittene sind.

Daniel · 21. August 2008, 21:28

Sorry Daniel. Du scheinst das Prinzip von stable Releases wirklich nicht richtig verstanden zu haben. Bei einem stable Release DARF es keine neuen Programme geben. Das ist der ganze Sinn davon. Neue Programme werden maximal in Backport Repositories angeboten und wenn man sich dabei sein System zerschießt, ist man selber schuld.

Der Sinn einer Distribution ist, dass man die einzelnen Programme – wie z.B. Firefox – nicht selbst aus dem Internet herunterlädt und nicht manuell installiert. Das bedeutet zwar keine neue Software, dafür wird einem aber vom Distributor “garantiert”, dass die einzelnen Komponenten zusammenarbeiten.

Bei einem Desktop System sollte man meiner Meinung nach jedes halbe Jahr das Update machen. Betrachte es einfach als Service Pack. Die installiert man unter Windows ja auch sofort. Dann hat man auch immer die aktuellsten Programme ohne selbst Hand anlegen zu müssen.

Martin · 21. August 2008, 22:52

Martin, ich gebe zu, ich stelle mich hier bewusst ein wenig stur. Ich finde dennoch interessant, dass es zu solchen Reaktionen kommt, obwohl ich nur festgestellt habe, dass ein aktueller Firefox auch ein aktuelles Linux erfordert – im Gegensatz zur Situation unter Windows. Statt zu sagen “ja, ist halt so”, kommt es zu Bedrohungen, Beleidigungen, Upgraderatschlägen und Erklärungen, warum es besser ist, dass es nicht funktioniert – aber darum geht es doch gar nicht. Ich verlange keine anderen Verfahrensweisen von Distributionen, ich würde auch nicht auf die Idee kommen, Distributoren für ihr Releasemanagement oder Paketierungsverfahren zu kritisieren.

Aber mal ganz ernsthaft gefragt: Wenn Opera derzeit zusätzlich zum über die Distrubution schon erhältlichen Browser Static-Pakete bereitstellt, die auch auf alten Maschinen laufen, dann ist das okay – aber wenn Mozilla das tun würde, wäre das auf einmal nicht mehr okay? Wieso? Technisch möglich dürfte es sein, einen statischen Firefox anzubieten, der aktuelle (niemand hat verlangt, dass Firefox noch GTK1 unterstützen soll) benötigte Bibliotheken gleich mitbringt, ohne den Distributionsaufbau an sich zu gefährden.

Man soll ja nicht den “System-Firefox” von 1.5 plötzlich auf 3.0 bringen können, sondern lediglich ein unabhängiges Programm eines Drittherstellers auf dem System zum Starten überreden. Was bei vielen Produkten (OpenOffice, Pidgin) problemlos funktioniert, aber eben nicht bei Firefox. Ist das tatsächlich so weltfremd, dass jemand noch z.B. Ubuntu 6.06 nutzt und trotzdem gerne den aktuellen Firefox hätte? Ich dachte, LTS gäbe es gerade deshalb, damit man eben nicht jedes halbe Jahr updaten muss – und sich damit ggf. neue Probleme einhandelt. Persönlich finde ich einen halbjährlicher Wechsel deutlich übertrieben. Ich möchte mit den Systemen arbeiten und sie nicht alle paar Monate installieren und neueinrichten. Um es zynisch zu sagen: dann hätte man auch bei Windows bleiben könnten.

Die Vorauswahl von Distributionen in allen Ehren, aber nicht jede Distribution (auch nicht die aktuellste) deckt immer sämtliche Anforderungen ab, sodass man früher oder später eben in Eigenregie Programme hinzufügt. Soll man das jetzt verbieten? Oder das Kompilieren nur noch den Distributeuren erlauben? Ich sehe Distributionen/stable releases als perfekte Ausgangsbasis, um ein funktionierendes System zu erhalten, aber deswegen auf eigene Anpassungen zu verzichten, halte ich gerade nicht vereinbar mit dem “Linux-Prinzip”.

Wie macht man dem technisch uninteressierten Anwender klar, dass er, um ein einziges Programm zu installieren, quasi gezwungen ist, das gesamte System auszutauschen bzw. zu aktualisieren? Wird dieser Anwender einem nicht irgendwann ‘nen Vogel zeigen und sagen “Linux ist scheiße”? (Wobei “Linux” in diesem Fall natürlich gar nichts dafür könnte.)

Daniel · 22. August 2008, 02:16

Kleiner Nachtrag zum Thema: Kommentator “sd07” hat bei Pro-Linux die Mozilla-Problematik am Beispiel von Opera einmal aufgegriffen (das aktuelle Opera unterstützt derzeit explizit über 100 unterschiedliche Distributionsversionen, darunter Senioren wie Ubuntu 4.10, Debian 2.2, Red Hat 6.2 oder Suse 7.x).

Daniel · 16. September 2008, 22:59

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