Ubuntu sammelt derzeit nicht gerade Sympathiepunkte und ließ Anwender und Entwickler im Ungewissen, wie es in Zukunft genau weitergehen wird. Willkommener Anlass, weiter über den Tellerrand zu schauen, welche Distribution Ubuntu das Wasser reichen könnte. Fedora ist derzeit nicht wirklich zumutbar – schauen wir also weiter, was die Linuxlandschaft noch so bietet. Zum Beispiel Open Suse. Die grüne Distribution ist gerade erst in einer neuen Version, 12.3, erschienen. Ein kleiner Blick darauf, wie sich Open Suse im Vergleich zu Ubuntu schlägt.
Traditionell war Suse einmal eine der einsteigerfreundlichsten Linuxdistributionen – lange Zeit, bevor an Ubuntu überhaupt zu denken war. Wer sich vor 10 Jahren für Linux interessierte, der stolperte fast zwangsläufig über Suse, denn diese Distri hatte neben Mandrake (das spätere Mandriva, jetzt in Mageia weiterlebend) die anwenderfreundlichste Installationsroutine, die zu haben war. Mit YaST hatte Suse ein Alleinstellungsmerkmal, das auch den Durchschnittsnutzer Linux installieren und konfigurieren ließ, trieb fortgeschrittene Anwender jedoch in die Verzweiflung, weil die Automatismen manuell vorgenommene Änderungen teils wieder überschrieben. Schnee von gestern.
Das neue Open Suse mit Standarddesktop KDE
Die YaST-Besonderheit hat sich jedoch bis heute gehalten, das Setup-Tool von Suse durchzieht die komplette Distribution wie ein grüner Faden und ist herausstechendes Merkmal von Suse. Was bei der erstmaligen Installation weiterhin super ist (sich von den Installern der anderen Distributionen aber kaum mehr unterscheidet, die allesamt aufgeholt haben), nervt im laufenden Betrieb bisweilen etwas: ändert man irgendeine Systemeinstellung, dann rattert erst einmal YaST los und schreibt graphisch die Systemdateien neu.
Die neue Suse
Bei der Oberfläche setzt Suse traditionell auf KDE. Für Viele gilt Suse als die KDE-Distribution schlechthin. Auch Gnome wird gleichberechtigt angeboten, KDE ist jedoch vorausgewählt und man wird das Gefühl nie los, dass KDE gemeinhin bei Suse immer ein bisschen runder läuft. XFCE & Co lassen sich selbstverständlich auch immer (nach-)installieren und sind ebenfalls im Suse-typischen Stil vorkonfiguriert.
Das Maskottchen taucht mal wieder prominent im Hintergrundbild auf
Bei der Optik versucht sich Suse 12.3 diesmal am Art-déco-Stil im Zusammenspiel mit dunklen, gedeckten Farben. Das ist mutig, nicht jedermanns Sache, aber sieht sehr edel und schick aus. Bei KDE sind die Farben im Suse-Stil angepasst, ansonsten hat man nicht viel modifiziert, man bekommt Standard-KDE.
Die (Nach-)Installation und Verwaltung von Software funktioniert ähnlich wie mit Synaptic. Wer den aktuellen Debian- und ehemaligen Ubuntu-Standardweg schätzt, wird sich hier gleich wie zu Hause fühlen. Die graphische Paketverwaltung ist nicht so spartanisch wie bei Fedora, sondern funktional und dabei doch übersichtlich wie Synaptic. Auf ein „Software-Center“ verzichtet Open Suse, mit Zypper steht für das Terminal ein Äquivalent zu apt-get bereit.
Paketgruppen sind bei Suse jedoch leicht anders benannt, wo man z.B. bei Ubuntu XFCE mit xfce4-desktop bzw. xubuntu-desktop nachinstallieren kann, muss man bei Open Suse nach patterns-opensuse-xfce Ausschau halten. Ähnlich verhält es sich mit anderen Paketen. Das Einbinden von Drittanbieterquellen gelingt mit Yast ebenso einfach wie mit den Ubuntu-Werkzeugen – oder man klickt einfach im Browser auf einen Installationslink. Als RPM-basierte Distribution hat Open Suse zwar mit Debian-Paketen nichts am Hut, aber die Bedienung ist in etwa dieselbe. Dasselbe in Grün, sozusagen.
Abseits von KDE
Bei der Feinabstimmung patzt Suse dann etwas: Während sich GTK-Anwendungen gut in den KDE-Desktop einpassen, ist das umgekehrt nicht der Fall. Startet man etwa unter XFCE KDE-Anwendungen, dann erscheinen sie zwar nicht im KDE-Oxygen-Stil, allerdings im Clearlooks-Design, das jedoch auch nicht zum voreingestellten Adwaita-Theme in XFCE passt – weder farblich noch gestalterisch. Wer ein einheitliches Erscheinungsbild beider Welten möchte, muss es sich bei Open Suse selbst zurechtbasteln, wenn er nicht mit KDE arbeitet.
Gemischtwarenladen: KDE-Anwendungen bleiben grau
Doch insgesamt ergibt sich das Bild einer runden Angelegenheit ohne Überraschungen, zumindest wenn man den Standarddesktop wählt und die richtige Hardware hat. Open Suse bleibt sich selbst treu und bietet eine gute Lösung sowohl für Einsteiger als auch Fortgeschrittene, die es gerne bequem mögen.
Die „Hipness“ eines Ubuntu erreicht Suse irgendwie nicht, dafür biedert sich die Distribution auch nicht bei Apple an. Schließlich hat das grüne Chamäleon auch seinen eigenen Charme. Eigentlich sind Chamäleons ja für ihre Wandlungsfähigkeit bekannt – doch bei Open Suse ist man vor Überraschungen eher sicher. Der nichtkommerzielle Touch, der nüchterne Stil, der zur freien Software doch irgendwie dazugehört, wird weiterhin gepflegt. Mit Shopping-Linsen, Cloud-Dienste- und Shop-Integrationen oder anderem wird man hier nicht konfrontiert. Fast schon langweilig.