Windows ist einfach, Linux ist schwierig zu installieren, so die nach wie vor gängige Ansicht über die beiden Betriebssysteme. Dass das längst keine allgemeingültige Regel mehr ist, zeigt sich, wenn man es einfach mal ausprobiert.
Noch vor ein paar Jahren war Linux eine recht „unsichere“ Sache: Läuft es oder läuft es nicht? Als Anfänger hatte man dann nur die Möglichkeit, verschiedene Distributionen auszuprobieren oder die – noch nicht sehr große – Community um Hilfe zu bitten. Eine umfassende und hilfreiche Anlaufstelle wie etwa das Ubuntuusers-Wiki gab es noch nicht. Windows lief „out of the geschützte Wiederherstellungspartition“ – und Linux wollte oft nicht aus der Box.
Heute ist die Situation paradoxerweise oft genau andersherum: Linux ist für den Anfänger einfacher zu installieren als jedes Windows. Allein der Umstand, dass Windows bei Neugeräten oft vorinstalliert ist, lässt dessen Installation als einfacher erscheinen. Doch wenn der Anfänger Windows selbst neuinstalliert und gar die Gerätetreiber-CD nicht zur Verfügung hat, dann sieht es schon ganz anders aus.
Auch heute lautet der Tipp bei Linux noch: Nicht zu neueste Hardware, denn dafür gibt es noch keine Treiber. Neu hinzugekommen ist der Tipp für Windows: Nicht zu neue Hardware, denn sonst gibt es überhaupt keine Treiber mehr. Zumindest, wenn man es mit älterer Software versucht, dem immer noch beliebten XP etwa, und Treiber nur noch ab Windows Vista angeboten werden.
Ein Selbstversuch dieser Tage machte das mal wieder wunderbar deutlich: Neues Notebook, ein frisches Ubuntu installiert – und alles läuft. Ton, Internet, Graphik, Energieoptionen. Anschließend wird versucht, Windows XP zu installieren: überhaupt nichts funktioniert. Kein Ton, kein Netzwerk, kaputte Graphik, kein Energiemanagement. Das ist nicht die Schuld von Windows, wenn Hardwarehersteller keine XP-Treiber mehr beilegen, bzw. es ist die Schuld des Anwenders, wenn er von veralteten Betriebssystemen denselben Komfort erwartet wie von aktuelleren, aber es zeigt exemplarisch, wie bequem und flexibel eine Linuxinstallation heutzutage sein kann. Während bei Windows zig Treiber selbst zusammengesucht werden müssen, um ein Notebook halbwegs zum Laufen zu bringen, tut es ebenso auch eine aktuelle Linux-CD, ohne dass weitere Handgriffe vonnöten wären.
Man wird regelrecht zum Linux-Idioten. Alles läuft so perfekt, komfortabel und reibungslos, dass man überhaupt nicht mehr hinter die Kulissen zu schauen braucht. CD rein, starten – und fertig ist das benutzbare Linux. Doch wenn mal etwas nicht so läuft wie erwartet, dann gibt’s gleich eine ganze Reihe von offiziellen oder inoffiziellen Treibern, die zur Auswahl stehen. Wenn’s danach immer noch hakt, kann man manuell eingreifen, z.B. die Xorg.conf editieren, wenn die Graphikeinstellungen noch nicht passen. Unter Windows weiß man sich an dieser Stelle oft schon gar nicht mehr zu helfen. Ich jedenfalls war verblüfft, dass bei der Linuxinstallation überhaupt keine Nacharbeit mehr erforderlich war – und gleichzeitig über mich selbst erschrocken, wie wenig ich mir bei Windows noch selbst zu helfen wusste. Das nennt man dann wohl „angekommen bei Linux“. Man kann Windows tatsächlich „verlernen“.