Warum Linux auf dem Desktop und vor allem beim Privatanwender einfach nicht so richtig zum Zuge kommt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Mangelnde Spieletauglichkeit, Andersartigkeit, Inkompatibilitäten zu bisher verwendeter Software oder eine schier unübersichtliche Auswahl an Distributionen. Doch vielleicht sind auch die Hardwareverkäufer schuld – wenn die Verbreitung von Linux in der Praxis an Kleinigkeiten scheitert. Ein Gastbeitrag von Jennifer Rößler.
Die Kommentare zu diesem Pinguinzubehör-Artikel lassen die Frage aufkommen, was wohl passieren müsste, um mehr normale PC-Nutzer dazu zu bringen, sich mit Linux anzufreunden. Immer wieder liest man, dass die Vielfalt an Distributionen unter Linux Normalnutzer abschrecken und die deshalb lieber bei Windows oder Apple bleiben. Oder aber es heißt, unter Linux würde ja längst nicht alles so reibungslos funktionieren wie bei Windows.
Netbook mit LXDE
Ja, stimmt. Aber der Hauptgrund ist vielleicht ein völlig anderer. Ottonormalnutzer kauft sich einen neuen PC, schließt ihn an und er soll laufen, ohne erst noch das Betriebssystem installieren zu müssen. Gäbe es also mehr mit Linux, und zwar quer durch alle Distributionen, vorinstallierte Desktop-PCs oder Notebooks zu kaufen, würden sich wohl sehr viel mehr Nutzer für Linux entscheiden. Schon allein deshalb, weil ein Linux-PC billiger ist als ein Windows-Rechner oder ein Mac. Denn für das, was ein Normalnutzer am PC macht, reicht Linux völlig aus. Wer Umfangreicheres wie z. B. Videobearbeitung und Programmierung macht, hat auch kein Problem damit, sich selbst ein Betriebssystem zu installieren, er kauft sich gleich einen Rechner ohne Betriebssystem.
Doch leider gibt es nicht nur eine sehr geringe Auswahl an vorinstallierten Linux-PCs; die, die vorhanden sind, haben oft das Problem, dass Software und Hardware nicht sonderlich gut aufeinander abgestimmt sind. Es finden sich im Netz zwar für fast jedes Problem Lösungen, aber diese als Normalnutzer auch zu verstehen, ist oft eine Wissenschaft für sich und wenn man sich einschlägige Foren anschaut, hat man gar nicht den Mut nach Erklärungen zur Lösung zu fragen, aus Angst, ausgelacht zu werden.
Ein kleines Beispiel zu einer manchmal unüberwindbaren Hürde, die einem das Arbeiten mit Linux, bei aller Liebe, gar nicht so einfach machen: Als Normalnutzer, der fast alle Windows-Versionen durch und schließlich nach Windows Vista genug von Windows hatte, war man froh, dass einem dank Gnome 2 der Umstieg auf Linux leicht gemacht wurde. MS DOS und die Eingabeaufforderung unter Windows sind zwar praktisch ausgestorben, aber noch vertraut und dadurch ist auch der Umgang mit dem Terminal kein Problem, sofern einem der Reihe nach gesagt wird, was man tun muss.
Ubuntu-Zertifizierung trotz Windows-Taste
Doch dann kauft man sich ein Linux-Netbook, ist erleichtert, dass alles funktioniert, ohne dass man im Terminal noch tausend Dinge anpassen muss – nur um plötzlich festzustellen, dass das Touchpad, welches man eigentlich sowieso nicht mag und welches das Erste ist, dass bei jedem neuen Note-/Netbook sofort ausgeschaltet wird, sich nicht abschalten lässt, aber auch nicht einwandfrei funktioniert. Die Fn-Taste, die das ausschalten sollte, reagiert nicht, im Bios wird es nicht aufgeführt. Und nun? Man sucht im Netz nach Lösungen und findet nur Erklärungen, die man sowieso nicht versteht und die den Hinweis enthalten, dass sie sich auf ältere Versionen des Betriebssystems beziehen und eigentlich nicht mehr gültig sind.
Und genau an dieser Stelle gibt Ottonormalnutzer auf, wenn er niemanden hat, der einem die Lösung erklärt und sie ohne Hilfe wohl auch nicht umsetzen kann. Da man jedoch auf Linux nicht mehr verzichten möchte, lebt man damit – und schließt eine externe Tastatur an, um nicht ständig auf dem Touchpad zu landen.