Die nächsten großen Umbrüche bei Firefox kündigen sich an, das bisherige Erweiterungs-Ökosystem steht vor dem Aus – und die Marktanteile sollen schwinden. Könnte das tatsächlich irgendwann das Ende von Firefox sein?
Es geht gerade durch alle IT-Medien: Mozillas Ex-Technikchef Andreas Gal gibt Googles Werbemaßnahmen die Schuld für einen schwindenden Marktanteil des Firefox-Browsers. Das klingt durchaus plausibel, denn Google hat von Anfang an relativ viel Werbung für seinen Chrome-Browser gemacht. Während Firefox vor allem durch Mundpropaganda groß wurde – eine (!) großseitige Anzeige in der FAZ vor Jahren bezahlten die Nutzer, nicht Mozilla – gab es Chrome-Werbung nicht nur bei Google-Suchen, sondern auch im Real Life auf Plakatflächen oder im Fernsehen zu sehen.
Werbung ist nicht alles
Aber so wichtig Werbung auch ist, sie sollte bei der Beurteilung für Chromes Aufstieg nicht überbewertet werden. Denn Chrome überzeugte auch durch das Produkt an sich: der Google-Browser wurde zum technischen Vorreiter, nahm Entwicklungen vorweg, die Firefox teilweise bis jetzt noch nicht wieder aufgeholt hat. Die Trennung von Tabs und Plugins in unterschiedliche Prozesse, die Vereinfachung der Benutzeroberfläche.
Chrome lief Firefox recht schnell den Rang ab als modernster zu habender Browser für unterschiedliche Systeme. Während früher Derivate fast immer auf Mozilla-Technik aufsetzten, ist es heute die Technik hinter dem Google-Browser, die als Grundlage für weitere Browser – wie etwa Opera oder Vivaldi – dient … und damit zumindest die Darstellung des Internets immer homogener werden lässt.
Firefox hingegen hat sich auch danach noch lange Zeit auf seinem Alleinstellungsmerkmal des umfassenden Erweiterungssystems ausgeruht – und traf dann einige strategische Fehlentscheidungen. Statt sich ganz auf sein Aushängeschild Firefox zu konzentrieren, wurden viele Ressourcen in das inzwischen gescheiterte Firefox OS gesteckt. Statt den Browser schneller auf eine technisch neue Grundlage zu stellen, wurden teils merkwürdige Features integriert.
Nicht mehr die Nr. 1
Dass Firefox nicht mehr die Richtung vorgab, war spätestens daran zu merken, als Firefox begann, Chrome zumindest auch optisch zu imitieren. Das Australis-Design brach visuell mit der Firefox-Historie und machte den Open-Source-Browser zwar nicht zum Chrome-Klon, rückte ihn aber deutlich in dessen Nähe. Und auch das Veröffentlichungsmodell mit vielen schnellen und regelmäßigen Neuversionen, die aber meist nichts wesentlich Neues brachten, ließ die Unterschiede zu Chrome weiter abnehmen.
Firefox ist nach dem Ende von Operas „Presto“ faktisch die letzte mit Chrome konkurrierende Browsertechnik, die plattformübergrreifend verfügbar ist. Doch die Notwendigkeit von einst, die die Leute zu Firefox trieb, der technisch schlimme Zustand des Internet Explorer mit seinen vielen Sonderwegen, ist heute nicht mehr das Problem. Chrome ist nicht nur überall präsent, sondern hält sich auch an die Webstandards. Webentwickler haben keinen Anlass, Chrome zu verteufeln. Firefox ist dadurch nur noch ein Konkurrent, kein Heilsbringer mehr, kein David gegen Goliath, der sich anschickt, das Web zu retten.
Die Sympathien liegen im Zweifel immer noch eher beim Mozilla-Browser, der theoretisch unabhängig von Konzerninteressen entsteht und die Nutzerinteressen an erste Stellen rücken kann – doch in der Praxis spielt das letztlich kaum eine Rolle.
Der Fuchs ist noch lange nicht tot
Für Schwarzmalerei ist es aber noch zu früh. Im Vergleich zur einstigen Statistik ist auch bei uns die Entwicklung deutlich abzulesen, Chrome und andere auf Blink-Technik setzende Browser führen auch auf den Knetfeder-Seiten die Statistik an.
Firefox hat Platz 1 an Chrome verloren und folgt nun auf dem 2. Platz vor den Microsoft- und Apple-Browsern. Während vor 5 Jahren noch fast die Hälfte der Nutzer mit Firefox unterwegs waren und vor 3 Jahren immerhin noch ein gutes Drittel den Fuchs nutzte, ist die Zahl der Firefox-Fans nun auf ein Viertel gefallen. Knapp 27 Prozent Firefox stehen knapp 30 Prozent Chrome gegenüber, wenn man die Apple-Browser nicht mitzählt. Zählt man sie mit, dann dominiert die Google/Apple-Technik mit deutlichen runden 50 Prozent.
Das Verhältnis von Firefox zu anderen Browsern hat sich also in den letzten 8 Jahren genau umgekehrt. Ein Anteil von einem knappen Viertel ist andererseits auch alles andere als blamabel, sondern vor allem vor dem Hintergrund, dass Microsoft, Google und Apple in einer ganz anderen Liga mit ganz anderen Möglichkeiten spielen, weiter respektabel.
Ob es für Firefox tatsächlich irgendwann einmal gefährlich wird, das wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob die Nutzer den neuen Firefox annehmen werden – oder noch weniger Gründe für den Firefox-Einsatz sehen, wenn der Mozilla-Browser dann zwar technisch zu Chrome aufschließt, sich dann aber noch weniger von diesem unterscheiden wird.