Es gab eine Zeit, da hatte man unter Linux das Problem, dass es keinen vernünftigen Webbrowser gab. Es gab nur Netscape 4 in einer sehr wackeligen Linuxausführung, sonst nichts. Später kamen dann der Konqueror (der zunächst aber noch nicht wirklich gut Webseiten anzeigte) und die Mozilla-Suite (heute Seamonkey), außerdem noch Galeon, der für Gnome ebenfalls den Mozillaunterbau in einen Browser stopfte; auch Opera brachte eine Linuxversion heraus. Mit diesen vieren konnte man endlich auch unter Linux vernünftig ins Web.
noch ohne Firefox: Browser im KDE2-Panel vor 9 Jahren
Heute können sich Linuxnutzer über mangelnde Auswahl nicht mehr beklagen. Neben den schon genannten stehen auch noch Chrome, Chromium, Arora, Epiphany, Rekonq oder Midori bereit. Und natürlich Firefox. Letzterer ist es, der überall dominiert, kaum eine Distribution, die ihn nicht als Standard vorkonfiguriert. Auch das ist historisch bedingt, denn lange gab es auch zum Firefox keine echte Alternative (selbst reine KDE-Distributionen nahmen und nehmen Firefox als Vorauswahl). Das hat sich mit dem Auftauchen der Webkit-Engine geändert. Vor allem Google-Chrome wildert seitdem im Firefox-Umfeld, denn die wirklichen Innovationen findet man dort oder bei Opera.
Firefox hingegen erweckt den Eindruck, den Mitbewerbern nur noch hinterherzuprogrammieren; gerade Firefox 4 wird zudem für bisherige und fortgeschrittene Anwender immer unkomfortabler. Bei der Geschwindigkeit macht Firefox 4 wieder etwas Boden gut, bleibt aber nach wie vor ein schwergewichtiges, RAM-hungriges Programm. Da stellt man sich die Frage: Warum überhaupt noch Firefox nutzen? Aus Gewohnheit? Weil es “der Standard” und Mainstream ist?
Firefox wird allmählich zum “Internet Explorer der Linuxwelt”: optisch seit Firefox 4 sowieso, doch suchen manche inzwischen nach besseren Alternativen zum alles beherrschenden “Standardbrowser”, der einem mit jeder größeren Distribution quasi automatisch ins Haus flattert. Lubuntu hat Chromium als Standard voreingestellt, Knoppix wird offenbar auch darauf umsteigen und XFCE z.B. setzt auf Midori. Es wird spannend, ob sich dieser Trend fortsetzt, oder ob es Mozilla gelingt, wieder Boden auch bei den Linuxern gutzumachen.
PS: Die große Firefox-4.0-Rezension gibt es nebenan im Magazin: Firefox 4 – Willkommen im Chaos