„Wie bekomme ich die Symbole so hin wie bei Windows 7 oder beim Mac?“ – Diese Frage wird für den Linux-Desktop immer häufiger gestellt. Aus gutem Grund, denn wer diese Bedienansätze von anderen Systemen gewohnt ist, will auch unter Linux darauf nicht verzichten: die Kombination von Lieblings- und laufenden Programmen in nur einem, unbeschrifteten Symbol, das seine Position nie ändert. Das sogenannte Dock-Konzept.
Die meisten Oberflächen für Linux zeigen dieses Verhalten standardmäßig jedoch nicht. Das hat vor allem historische Gründe. Viele der heute verbreiteten Linux-Interfaces haben ihre Wurzeln in der Zeit, als Windows 95/98 gerade der letzte Schrei waren – und nahmen sich dadurch vor allem ein Beispiel an den alten Windows-Versionen. Diese trennten die Schnellstartsymbole von den Indikatoren für gestartete Anwendungen, Taskleisten und Programmstarter lagen nebeneinander. (Die damaligen Macs hatten noch gar kein Panel, dort wechselte man die Fenster über ein Menü – ein Konzept, das ebenfalls in manchen Linuxdesktops weiterlebt.) Das Dock-Konzept, ohne diese Trennung, gab es jedoch auch früher schon, ursprünglich beim Unix-Desktop CDE und bei Nextstep, Letzteres für Linux als Windowmaker verfügbar. Und obwohl Desktops wie KDE oder XFCE ebenfalls Ähnlichkeiten zu CDE aufweisen, wurde die Dock-Idee hier nicht übernommen. Erst Apple hat es mit seinem Mac OS X populär gemacht, Windows zog schließlich mit Windows 7 nach – und über diesen Umweg kommt es nun auch wieder auf das Pinguin-System zurück. Aktuell gilt ein Dock als angesagtes Konzept für Desktop-Kontrollleisten, was sich auch auf dem Linux-Desktop bemerkbar macht. Immer mehr Oberflächen kommen mit einem Dock daher. Nicht ohne Grund ist die erste Frage beim Linux-Desktop-Chooser die nach der gewünschten Panel-Art.
Ein Dock (hier: Docky) mit integrierter Task-Ansicht in Form kleiner Pünktchen unter den Symbolen
Ein klassiches Panel (hier: KDE Plasma) mit getrennten Bereichen für zu startende Programme und laufende Tasks
Doch ist es auch das bessere Konzept zum Verwalten von Fenstern und Programmen? Das kommt darauf an. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile. Beim Dock kann – durch das Nichtunterscheiden zwischen laufenden und nicht laufenden Programmen – immer auf dieselbe Stelle im Panel geklickt werden, um zum jeweiligen Programm zu gelangen. Ob es bereits läuft oder erst noch gestartet werden muss, darum braucht sich der Anwender nicht zu kümmern. Das ist intuitiv und übersichtlich. Die separate Anzeige von laufenden Anwendungen, also eine Taskleiste, spielt wiederum ihre Stärke dann aus, wenn mehrere Fenster ein und derselben Anwendung verfügbar sind. Dann kann ein bestimmtes Fenster direkt angewählt werden, ohne erst im Dock nach dem richtigen gewünschten Fenster suchen zu müssen. Dafür muss eben in der Taskleiste gesucht und ggf. zuerst geprüft werden, ob eine Anwendung bereits läuft, will man nicht aus Versehen eine zweite Instanz eines Programmes starten. Bei der Taskleiste sieht man auf einen Blick, wie viele Fenster vorhanden sind, beim Dock sieht man auf einen Blick, wie viele Programme laufen.
Die Gnome-Shell vereint die Vorteile beider Methoden
Die Gnome-Shell hat die Vorteile beider Konzepte vereint, indem sie ein Dock einfach mit einer Exposé-Ansicht kombiniert, also praktisch beide Arten parallel anbietet. Die Symbole im Dock links verhalten sich wie ein sonst auch übliches Dock – und rechts daneben gibt es eine Übersicht über vorhandene Fenster, auch über die eines identischen Programmes. Doch welcher Desktop bietet nun welche Möglichkeiten? Eine Übersicht:
Linux-Oberflächen mit Dock-Funktionalität
• Gnome-Shell
• Unity
• Pantheon
• Windowmaker
Oberflächen mit Taskleiste und separaten Symbolen
• Cinnamon
• Mate
• XFCE
• LXDE/LXQT
• Enlightenment
• Flashback
• Trinity
• Fluxbox
• IceWM
Oberflächen, die beide Modi beherrschen
• KDE Plasma
(Standardmäßig hat das KDE-Panel eine Taskleiste, es kann in neueren KDE-Versionen jedoch auf Dock-Modus umgeschaltet werden.)
• Gnome Classic
(In der Normalansicht sind Taskleiste und Startsymbole getrennt, das vereinende Dock ist aber im Übersichtsmodus ebenfalls enthalten.)
Der Einzug des Docks auf dem Linuxdesktop ist unübersehbar im Gange. Auch wenn die Zahl der Oberflächen mit getrennten Bereichen für Tasküberwachung und Programmstartern noch überwiegt, ist das verstärkte Aufkommen des vereinenden Ansatzes unübersehbar. Gnome mit der Gnome-Shell und Ubuntu mit Unity waren hier Vorreiter, zuletzt hat KDE mit einer festen Integrierung des entsprechenden Plasmoids nachgezogen, auch wenn diese Ansicht dort kein Standard ist.
Wer auf „seinem“ Lieblingsdesktop ein Dock noch vermisst, kann es darüber hinaus auch einfach zusätzlich installieren. Dazu eignen sich desktopunabhängige Programme wie beispielsweise Docky oder das GLX-Dock (aber Achtung: nicht alles, was wie ein Dock aussieht, bietet auch Dock-Funktionalität; „wbar“ etwa ist ein reiner Programmstarter ohne Task-Anzeige).
Umgekehrt lassen sich natürlich auch in Oberflächen, die eigentlich ein Dock haben, Taskleisten nachrüsten. Entweder man nimmt dazu ein Panel eines anderen Desktops – oder ebenfalls ein unabhängiges Programm. Kandidaten hierfür wären etwa tint2 oder Fbpanel.